Opferverein: Für Missbrauch an der Odenwaldschule waren mindestens 20 Lehrer verantwortlich

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HAMBURG/HEPPENHEIM. Im Anschluss an die Ausstrahlung des Films „Die Auserwählten“ über den Missbrauchskandal an der Odenwaldschule diskutierten Adrian Koerfer, Andreas Zimmer, Tilman Jens und Alice Schwarzer über Missbrauch in Deutschland.

Für den sexuellen Missbrauch an der Odenwaldschule sind nach Ansicht des Vorsitzenden des Opfervereins «Glasbrechen», Adrian Koerfer, nicht nur der frühere Schulleiter Gerold Becker und einige andere Pädophile verantwortlich. «Das waren mindestens 20 Lehrer», sagte Koerfer am Mittwochabend in der Anne-Will-Talkshow in der ARD. Täter seien nicht nur Männer gewesen, sondern auch Lehrerinnen.

Ulrich Tukur spielt die Hauptrolle in dem Drama "Die Auserwählten". Foto: WDR, Katrin Denkewitz
Ulrich Tukur spielt die Hauptrolle in dem Drama „Die Auserwählten“. Foto: WDR, Katrin Denkewitz

Die Talk-Runde «Weggehört und weggeschaut – Warum war Missbrauch über Jahrzehnte möglich?» startete gleich nach dem ARD-Drama «Die Auserwählten». Der Fernsehfilm über die Odenwaldschule schilderte die zwischen den 1960er und 1990er Jahren begangenen Übergriffe von Lehrern auf mindestens 132 Schüler. Der Missbrauch kam erst 2010 richtig an die Öffentlichkeit. Opfer-Vertreter gehen von deutlich mehr Missbrauchten aus. Im Internet gab es etliche Reaktion auf den Film wie auf die Talkshow. (dpa)

Das vollständige Sendungsvideo ist noch für drei Monate in der ARD-Mediathek abrufbar.
zum Bericht: TV-Kritik: “Die Auserwählten” – schwer zu ertragen, unbedingt sehenswert

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4 Kommentare
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mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

Der Vorsitzende des Opfervereins, A. Koerfer, war selbst Opfer von sexuellen Übergriffen. In der Sendung erzählte er, dass er Anfang 2000 seine Tochter auf diese Schule schickte, nachdem er vorher mit ihr über den Missbrauch gesprochen hatte.
Ich verstehe nicht, warum ein Vater, der persönlich Missbrauch an der Schule erfuhr, seine Tocher dieser Schule anvertraut. Interessant, hier wurde in der Talkrunde nicht nachgefragt.

Warum wird die Steuerhinterzieherin Alice Schwarzer überhaupt noch in eine Talk – Show eingeladen? Auch wennn Steuerhinterziehung nicht mit dem vielfachen Missbrauch verglichen werden kann, bleibt diese Tat eine moralische Verfehlung erster Güte.
Zudem spricht sie immer von männlichen Tätern. Dass auch Lehrerinnen daran beteiligt waren, scheint nicht in ihr Frauen – Weltbild zu passen.

Zugegeben, ich sah mir die Sendung nur kurz an. Jetzt kann mich die Leserschaft „teeren und federn“, aber wenn die Anwesenden, hier vor allem der Vorsitzende des Opfervereins, ständig dieses unsägliche Bläh- und Füllwort „sozusagen“ in den Mund nahm, schalte ich mittlerweile konsequent ab.
Viele Formate bleiben da nicht mehr übrig, denn „sozusagen“ scheint inzwischen – auch oder gerade in den Medien – so richtig in Mode gekommen zu sein. Schlimm, wie unsere Sprache immer mehr „auf den Hund kommt“!!

Angelika Oetken
9 Jahre zuvor

„Ich verstehe nicht, warum ein Vater, der persönlich Missbrauch an der Schule erfuhr, seine Tocher dieser Schule anvertraut. Interessant, hier wurde in der Talkrunde nicht nachgefragt.“

@mehrfachnachdenken,

dass Frau Will an dieser Stelle nicht noch weiter nachgehakt hat, ist wirklich schade. Und dass obwohl Herr Koerfer seine damalige Einstellung verdeutlicht hat. Er sah da die Systematik am Missbrauch an der Odenwaldschule noch nicht. Dass er das offen zugibt, finde ich sehr anerkennenswert. Denn dieses Phänomen ist absolut bezeichnend für alle Arten von Tatorten. Täterinnen und Täter hegen und pflegen sie. Was dazu führt, dass ihre Opfer in einen Konflikt geraten. Missbraucher sind eben nach außen hin keine Monster. Nur ihr Seelenleben ist monströs.
Was ich beim Spielfilm und bei der Talkrunde schade fand, ist, dass der Gewinn den die für die Odenwaldschule Verantwortlichen aus dem Missbrauch zogen nur ganz am Rande zur Sprache kam. Er war nämlich vor allem finanzieller Natur. Man hat die SchülerInnen quasi „für ein Linsengericht“ verkauft. Sowas festzustellen schmerzt auch. Und wenn es nicht so tragisch wäre, müssten diese ganzen – ehemaligen – Freunde und Bewunderer, die Becker und von Hentig einmal hatten vor Scham eigentlich in den Boden versinken.

Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

Angelika Oetken
9 Jahre zuvor

Übrigens hat Adrian Koerfer in der Talkrunde nicht von 20 Lehrern sondern von 20 Tätern gesprochen.

Ignaz Wrobel
7 Jahre zuvor

Und warum verjähren pädophile SDtraftaten 10 Jahre nach dem 18. Lebensjahr der Opfer obwohl diese sich jahrelang in Therapien begeben müssen ?
Warum gibt es überhaupt dafür eine Verjährung?