Schulfrieden im Südwesten: Scheitern wahrscheinlicher als Gelingen

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STUTTGART. SPD-Landeschef Nils Schmid hat einen neuen Vorstoß für einen Schulfrieden in Baden-Württemberg unternommen. Schmid unterbreitete den Parteichefs von Grünen, CDU und FDP per Brief ein Gesprächsangebot, bestätigte ein Parteisprecher am Freitag einen Bericht des Südwestrundfunks (SWR). Von CDU-Landeschef Thomas Strobl kam jedoch umgehend eine ablehnende Reaktion. «Nach wie vor bestehen erhebliche Differenzen zwischen der grün-roten Schulpolitik und dem, was wir uns vorstellen», sagte er. Jetzt sei es zunächst Aufgabe der Landesregierung, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen. «Alibi-Gespräche nutzen im Moment niemandem etwas.»

Schmid argumentiert, Eltern, Schüler und Lehrer dürften nicht immer wieder verunsichert werden, wie es in Baden-Württemberg weitergehe. Vielmehr sollten sie auf verlässliche Schulstrukturen vertrauen können, zitiert der SWR aus Schmids Schreiben. Nach Angaben des Sprechers will der SPD-Landeschef Details bei einem Bildungskongress an diesem Samstag in Ludwigsburg erläutern.

Nils Schmid
Nimmt einen zweiten Anlauf zum Schulfrieden, der baden-württembergische SPD-Vorsitzende Nils Schmid. Foto. Dirk Baranek (SPD-BW) / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0)

Schmid nenne vier Ausgangspunkte für die Gespräche über einen Schulfrieden: Die Grundschulempfehlung werde nicht wieder eingeführt und die Gemeinschaftsschule als neue Schulform akzeptiert. Die Realschule bekomme eine Existenz- und Entwicklungsperspektive. Und die Gymnasien behielten ihre starke Stellung im Schulsystem. Als Termin für die Gespräche nannte Schmid den 13. Dezember. Der SPD-Sprecher sagte, die Gespräche werde es auch dann geben, falls nur eine der zwei Oppositionsparteien daran teilnehmen sollte.

Der FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer nahm die Einladung an, betonte aber, Schmids Vorbedingungen nicht zu akzeptieren. «Wir gehen ergebnissoffen und ohne Vorbedingungen in die Gespräche und wünschen dies auch von den anderen Parteien.»

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Grünen-Landeschefin Thekla Walker erklärte: «Wir sind natürlich immer gesprächsbereit.» Aktuell wüssten die Grünen aber gar nicht, mit wem sie in der CDU sprechen sollten: mit Guido Wolf oder Thomas Strobl. Beide bewerben sich um die Spitzenkandidatur ihrer Partei für die Landtagswahl 2016. «Die CDU muss erst einmal mit sich selbst ins Reine kommen», meinte die Grünen-Landeschefin. Die Christdemokraten wollen am 5. Dezember das Ergebnis ihrer Mitgliederbefragung zur Spitzenkandidatur veröffentlichen.

Vor einem Jahr hatte Schmid einen Schulkonsens zwischen Regierung und Opposition angeregt, der damals an den unterschiedlichen Positionen scheiterte. Am Donnerstag hatte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ein großes Konfliktthema zwischen Regierung und Opposition ausgeräumt: Er verkündete, dass die Realschulen 500 Lehrerstellen mehr erhalten als bislang geplant. Damit hat sich Grün-Rot nun deutlich zu dieser Schulart bekannt. Strobl meinte aber, es gehe nicht nur um die Realschule. «Auch die Ungleichbehandlung an den anderen Schularten – wie den Werkrealschulen, den Gymnasien und den Berufsschulen – muss ein Ende haben.» (dpa)

zum Bericht: Gespräche über Schulfrieden in Baden-Württemberg abgeblasen – Schmid gibt CDU die Schuld
zum Bericht: Schulfrieden im Südwesten – CDU hält Gesprächsangebot für parteitaktisches Manöver

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9 Kommentare
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alexander
9 Jahre zuvor

… leider gibt es unter den Politikern jeglicher Couleur zu viele Profilneurotiker, die mit wenig Aufwand viel Wirkung (= Unruhe und Schaden) erzeugen können, als dass jemals in den Schulen die ersehnte und angestrebte Arbeitsruhe einkehren könnte…

Reinhard
9 Jahre zuvor

Ziwischen linken und konservativen Grundideen zur Schulpolitik ist ein Kompromiss schwer vorstellbar. BW wäre eigentlich reich genug, beide Systeme nebeneinander im „friedlichen Wettbewerb“ laufen zu lassen.

alexander
9 Jahre zuvor

… wobei man sich bei manchen Reformen fragt: wem nützt es eigentlich wirklich? Bei der Einführung von G8 in Hessen drängt sich im Nachhinein der Eindruck auf, dass es das Ergebnis guter Lobbyarbeit der Lehrbuchverlage war, die gerne ebenso flächendeckend wie lukrativ mal wieder neue Lehrwerke unters Volk bringen wollten…

drd
9 Jahre zuvor

Wie die Entwicklungsperspektive für die Realschulenm aussieht, hat doch Stoch ganz klar gesagt: Er schenkt ihnen 500 Lehrerstellen (1,25/Schule), erwartet dann zieldifferenten Unterricht für HS und RS. Ich verstehe nach wie vor nicht, wie man ein geisteswissenschaftliches Fach „zieldifferent“ unterrichten soll. Soll ich mit den Guten über Gesellschaftsmodelle diskutieren, und die Schwachen kriegen Bastelbögen? Sollen nur die Guten in Geschichte narrativ Sinn bilden und die Schwachen lernen Jahreszahlen? Dieser Scheiß widerspricht allen Grundlagen der Fachdidaktik fundamental. Am Ende haben sich die Realschulen nicht „weiterentwickelt“, sondern das Niveau wurde endgültig zerstört.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Nur weil Sie nicht wissen wie es geht, heißt das ja nicht, dass es nicht geht.

drd
9 Jahre zuvor

Sagen Sie es mir doch, aber bitte so, dass es dann auch noch Geschichtsunterricht ist, und nicht Vergangenheitskunde.

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Ich kann nur GL.

drd
9 Jahre zuvor

Hat ja eigentlich keinen Sinn hier mit solchen Leuten zu diskutieren. Aber Geschichte ist nun einmal die narrative Konstruktion der Bedeutung von Vergangenheit. Das bedeutet, dass historisches Denken immer bereits in einer Abstrahierung der Sachverhalte geschieht. Geschichte ist kein Objekt, das man sich einfach auf verschiedenen Niveaus aneignen kann. Natürlich verläuft die Sinnbildung immer individuell, aber es lässt sich nicht organisieren als „Niveau“. Sonst müsste man ja in ein und demselben Unterrichtsgespräch immer verschiedene Niveaus bedienen, und das ist absurd, weil es ja um Erkenntnissuche und nicht um Aneignungsorganisation geht. Würden Sie sich in Politik damit zufrieden geben, wenn jemand das Verfassungsschema auswendig lernt?

dickebank
9 Jahre zuvor
Antwortet  drd

Geschichte ist erst einmal Vergangenheit und somit nur noch für Historiker bedeutsam – sie hätten ja sonst nicht zu tun. Zu den historischen Irrtümern zählt eben auch, dass die Vergangenheit für die Zukunft von Bedeutung wäre. Morgen ist die Vergangenheit von Übermorgen. Die Brote von heute sind morgen die Brote von gestern – zum halben Preis.