Bayerischer Elternverband: Ethikunterricht – Werteerziehung zweiter Klasse?

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ROSENHEIM. Angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten für Schulen, konfessionsgebundenen Religionsunterricht anzubieten, steige die Bedeutung des Ethikunterrichts in Bayern. Das schreibt der Bayerische Elternverband e. V. in einer Pressemitteilung und kritisiert, dass das bayerische Kultusministerium diese Entwicklung bisher nicht ausreichend berücksichtige.

Macht Religion glücklich? Nur bedingt. Foto: fauxto_digit / Flickr (CC BY-ND 2.0)
Immer weniger Schüler besuchen laut BEV den konfessionsgebundenen Religionsunterricht. Foto: fauxto_digit / Flickr (CC BY-ND 2.0)

„Ein respektvolles und friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft erfordert allgemein anerkannte Grundsätze des Handelns. Diese Grundsätze sind im Grundgesetz und in der bayerischen Verfassung festgeschrieben. Dennoch bedarf es einer Bildungs- und Erziehungsarbeit, um junge Menschen an ein wertorientiertes Urteilen und Handeln heranzuführen. Diese Arbeit wird von Schule und Elternhaus geleistet“, schreibt der Bayerische Elternverband e. V. (BEV).

In der Schule finde die Werteerziehung vorrangig im Religions- oder Ethikunterricht ihren Platz, denn die Lehrpläne anderer Fächer ermöglichten hierfür kaum den notwendigen Freiraum. Gerade in Ballungsgebieten werde es für Schulen aber immer schwieriger, konfessionsgebundenen Religionsunterricht anzubieten. Die Anzahl der Schüler, die diesen Unterricht besuchen, sei schlicht zu klein, oder es fehle an Religionspädagogen, so der Verein. Immer mehr Familien hätten keine kirchliche Anbindung mehr. Zudem wachse die Zahl der Familien, deren Wurzeln in anderen Kulturkreisen liegen, die andere Wertvorstellungen und eine andere Religion haben. Vor diesem Hintergrund drohe der einst als Alternative zum Religionsunterricht gedachte Ethikunterricht in Ballungsgebieten alternativlos zu werden.

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Der immer größer werdenden Bedeutung des Ethikunterrichts trage das bayerische Kultusministerium bisher nicht Rechnung. Es scheine, als sehe man dort das Fach Ethik wie ein Beschäftigungsprogramm für eine Minderheit von Kindern, die nicht wie ihre Altersgenossen den Religionsunterricht besuchen. „Für das Fach Religion werden professionell ausgebildete Lehrkräfte eingesetzt, das Fach Ethik hingegen wird zu 95 Prozent fachfremd unterrichtet, da adäquate Ausbildungsmöglichkeiten und verbindliche Richtlinien hierfür fehlen. So wundert es nicht, dass auch engagierte Lehrkräfte sich mit dem Ethikunterricht schnell überfordert fühlen und die Qualität des Unterrichts zu wünschen übrig lässt“, so der BEV. Dabei verlange gerade der Ethikunterricht eine fundierte didaktische Ausbildung der Lehrenden, da fachliche Kompetenz und deren Vermittlung hierbei vollkommen unterschiedliche Anforderungen an die Lehrenden stellten.

Der BEV sieht hier dringenden Handlungsbedarf. „Wo soll das hinführen, wenn ein immer größerer Teil der Schülerschaft nur eine zweitklassige Grundlagenausbildung für die Entwicklung moralischen Urteilens und Handelns erfährt? – Es verschärft die Probleme in unserer Gesellschaft und stellt letztlich unsere Demokratiefähigkeit in Frage“, mahnt Martin Löwe, der Landesvorsitzende des BEV. Der Verein fordert deshalb das Fach Ethik in Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte anderen Fächern gleich zu stellen und unterstützt daher die auf dem Ethik-Gipfel in München vorgestellte Ethik-Agenda für eine Professionalisierung der Ethiklehrerausbildung in Bayern. Die Ethik-Agenda ist eine Initiative der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in Kooperation mit anderen bayerischen Universitäten sowie dem bayerischen Landesverband Ethik e.V..

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