Am Ziel: Roboter „HitchBOT“ beendet seine Reise durch Deutschland

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MÜNCHEN. Das blau-gelbe Ding am Straßenrand – kennt inzwischen fast jeder in Deutschland: «hitchBOT», die trampende Tonne. Nach gut einer Woche geht die Reise quer durch Deutschland zu Ende.

Kann ein Roboter reisen? Na klar – kein Problem: Er hält den Daumen raus und lässt sich mitnehmen. «hitchBOT», die ulkige Tonne mit dem Lächeln auf dem Display, ist gut eine Woche durch Deutschland «getrampt». Das 90 Zentimeter große Werk aus Plastikeimer, blauen Schwimmnudeln, gelben Kinder-Gummistiefeln und einem «Hirn» aus einem Tablet-Computer wurde zum Medienstar.

Nettes Kerlchen: HitchBot mit Studenten von der McMaster University. Foto: flickr / Archie (CC BY 2.0)
Nettes Kerlchen: hitchBOT mit Studenten von der McMaster University. Foto: flickr / Archie (CC BY 2.0)

Seine Erfinder, Frauke Zeller von der Ryerson Universität in Toronto und David Harris Smith von der McMaster Universität in Hamilton hatten «hitchBOT» am Freitag, den 13. Februar, in München an einer Tankstelle nahe der Autobahn ausgesetzt. Die Mission: Als Anhalter sollte er durchs Land reisen und markante Ziele erreichen: Schloss Neuschwanstein, den Kölner Karneval, das Brandenburger Tor.

«Nach dem Blitzlichtgewitter und TV-Auftritten der vergangenen Tage bin ich wieder unterwegs, frei wie ein Vogel und so gespannt, wohin meine Reise mich als nächstes führt», hieß es nach der Hauptstadtvisite auf der Facebook-Seite, auf der das Konstrukt als «Person des öffentlichen Lebens» firmiert und die bis Sonntagvormittag gut 63 800 «Gefällt mir»-Klicks verzeichnete.

2014 war das Vorläufermodell 6000 Kilometer durch Kanada getrampt. ProSieben holte einen baugleichen «hitchBOT» II nach Deutschland und verfolgte mit der Sendung «Galileo» bis Sonntagabend seinen Weg. Die knapp acht Kilogramm schwere Maschine, die nur den Arm mit dem Trampdaumen bewegen kann, ist auf Hilfe angewiesen und somit streng genommen kein Roboter, der gewöhnlich Menschen unterstützt.

Die Forscher haben den Spieß bewusst umgedreht: Sie wollten sehen, wie sich Menschen gegenüber Robotern verhalten, wenn sie nicht auf sie angewiesen sind. Denn wenn Roboter stärker im Alltag, vielleicht gar in der Pflege eingesetzt werden sollen, müssen sie Akzeptanz bekommen. Somit ist «hitchBOT», ursprünglich als Kunstprojekt gedacht, vor allem ein sozialwissenschaftliches Experiment.

«Vom reinen Technologieaspekt ist er vollkommen uninteressant», sagte Florian Röhrbein, Informatiker an der TU München, kurz vor «hitchBOTs» Start. «Aber er kann beitragen, Ängste abzubauen. Er ist interessant im Sinne eines soziologischen Experiments für die Roboter-Mensch-Beziehung.» Eine Hauptfrage der kanadischen Forscher: «Wie ist das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine und inwieweit vergessen Menschen, dass sie einen Roboter vor sich haben?»

Ergebnis in Deutschland: Menschen ließen sich mit «hitchBOT» fotografieren, drückten ihm Küsschen auf die «Wange» aus Kuchenhaube und blinkendem Herzchen. Man setzte ihn im Hofbräuhaus vor eine Maß Bier und er «besichtigte» Schloss Neuschwanstein. Ein Besuch im Reichstag scheiterte an den Einlasskontrollen – laut Bundestagsverwaltung lag weder Akkreditierung noch Anmeldung vor.

«Nach der aufregenden Challenge darf „hitchBOT“ erstmal relaxen und sich die schöne Hauptstadt vom Deck eines Sightseeing-Buses anschauen», hieß es darauf im täglichen Bulletin. Ein Brautpaar lädt ihn zur Hochzeit ein. Und das auch noch am Valentinstag. Wäre «hitchBOT» ein Mensch, könnte man auch sagen: Er hat es ganz schön krachen lassen.

Aber er ist kein Mensch. Seine Materialkosten liegen zwischen 1500 und 2000 Dollar. Klar, «hitchBOT» gibt nette Antworten – und stellt lustige Fragen. «Bist du Angela Merkel», fragte er den ersten Autofahrer. Die Dialoge sind programmiert. Künstliche Intelligenz ist ihm nicht gegeben. Zwischendrin blieb ihm die Sprache weg. Drähte hatten sich gelöst, die Tonne schwieg störrisch bis zur Reparatur.

«Im Sinne der Robotik ist „hitchBOT“ gar kein Roboter – es ist eigentlich eher eine Puppe», sagte der Bremer Informatik-Professor Udo Frese vor der Reise. Das Experiment könne aber ein Indikator für die Akzeptanz sein, die Serviceroboter einmal haben werden. Frese sah auch eine Gefahr in der Vermenschlichung der Maschinen: «Was ist das für eine Beziehung, die man dann zu seinem Computer hat. Akzeptiere ich ihn wie einen Toaster – oder als Ersatz eines Lebenspartners? Das ist auf jeden Fall etwas, worüber man nachdenken muss.»

«hitchBOT» wird im Fernsehen gefragt, ob er an das Gute im Menschen glaube. «Eine sehr wichtige Frage. Ich habe in der Tat eine sehr hohe Meinung von den Menschen. Ohne ihre Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit hätte ich in meinem Leben bisher gar nichts erreichen können», sagt er artig auf seiner Internetseite. Sabine Dobel

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