Papst Franziskus irritiert mit Aussage zum Schlagen von Kindern

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ROM. Wollte er provozieren? Oder hat er wieder einfach so drauflos geplappert? Der Papst empört mit einer Aussage über das Schlagen von Kindern. Ein „Prügel-Papst“ ist er deshalb noch lange nicht. Aber der Missbrauchs-Debatte in der katholischen Kirche schadet es.

Sorgt mit Aussagen zur Erziehung für Widerspruch: Papst Franziskus. Foto: presidencia.gov.ar / Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)
Sorgt mit Aussagen zur Erziehung für Widerspruch: Papst Franziskus. Foto: presidencia.gov.ar / Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)

Die Aussage verhallte in Rom zunächst relativ unbemerkt. Bei seiner Generalaudienz sprach Papst Franziskus über die Rolle des Vaters bei der Kindererziehung. Wie wichtig Väter seien, und dass sie präsent, liebend und vergebend sein sollten. Dann kam eine Passage, die später eine Welle der Empörung auslöste. Er habe einen Vater sagen hören, „ich muss meine Kinder manchmal ein bisschen hauen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu erniedrigen“, so Franziskus. „Wie schön“, fuhr der Papst fort. „Er kennt den Sinn der Würde, er muss bestrafen, er macht es aber gerecht und geht dann weiter.“

„Der Papst findet würdevolles Kinder-Schlagen okay“, wird daraus im Netz. „Kinder zu schlagen ohne deren Würde zu verletzen ist OK? Klappt genau so wie baden ohne nass zu werden oder Sonnenaufgang ohne Licht“, schreibt eine Userin auf Twitter. „Reaktionärer Armleuchter“ nennt ein anderer den Papst. Weniger deftig, aber auch kritisch reagiert die katholische Reformbewegung Wir sind Kirche. „Wenn Papst Franziskus hervorhebt, dass der Verzicht darauf, ein Kind ins Gesicht zu schlagen, davon zeuge, dass die Würde des Kindes geachtet würde, dann liegt er vielleicht nicht ganz verkehrt“, sagte Sprecherin Sigrid Grabmeier. „Aber jeder Schlag gegen ein Kind ist einer zu viel und zeugt oft von der Überforderung der Erwachsenen.“

Vatikan-Experten betonen gegenüber der dpa, dass der Papst keineswegs Gewalt gegen Kinder rechtfertige. „Meiner Einschätzung nach ging es hier um die Würde des Kindes, verpackt in eine echte Erzählung. Das ist keine Verteidigung von Gewalt gegen Kinder, sondern die Betonung ihrer Würde“, sagte Bernd Hagenkord, Chefredakteur der deutschen Ausgabe von Radio Vatikan. Und Papst-Biograf Marco Politi erklärte: „Der Papst will nicht sagen: Ab Morgen haut man wieder!“. Vielmehr benutze er gerne eine „volkstümliche“ Sprache, „wie ein Pfarrer vor der Kirche auf dem Vorplatz“, um zum Nachdenken anzuregen.

In der Tat hatte der 78-Jährige seit seinem Amtsantritt vor fast zwei Jahren einige Anekdoten parat. So sprach er vor kurzem über Meinungsfreiheit und Verletzung religiöser Gefühle. Wenn jemand seine Mutter beleidige, würde er seine Faust zu spüren bekommen, sagte der Papst, um zu illustrieren, dass auch Meinungsfreiheit ihre Grenzen habe. Kritik an einem vermeintlich gewaltbereiten Papst folgte. Wenig später kam die Aussage, Katholiken sollten sich nicht „wie Karnickel“ vermehren. Hier verbuchte der Argentinier zwar bei vielen Menschen als Mann der klaren Worte Pluspunkte. Kinderreiche Familien fühlten sich aber angegriffen. „Es scheint, dass der Papst ein bisschen an der Political Correctness rütteln will, um seine Zuhörer zum Nachdenken zu bringen“, sagte Vatikan-Kommentator Politi.

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Mit der jetzigen Aussage hat Franziskus‘ Image als moderner Papst jedoch einen Kratzer bekommen. Das Thema Gewalt gegen Kinder – egal ob es sich nun um einen Klaps handelt oder eine Ohrfeige – ist zu sensibel. Gerade in der katholischen Kirche, die seit Jahren gegen schwerste Missbrauchsvorwürfe zu kämpfen hat – flapsige Bemerkungen bekommen in diesem Kontext schnell einen falschen Zungenschlag. Es geht nicht nur um sexuellen Missbrauch in katholischen Einrichtungen sondern auch um Schläge als gebilligte Erziehungsmaßnahme. Exakt vor einem Jahr hatten UN-Kinderrechtsexperten den zögerlichen Umgang des Vatikans mit den Fällen von Kindermissbrauch scharf kritisiert.

Franziskus hat sich in dieser Sache eine „Null-Toleranz“-Politik auf die Fahnen geschrieben. Erst diese Woche veröffentlichte der Vatikan einen Brief an alle Bischofskonferenzen, Orden und kirchliche Gemeinschaften, in dem er die strikte Umsetzung von Richtlinien gegen sexuellen Missbrauch fordert. „Die Familien sollen wissen, dass die Kirche keine Kräfte schont, um ihre Kinder zu schützen“, so der Papst. Passend dazu tagt seit Freitag im Vatikan eine Kinderschutz-Kommission, die Franziskus ins Leben gerufen hatte.

Die Schlagen-Ja-oder-Nein-Diskussion stellt zwar den Tatendrang des Papstes beim Thema Missbrauch nicht infrage. Sie schadet aber entscheidend in der öffentlichen Wahrnehmung, was das Engagement der Kirche im Kampf gegen Gewalt an Kindern angeht. dpa

Zum Bericht: Papst Franziskus ermuntert Lehrer und Erzieher, neue Wege zu gehen

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Reinhard
9 Jahre zuvor

Weiß jemand, wie Südamerikaner ihre Kinder erziehen
(Obwohl das natürlich irrelevant ist, da ja bekanntlich der deutsche Maßstab maßgebend ist)

Laura
9 Jahre zuvor

Die Ausage des Papstes muss ja mal wieder das geballte Aufjaulen der Kinderfreunde und -versteher zur Folge haben. Ohne Strafe kommt aber Erziehung nicht aus, deshalb sind an die Stelle des verbotenen Klapses, genannt „Prügel“, oft Psychostrafen getreten, die für Kinder oftmals weit unerträglicher sind als das, was der Papst befürwortet.
Leute, seid doch bitte nicht päpstlicher als der Papst, wenn es um Kinder geht! Ich fürchte, mit eurem lebensfremden Trara, macht ihr die Kinder eher unglücklich als glücklich.

xxx
9 Jahre zuvor

Man muss unterscheiden zwischen Schlagen (im Sinne von Klaps) und (wirklichem) Schlagen. Diskussionen und Gutes Zureden bringen — wie wir Lehrkräfte im Unterricht leidlich erfahren — häufig wenig bis nichts. Kinder wollen für ihre Vergehen in der Regel auch bestraft werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich die Prügelstrafe in die Schule zurückhaben möchte !!

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

In meiner Schulzeit war die Prügelstrafe erlaubt. Während auch damals schon viele Lehrkräfte nicht körperlich züchtigten, tobten sich andere in teilweise sadistischer Weise an den Schülern aus. Es regte kaum jemanden auf. Zuhause setzte sich der Leidensweg oft fort. Hörten Eltern von der Prügel, bestraften sie ihr Kind, indem sie es erneut schlugen.
In der Regel wurde mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen oder es setzte Hiebe mit einem Rohrstock auf den Po. Alles spielte ich vor den Augen der anderen Schüler ab. So gesehen wurden die betroffenen Schüler zweimal gedemütigt. Prügelstrafe kam sogar in der weiterführenden Schulen vor.

Vor dem Hintergrund des persönlich Erlebten bin ich so froh, dass diese unmenschliche Zeit längst der Vergangenheit angehört.

Ich bin mir sicher, dass der Papst diese Prügelexzesse ebenfalls verabscheut. Sicher meint er einen kleinen Klaps mit der Hand ohne Schmerzen.

Ich möchte differenzieren. Ist ein so beschriebener Klaps als eindeutige Strafe gemeint, lehne ich das ebenfalls ab.
Es gibt jedoch so etwas wie einen „freundschaftlichen oder „aufmunternden Klaps“, über den ein Kind auch noch lachen kann. Das ist für mich akzeptabel.

Im Sport sehen wir diese Form übrigens ganz häufig. Wird z.B. ein Fußballspieler ausgewechselt, läuft er i.d.R. am Trainer vorbei, der im dabei noch einen Klaps mitgibt.

Stefan Schnepf
9 Jahre zuvor
Antwortet  mehrnachdenken

Kann man ein Kind mit Würde schlagen? war die Schlag-Zeile in der Bild.
Meine Antwort: Nein!!!! Das Kind ist schwächer als der Erwachsene, das ist unehrenhaft und feige hat äußerst wenig, ich trau mich nicht zu sagen überhaupt nichts mit Würde zu tun!
Nein, wenn ich schlage, schlage ich mit der Hand oder dem Stock.
Nein, wenn ich schlage, schlage ich nicht aus Würde sondern um des EigenNutzes willen oder aus der Angst heraus.
Apropo Würde:
mich würde eher fogendes interessieren.
Besitzt Papst Franziskus die Größe einen Gottesdienst völlig nackt würdevoll zu leiten?
Was meint Ihr dazu?

sofawolf
9 Jahre zuvor

@ xxx, ich würde nicht sagen, dass Kinder eine Bestrafung WOLLEN; ich würde eher sagen, sie akzeptieren eine Bestrafung und vor allem dann, wenn es gerecht zugeht, also andere für das gleiche Vergehen auf die gleiche Art und Weise bestraft werden. Es gibt auch moderne Erziehungstheorien, die Bestrafen als Konsequenz für richtig und notwendig halten. Allerdings meinen die damit nicht schlagen !

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

danke für die Präzisierung dessen, was ich mjt meinem Kommentar zum Ausdruck bringen wollte. 😉

sofawolf
9 Jahre zuvor

Papst Franziskus hat meine uneingeschränkte Sympathie. Ich finde es furchtbar, was aus seiner Bemerkung in den Medien gemacht.

Reinhard
9 Jahre zuvor

Wie schon oft fragen die Berichterstatter nicht nach dem Zusammenhang und der Intention des Sprechers, sondern picken sich den einen skandalträchtigen Satz heraus, der eine gute Schlagzeile abgibt. Ob so in Dresden das unselige Wort von der „Lügenpresse“ aufgekommen ist??

Bernd
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

Wenn ich mir den Beitrag oben durchlese, dann bietet er doch eine überaus sachliche und gute Einordnung – und pickt eben nicht „nur einen skandalträchtigen Satz heraus, der eine gute Schlagzeile abgibt“. Kommt das unselige Wort von der „Lügenpresse“ vielleicht auch daher, dass Menschen – wie Sie offenbar Reinhard – Pressebeiträge kommentieren, ohne sie zu lesen? Oder dass sie überhaupt nur noch wahrnehmen, was gerade ins Weltbild passt? Wer sich informieren will, kann das heute doch so umfassend tun, wie noch nie. „Die“ Medien, was ist denn das? Ist News4teachers dasselbe wie die „Bild“? Oder die „Zeit“ das gleiche wie RTL? Doch wohl kaum.

Laura
9 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

„Wer sich informieren will, kann das heute doch so umfassend tun, wie noch nie“, sagen Sie. Dann tun Sie es doch endlich, anstatt dies anderen zu raten.
Für mich ist fast keiner hier immer wieder auf einem so einseitigen und nicht „umfassenden“ Trip wie Sie.