Schulschwänzer: Erlass für mehr pädagogische Maßnahmen statt Jugendarrest

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MAGDEBURG. Bisher mussten Schulen unentschuldigtes Fehlen von Schülern melden und der Weg des Ordnungswidrigkeitsverfahrens ging seinen Lauf. Künftig soll zum Beispiel zunächst die Jugendhilfe oder der schulpsychologische Dienst eingeschaltet werden.

Mit einem neuen Erlass an alle Schulen in Sachsen-Anhalt will das Kultusministerium die bislang hohe Zahl von Arreststrafen für Schulschwänzer deutlich reduzieren. Damit werde ein Perspektivwechsel eingeleitet, sagte der Sprecher des Ministeriums, Martin Hanusch.

Zelle (in der JVA Wuppertal-Ronsdorf)
Oft stecken ernsthafte Probleme hinter Schulschwänzen. Der Sinn von Strafmaßnahmen ist da fraglich. Foto: Morty / Wikimedia Commons (CC-BY-3.0)

Die Verletzung der gesetzlichen Schulpflicht bleibt demnach zwar eine Ordnungswidrigkeit. Allerdings sollen künftig zunächst alle pädagogischen Möglichkeiten ausgenutzt werden, bevor ein Verfahren eingeleitet wird. «Der Erlass ist Teil einer Gesamtstrategie, Schulverweigerung zu vermeiden, bevor sie entsteht», sagte Hanusch.

Bisher waren die Schulen verpflichtet, unentschuldigtes Fehlen der Schüler zu melden, wenn nicht innerhalb einer Frist ein Gespräch mit den Sorgeberechtigten zustande kam. Künftig soll zum Beispiel zunächst die Jugendhilfe oder der schulpsychologische Dienst eingeschaltet werden, ehe eine Verletzung der Schulpflicht gemeldet werden muss.

«Mit diesem Perspektivwechsel ist beabsichtigt, gezielt gegen Schulverweigerung anzugehen und Ordnungswidrigkeitsverfahren, die mit einem Arrest enden können, weitestgehend auszuschließen», sagte Hanusch.

Vor einem Jahr hatten Kultus- und Justizministerium ein Moratorium angekündigt, wonach der Arrest für zwei Jahre ausgesetzt werden sollte. Dies war aber von den Schuldirektoren abgelehnt worden.

Justizministerin Angela Kolb (SPD) hatte jüngst betont, dass grundsätzlich unstrittig sei, dass der Jugendarrest bei den Schulschwänzern keine positive Entwicklung bewirke. Die Umsetzung habe aber etwas länger gedauert.

In den vergangenen Jahren waren in Sachsen-Anhalt Hunderte Jugendliche wegen häufigen Fehlens in der Schule für mehrere Tage in den Jugendarrest gekommen. Allein 2013 wurden laut einer Statistik des Justizministeriums 651 Schüler zu einer Strafe vorgeladen, in 115 Fällen wurde der Arrest auch angetreten.

Rechtlich gesehen ist Schulschwänzen eine Ordnungswidrigkeit. Wer dann die Strafe nicht zahlt und auch keine soziale Arbeit ableistet, kann hinter Gittern landen. Auf Kritik war auch gestoßen, dass die Verfahren sich teils über Jahre hinzogen. (Von Rochus Görgen, dpa)

zum Bericht: Sachsen-Anhalt verhängte 2012 mindestens 337 mal Jugendarrest für Schulschwänzen – Sinn fraglich

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