„An unserer Schule wird nichts mehr so sein, wie es vorher war“: Eine Stadt trauert

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HALTERN. Nichts ist mehr wie es war im westfälischen Haltern: Am Tag nach dem Flugzeugabsturz in Frankreich trauert die Stadt um Schüler und Lehrer eines Spanischkurses, der an Bord der Maschine war. In der Aula der betroffenen Schule versammelten sich Schüler und Lehrer. NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann besuchte das Gymnasium – und rang um Fassung.

Die Menschen in Haltern versuchen ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Sceenshot von der Facebook-Seite "We love Haltern".
Die Menschen in Haltern versuchen ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Sceenshot von der Facebook-Seite „We love Haltern“.

Der Tod von 18 Schülern und Lehrerinnen bei dem Absturz einer Germanwings-Maschine in Frankreich hinterlässt die Stadt Haltern fassungslos. «An unserer Schule wird nichts mehr so sein, wie es vorher war», sagte Ulrich Wessel, der Leiter des Joseph-König-Gymnasiums. Schüler, Eltern und Lehrer kamen am Mittwoch zusammen, sie stellten vor der Schule Kerzen auf, legten Blumen nieder und versuchten, sich gegenseitig Trost zu spenden.

Vor dem Schulgebäude erinnert mittlerweile ein Lichtermeer an die 16 Schüler und zwei Lehrerinnen, die bei dem Umglück ums Leben kamen. Die verunglückten Schüler hatten mit ihren beiden Lehrerinnen nach einem Spanien-Austausch wieder in die Heimat zurückkehren wollen. «Das ist eine Tragödie, die macht einen sprachlos. Wir müssen lernen damit umzugehen», sagte Schulleiter Wessel. Er berichtete von schluchzenden Mitschülern und einem tief betroffenen Lehrerkollegium. Die beiden Lehrerinnen seien junge, fröhliche Frauen gewesen. Eine wollte noch in diesem Jahr heiraten, ihre Kollegin hatte im Oktober geheiratet. Der Ehemann der Lehrerin war einem Bericht der „Rheinischen Post“ zufolge auch in der Schule. Er traf mit Schulministerin Sylvia Löhrmann bei einer Trauerbegegnung zusammen.

Löhrmann sprach darüber hinaus mit Schülern und Lehrern. „Den Schmerz eines verlorenen engen Familienmitglieds oder Freundes oder Freundin, den kann niemand, keine Macht der Welt, den Menschen nehmen, wir können ihn nur teilen. Und aus dem gemeinsamen Teilen kann ein wenig Trost erwachsen“, sagte Löhrmann anschließend sichtlich berührt. Sie kündigte an, dass Schüler und Lehrer der Schule auch in den kommenden Tagen nach Stundenplan zusammenkommen würden. Dann sei es den Klassen aber freigestellt, den Umgang mit der Trauer zu gestalten. „Ich habe ihnen gesagt: Wenn jemand weint, weint er. Wenn jemand still ist, ist er still. Jeder verarbeitet Trauer anders“, meinte die Ministerin mit Tränen in den Augen. Nach ihren Angaben sind an der Schule 50 Seelsorger im Einsatz. Löhrmann dankte ausdrücklich den Notfall-Teams, Psychologen und Seelsorgern für ihre Arbeit.

In ganz Haltern ist der Schock über das Unglück zu spüren. «Es ist eine große Traurigkeit in der Stadt, die Schüler sind sehr betroffen und schweigsam», sagt Polizeisprecherin Ramona Hörst. Viele Menschen haben eines der Opfer oder einen der Hinterbliebenen gekannt.

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Auch Christoph Metzelder, Ex-Fußball-Nationalspieler und heute Jugendtrainer in Haltern, zeigte sich entsetzt. „Ich bin noch immer fassungslos. Ich bin in Haltern am See aufgewachsen und auf das Joseph-König-Gymnasium gegangen. Ich lebe hier. In so einer kleinen Stadt gibt es für jeden Einwohner irgendwelche Querverbindungen zu einem der Opfer. Daraus entsteht eine Nähe. Da trifft dich eine so schreckliche Tragödie anders als eine Tragödie, die anderswo passiert“, sagte er in einem Interview mit der „Welt“. Metzelder: „Ob an der Schule, auf dem Marktplatz oder in der St. Sixtus-Kirche. Es herrschen große Betroffenheit, Anteilnahme und Solidarität. Es spricht für die Stadt, dass die Menschen in diesen schweren Stunden so eng zusammenrücken.“

Als Zeichen der Anteilnahme wehten im ganzen Land die Fahnen auf Halbmast. An diesem Donnerstag soll in ganz NRW das Leben für eine Minute still stehen. An der Unglücksstelle in Frankreich setzten die Bergungsmannschaften ihre Arbeit fort. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) machte sich zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Weg dorthin.

Der Airbus A320 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf mit 150 Menschen an Bord in der schwer zugänglichen Bergregion abgestürzt. Es handelt sich um eine der schwersten Katastrophen in der deutschen Luftfahrtgeschichte. News4teachers / mit Material der dpa

Zum Beitrag: Tod und Trauer im Unterricht

Zum Bericht: Schülergruppe und ihre Lehrerinnen unter den Absturz-Opfern

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