GEW sieht Berliner CDU auf dem Weg zurück in die Vergangenheit

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BERLIN. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Berlin zweifelt in einer Pressemitteilung an den Aussagen der Landes-CDU, dass sie am Schulfrieden festhalten wolle. Die Gewerkschaft verweist auf die bildungspolitischen Beschlüsse und Beschlussvorlagen zum kleinen Parteitag am 10. März 2015. Wenige der jetzt eingeschlagenen Wege würden in den Vorschlägen der CDU weiterverfolgt, viele über Bord geworfen.

Henri - das hat der Junge jetzt amtlich - darf nicht aufs Gymnasium. Foto: Sigrid Rossmann / pixelio.de
Die CDU setze GEW-Angaben zufolge auf Leistung: Schüler sollten nach der Grundschule in verschiedene Bildungsgänge einsortiert werden. Foto: Sigrid Rossmann / pixelio.de

Die CDU setze beispielsweise voll und ganz auf Leistung, der inklusive Anspruch an Schule sei nicht erkennbar. Je nach Fähigkeiten und Neigungen sollten Schüler nach der Grundschule in verschiedene Bildungsgänge einsortiert werden. Zu diesem Zweck wolle die CDU neue differenzierte Bildungsangebote konzipieren. Für Durchlässigkeit sollten Schulkooperationen sorgen, die jedoch nicht konkret beschrieben würden. Erwartungsgemäß wolle die CDU die Gymnasien stärken. Die Grundständigkeit der Gymnasien solle ausgebaut werden und somit für mehr Schüler der Weg zum Gymnasium ab Klasse 5 geebnet werden. Der mittlere Schulabschluss solle an Gymnasien nicht mehr durchgeführt werden. „Die Gemeinschaftsschulen, an welchen die Entkopplung von Herkunft und Bildungserfolg erwiesenermaßen gelingt, will die CDU nur als Modellversuch aufrechterhalten“, schreibt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die positiven Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitstudie erkenne sie nicht in Gänze an. Mit ihren Positionen falle die CDU deutlich hinter die bildungspolitischen Errungenschaften der vergangenen Jahre zurück. Insgesamt deute sich in den Ausführungen der CDU eine neue Form der Mehrgliedrigkeit an.

Neben den strukturellen Änderungen sei ein sanktionsorientierter Umgang mit Schülern, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, zu konstatieren. Die Einschulung solle erst bei Vorliegen ausreichender Sprachkenntnisse möglich sein, welches mit dem inklusiven Ansatz der Schulanfangsphase und dem Recht auf Schulbesuch keineswegs im Einklang stehe. Auch mit dem Vorstoß, die Verpflichtung zum Gebrauch der deutschen Sprache ins Schulgesetz aufzunehmen, begebe sich die CDU in Widerspruch zu bildungspolitischen Vorgaben, wie dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2013 zur interkulturellen Bildung und Erziehung. In diesem Beschluss spreche sich die KMK dezidiert dafür aus, die Mehrsprachigkeit von Kindern in der Schule als Potenzial anzuerkennen und zu fördern.

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„Die GEW steht für die Weiterentwicklung des eingeschlagenen Reformweges und für Bildung von Anfang an“, so Sigrid Baumgardt, Berliner Gewerkschaftsvorsitzende. Sie setze dabei auf Würdigung der Vielfalt und nicht allein auf Dimensionen wie Leistung und geordnetes Arbeitsverhalten. Dazu zähle das klare Votum, dass Kitas Bildungseinrichtungen sind, die mit anderen Konzepten und Methoden das Lernen und die Kompetenzentwicklung anregen und befördern. „Damit Eltern ihre Kinder gern und freiwillig frühzeitig in die Kitas bringen, brauchen wir ausreichend Plätze mit glaubwürdiger Qualität. Der erzwungene Besuch nach viel zu frühen Sprachtests ist ganz sicher nicht das richtige Mittel. Insgesamt hilft Kindern und Eltern frühes Aussortieren nicht. Sie werden dadurch verunsichert und keineswegs gestärkt. Sie brauchen das Gefühl von Entwicklungsmöglichkeiten und nicht den ängstlichen Blick, die Chancen ihrer Kinder schon frühzeitig zu verspielen.“

Es sei klar erkennbar, dass die CDU immer noch der Auffassung sei, dass in leistungshomogeneren Lerngruppen besser gelernt werden könne. „Viele Studien und Untersuchungen haben mittlerweile das Gegenteil bewiesen. Ein erneutes Eintreten für die Selektion verhindert das Voranbringen der inklusiven Schule und steht somit im Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention. Es wird deutlich, dass die Vorschläge der CDU wohl kaum dem Erhalt des Schulfriedens dienen. Sie machen eher klar, dass Bildungspolitik eines der großen Konfliktfelder in der Koalition ist.“

Zum Beitrag: Wahl 2016: Berliner CDU geht in Sachen Bildungspolitik auf Konfrontation zur SPD

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3 Kommentare
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Reinhard
9 Jahre zuvor

Was sagen eigentlich die innerdeutschen Vergleichsstudien zum Erfolg der Berliner Schulpolitik, welche die GEW hier verteidigt?

Milch der frommen Denkungsart
9 Jahre zuvor
Antwortet  Reinhard

N.B.: Was anderes als Leistung sollte in einer Schule denn erste Priorität genießen – etwa die Stuhlkreiskompetenz ?

Im übrigen ist bereits die Wortwahl entlarvend:
die Orientierung auf Fleiß und Elan als „Selektion“ zu brandmarken – ein historisch vergifteter Terminus, der bewusst die Rampe von Auschwitz evoziert -, ist ebenso perfide wie geschmacklos !

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

Es sei klar erkennbar, dass die CDU immer noch der Auffassung sei, dass in leistungshomogeneren Lerngruppen besser gelernt werden könne.
„Viele Studien und Untersuchungen haben mittlerweile das Gegenteil bewiesen.“

Ja, gibt es Studien, mit denen bewiesen wird, dass in heterogenen Gruppen besser gelernt wird als in homogenen?
Sollte es sie geben, müsste m.E. genau hingesehen, wer für sie verantwortlich zeichnet. Sollte es die Bertelsmann – Stiftung sein, erhebe ich vorsichtshalber gleich Einspruch, lach.