Wahlkampfmunition Schülerkosten – Minister Stoch und CDU im Südwesten im Dauerclinch

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WIESBADEN/STUTTGART. Benachteiligung von Haupt-, Realschülern und Gymnasiasten ist ein schwerer Vorwurf gegen einen Kultusminister. Anhand von Schülerkosten versucht die CDU Privilegien für die Gemeinschaftsschule nachzuweisen. Das Ministerium nennt das unverantwortlich.

Stoch
Der Wahlkampf hat für Minister Stoch offenbar schon begonnen. (Foto: PR)

Opposition und Landesregierung im Südwesten streiten sich spätestens seit der Einführung der Gemeinschaftsschule über die Kosten eines Schülers. Ein Jahr vor der Landtagswahl 2016 verschärft die CDU-Landtagsfraktion ihren Feldzug gegen die Gemeinschaftsschule und unterstreicht bei jeder Gelegenheit ihre vermeintliche Bevorzugung. Das Ministerium von Ressortchef Andreas Stoch (SPD) hält mit eigenen Berechnungen dagegen und spricht von bewusster Täuschung der Öffentlichkeit durch die CDU. Am Donnerstag hat auch das Statistische Bundesamt einen Beitrag zur kontroversen Debatte geliefert.

Nach Angaben der Behörde gibt der Staat für die Ausbildung eines Schülers in Baden-Württemberg im Schnitt rund 6300 Euro im Jahr aus. Damit lag die Summe für 2012 rund 100 Euro höher als im Jahr zuvor. Während die Kosten für Grundschüler bei 5000 Euro und für Gymnasiasten bei 7200 Euro liegen, gibt der Staat im Jahr rund 7900 Euro für einen Hauptschüler aus. Die Gemeinschaftsschulen sind noch nicht erfasst. In den Zahlen sind auch Verwaltungskosten und Investitionen enthalten.

CDU und Kultusministerium kommen in ihrer Zahlenschlacht, über die auch die «Schwäbische Zeitung» berichtete, wiederum auf andere Zahlen. Der Bildungsexperte der CDU-Fraktion, Georg Wacker, hatte jüngst an Gemeinderäte, Kreisgeschäftsführer und Vorsitzende der Vereinigungen seiner Partei per Brief Munition «für die bildungspolitischen Gespräche vor Ort» geliefert.

Im Fokus stehen die Ausgaben für die Gemeinschaftsschule, das bildungspolitische Leuchtturmprojekt von Grün-Rot. Diese beziffert Wacker für das Kalenderjahr 2015 auf 8175 Euro, davon 7043 Euro Personal- und 1176 Euro Sachkosten. Das ist nach seiner Darstellung das 2,5 fache der Kosten eines Realschülers. Die Hauptschüler und Gymnasiasten gibt er jeweils mit knapp 4200 Euro an – also mit weit weniger als die Statistiker.

Basis der Berechnungen sind nach Angaben Wackers der Doppelhaushalt 2015/16 und darin die Angaben für jede Schulart. Er habe die Personalkasten durch die Anzahl der Schüler geteilt. Als Sachkosten habe er die Ausgaben 2014 angesetzt. Als Vorteile für die Gemeinschaftsschule im Vergleich zu anderen Schularten nannte er unter anderem einen kleineren Klassenteiler, ein Vielfaches an Poolstunden und mehr reguläre Unterrichtsstunden als im Gymnasium. «Dem Kultusminister laufen die Kosten für die Gemeinschaftsschule völlig aus dem Ruder», resümiert Wacker.

Das Schreiben an die Parteifreunde Wackers bringt das Ministerium auf die Palme. Das Ressort habe in diversen Stellungnahmen und auch in einer Drucksache vom Februar dieses Jahres dargelegt, dass derartige Aussagen nicht der Realität entsprächen. Der Christdemokrat mache zwei Grundfehler: Er ignoriere, dass beim schrittweisen Ausbau der Gemeinschaftsschulen in den letzten vier Monaten eines Jahres etliche Schulen und Schüler hinzukommen. Das führe zu Verzerrungen von bis zu 20 Prozent. Überdies berücksichtige Wacker nicht, dass das Ministerium die Lehrer an Gemeinschaftsschulen ausschließlich diesen zurechne, obwohl die Pädagogen zugleich für die Grund-, Werkreal-, Realschule arbeiteten, aus der die Gemeinschaftsschule hervorgeht.

Das wiederum bezweifelt Wacker: «Ich gehe davon aus, dass der Minister diese Effekte bereits berücksichtigt hat, sonst wären seine Angaben im Haushalt nicht wahr.»

Die Personalkosten je Schüler im Schuljahr 2013/14 betrugen laut Ministerium bei den Realschulen 3930 Euro, den Gymnasien 5400 Euro, den Werkrealschulen 5780 Euro und den Gemeinschaftsschulen 5830 Euro. Damit ergibt sich zwischen den Angaben des Ministeriums und der CDU bei den Personalkosten für einen Gemeinschaftsschüler eine Differenz von 1200 Euro.

Kultusminister Stoch ging scharf mit Wacker ins Gericht. Er scheide als ernstzunehmender Gesprächspartner derzeit aus. «Wenn diese Art der unsachlichen Auseinandersetzung der Stil des kommenden Wahlkampfs sein wird, dann steht dem Land Schlimmes bevor.» Julia Giertz

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