Parteien im Norden streiten um Noten

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KIEL. Schlechte Nachrichten für Bildungsministerin Britta Ernst (SPD): Die Oppositionsparteien haben sich mit der Volksinitiative „Finger weg von meinen Noten“  zusammengeschlossen, die in den Grundschulen des Landes Schleswig-Holstein wieder generell Noten einführen will.

Seit Anfang des Schuljahres 2014/2015 sollen Grundschulen in Schleswig-Holstein Berichtszeugnisse erteilen, sie dürfen sich aber ebenfalls für Ziffernnoten entscheiden. Die Opposition im Landtag, bestehend aus CDU und FDP sieht damit das Leistungsprinzip gefährdet. Zusammen mit der Volksinitiative „Finger weg von meinen Noten“ sammeln sie jetzt Unterschriften, um die Verordnung zu kippen.
Damit sich der Landtag mit dem Anliegen der Volksinitiative befassen muss, sind 20.000 Unterschriften nötig, die bis Ende des Jahres zusammenkommen müssen. Laut „Hamburger Abendblatt“ zeigt sich die FDP zuversichtlich, das schon bis zum August zu schaffen. Die Schüler brauchten Noten, um ihren Leistungsstand zu kennen und um sich selbst einzuschätzen. Ein reines Berichtszeugnis helfe den Schülerinnen und Schüler nicht dabei, ihre Kenntnisse und Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen, sagte ein FDP-Sprecher der Zeitung.
Die Verordnung ist in der schulischen Praxis bisher nicht sonderlich erfolgreich. Wie eine Umfrage des Bildungsministeriums zum Jahresende 2014 ergab, werden die meisten Grundschulen in Schleswig-Holstein auch in Zukunft Noten geben. Nur 65 der landesweit 482 Grundschulen kündigten an, auf Berichtszeugnisse umzusteigen. 417 Grundschulen – das sind 86,5 Prozent – hätten beschlossen, in Klasse vier und teils auch in Klasse drei weiterhin Noten zu geben.

"Abschaffung war ein Fehler": Britta Ernst. Foto: SPD Schleswig-Holstein / flickr (CC BY 2.0)
Britta Ernst kann die Aufregung um die Noten nicht verstehen. Foto: SPD Schleswig-Holstein / flickr (CC BY 2.0)

Bildungsministerin Britta Ernst sagte dazu im Landtag: “Die Grundschulen haben von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Über die Form der Leistungsbewertung von Schülerleistungen ist vor Ort entschieden worden. Dieses Verfahren hat sich bewährt.“ Das Bildungsministerium sei jetzt vom Landtag aufgefordert worden, das Kompetenzraster der Entwicklungsberichte zu überprüfen und zu verbessern sowie standardisierte Raster für alle Jahrgänge vorzulegen. Die Vorlage des Entwicklungsberichts werde derzeit evaluiert, unter anderem gehe es darum, ob die Kriterien klar genug definiert sind. „Wir werden uns die Ergebnisse dieser Überprüfung genau ansehen und auf der Basis dieser Ergebnisse auch eine standardisierte Leistungsbewertung für die Jahrgänge eins bis vier entwickeln“, sagte Ernst weiter und sie versicherte: „Wenn sich herausstellen sollte, dass es Nachbesserungsbedarf bei den Entwicklungsberichten gibt, werden wir entsprechend handeln.“

Auch für viele Grundschule ist das Thema noch nicht abgeschlossen. Die Grundschule in Jübek hat sich beispielsweise zwar bisher für die Beibehaltung von Ziffernnoten entschieden. Notenzeugnisse seien nicht undifferenziert und man stünde darüber hinaus jederzeit für Gespräche bereit, sagte die Rektorin den „Schleswiger Nachrichten“. Hauptgrund für die Beibehaltung der Noten seien aber die bisher fehlenden Grundlagen aus dem Ministerium. Wenn erst einmal feststehe, wie Zeugnisse ohne Noten aussehen sollen, würde man wieder darüber diskutieren. Bis dahin halte man an der erprobten Praxis fest. nin

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xxx
8 Jahre zuvor

was ist eigentlich der Unterschied zwischen standardisierten berichten und ziffernnoten? abgesehen vom zusätzlichen schreib- und erkläraufwand („welche note ist das?“) sehe ich keinen ..

Küstenfuchs
8 Jahre zuvor

Mein Bruder wohnt in S-H. und ist promovierter Mathematiker, insgesammt ein richtig schlauer Mensch (ja, ich muss es zugeben, schlauer als ich). Es bereitet ihm aber Schwierigkigkeiten, das Leistungsbild seiner Tochter an Hand der ganzen Kreuze einzuordnen. Wenn da stehen würde: „Deutsch 2, Mathematik 1, HWuS 3“ usw., dann hat er da eine klare Vorstellung.

Wenn er als schlauer Mensch das schon nicht ohne Nachfrage kapiert (weil nicht klar ist, wann ein Kreuz ganz links, wann in der 2. Kategorie usw. gesetzt wird), wie soll das dann ein Elternteil der „bildungsfernen Schicht“ kapieren?

Die Berichte bzw. Kreuze sind eben nicht standardisiert, Noten aber (besonders in den Köpfen der Eltern) schon.

Ursula Prasuhn
8 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Mich beschleicht das Gefühl, dass Berichtszeugnisse gar nicht so genau verstanden werden sollen und primär der Abschaffung jeglicher Leistungsbewertung dienen. Das käme auch dem politischen Willen zur gänzlichen Auflösung unseres gegliederten Schulsystems mit seinen unterschiedlichen Standards entgegen. Bewertung erübrigt sich, wenn Schülergruppen so heterogen geworden sind, dass es keinen gemeinsamen Maßstab für die Leistungsbeurteilung mehr geben kann.