Studie soll tatsächliche Arbeitszeit von Lehrern ermitteln

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HANNOVER. Wogegen Arbeitgeberverbände im Zuge des Mindestlohns Sturm laufen tun mehrere tausend niedersächsische Lehrer freiwillig. Ein Jahr lang werden sie für eine Studie ihre Arbeitszeiten minutiös dokumentieren. Am Montag geht es los. Das Kultusministerium betrachtet die Untersuchung als wenig zielführend.

Tausende Lehrer werden nach den Osterferien für ein Jahr ihre Arbeitszeit minutiös dokumentieren. Im Rahmen einer Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) soll damit ab Montag die tatsächliche Belastung der Lehrkräfte erfasst werden. An der landesweiten Untersuchung beteiligen sich mehrere tausend Pädagogen an 262 Schulen aller Schulformen, wie die GEW am Freitag mitteilte. Die Studie wird von der Universität Göttingen durchgeführt und endet mit den Osterferien im kommenden Jahr. Zu den Sommerferien sollen dann die Ergebnisse vorgestellt werden. Das Kultusministerium sieht eine derartige Erfassung als wenig zielführend an.

Für die meisten Kollegen geht es nach dem Unterricht am heimischen Schreibtisch weiter. Foto: Nico Kaiser / flickr (CC BY-SA 2.0)
Für die meisten Kollegen geht es nach dem Unterricht am heimischen Schreibtisch weiter. Foto: Nico Kaiser / flickr (CC BY-SA 2.0)

Ausgangspunkt für die Studie der GEW ist die Entscheidung der rot-grünen Landesregierung, die Altersermäßigung von einer Unterrichtsstunde für Lehrer über 55 Jahre zurückzunehmen und gleichzeitig die Unterrichtsverpflichtung an Gymnasien um eine Stunde zu erhöhen. Gegen die Mehrarbeit hatten die Lehrer demonstriert und den Boykott von Klassenfahrten beschlossen.

«Egal, wohin man schaut, neue Aufgaben wie die flächendeckende Umsetzung der Inklusion können Lehrer nicht einfach so zusätzlich erledigen», sagte die stellvertretende Landesvorsitzende der GEW, Laura Pooth.

«Wir werden die Ergebnisse abwarten und zur Kenntnis nehmen», sagte eine Sprecherin der Kultusministeriums als Reaktion. Es sei selbstverständlich das gute Recht der Gewerkschaft, eine solche Umfrage durchzuführen. (dpa)

zum Bericht: Erhöhung der Arbeitszeit: Philologenverband zieht vor Gericht

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5 Kommentare
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GriasDi
9 Jahre zuvor

Natürlich betrachtet das Kultusministerium eine solche Erfassung als wenig zielführend. So erfährt man zuletzt noch, dass Lehrer mehr arbeiten als den meisten Vorurteilen lieb ist.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Ferner erfahren die Schulleiter, welcher Kollege wie viel arbeitet bzw. im Falle der Anonymität welche Spannbreite es innerhalb des Kollegiums gibt (Wahrheitsgemäßes Eintragen vorausgesetzt). Der erwartbare netto-Stundenlohn dürfte Akademikern aus der freien Wirtschaft ein müdes Lächeln ins Gesicht treiben …

rfalio
9 Jahre zuvor

Ich tue mich mit so einer Aufstellung ein bisschen hart.
Heute am Vormittag (dank Ferien) ein Buch über den Islam gelesen. Ist das für einen Relilehrer jetzt Arbeit oder Freizeit?
Beihilfeaufstellung: Arbeit oder Freizeit?
Auf 4 teachers gesurft: Arbeit oder Freizeit?
E-Mail-Austausch mit Schülerin, die für einige Zeit im Ausland ist, aber wiederkommt und zurück in die Klasse will: Arbeit oder Freizeit?
Materialaufstellung und Angebote zusammenstellen für AG Stockschießen: Arbeit oder Freizeit?
Ich sehe beim Spazierengehen ein tolles Motiv, mache ein Foto, überlege mir einen Text für eine Bildmeditation: Arbeit oder Freizeit?
Ich sitze nur da und denke nach, wie ich einen bestimmten Schüler motivieren kann: Arbeit oder Freizeit?
Ich telefoniere in den Ferien mit einem Schüler, der bei der Vergabe der Referate krank war, schlage ihm Themen vor und berate ihn: Arbeit oder Freizeit?
Ich lese die Lokalzeitung und überlege mir, welche Artikel über unsere Schule mindestens so interessant wären wie die, die da drinstehen: Arbeit oder Freizeit?
Aus welchem Artikel könnte man eine schöne Matheaufgabe basteln? Arbeit oder Freizeit?
Übrigens, alle Beispiele aus den 2 Wochen Osterferien. :=)
Gott sei Dank ist unser Beruf so vielfältig. Aber das erschwert eben eine minitiöse Abrechnung.
rfalio

Palim
9 Jahre zuvor
Antwortet  rfalio

Es geht ja weniger darum, dass du engagiert bist und als Lehrer ständig Augen und Ohren offen hältst, was man noch für den Unterricht nutzen könnte,
sondern darum, dass man neben Unterricht und Korrekturen unendlich viele zusätzliche Aufgaben in den letzten Jahren hinzubekommen hat, die man rein zeitlich kaum bewälitigen kann. Da sind neue Curricula, Evaluation, Inspektion und Inklusion nur ein Teil und Umstrukturierungen in der Schullandschaft hat es in den letzten 15 Jahren auch mehrere gegeben – einschließlich der Einführung und Rücknahme von G8.
Statt in dieser Hinsicht etwas anzuerkennen, wurde in Nds. der Altersbonus für alle gestrichen und die Gym-Lehrer müssen 1 Std. zusätzlich arbeiten – wobei die Arbeitsbelastung nicht allein im Gym gestiegen ist.

Dass das Ministerium selbst keine Erfassung anstrebt, diese nun aber als „wenig zielführend“ ansieht, passt dazu.

ysnp
9 Jahre zuvor
Antwortet  rfalio

Alles was mit Unterricht, Schüler , Eltern und Schule zusammenhängt, sehe ich als Arbeitszeit an, auch das Nachdenken über Unterricht und Sortieren von Materialien. In anderen Berufen ist das auch so, nur sitzen diese eben zu einer offiziellen Arbeitszeit in einem Büro. Beihilfeanträge gehören jetzt nicht dazu, denn sich um seine Krankenkasse kümmern müssen andere Privatversicherte auch.
Ich finde die Idee der GEW gut, das könnte man auch auf andere Bundsländer ausdehnen.