Vom Naturschutzgebiet bis zur Psychiatrie: Dienststellen für „Bufdis“

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BERLIN. Mit dem Ende des Zivildienstes kam der Bundesfreiwilligendienst. Nach mittlerweile vier Jahren sind Bufdis in vielen sozialen Einrichtungen etabliert. Aber es gibt sie auch an Stellen, an denen sie viele erst einmal nicht erwarten.

Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres im Lebenszentrum Adelshofen, einer ordensähnlichen evangelischen Gemeinschaft im nordbadischen Eppingen. Foto: Lebenszentrum Adelshofen / Flickr (CC BY-NC 2.0)
Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres im Lebenszentrum Adelshofen, einer ordensähnlichen evangelischen Gemeinschaft im nordbadischen Eppingen. Foto: Lebenszentrum Adelshofen / Flickr (CC BY-NC 2.0)

Gleich nach der Schule ins Studium oder die Ausbildung starten? Darauf haben viele keine Lust. Eine Möglichkeit ist der Bundesfreiwilligendienst (BFD). «Im Februar 2015 waren 39 125 Menschen als Bundesfreiwillige beschäftigt, davon 21 362 Frauen und 17 763 Männer», sagt Antje Mäder. Sie ist Sprecherin des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Berlin. Theoretisch können sich Männer und Frauen jeden Alters engagieren – doch die meisten Bufdis sind unter 27 Jahre alt. Stellen gibt es in sozialen, ökologischen und kulturellen Einrichtungen. Ein paar Ideen:

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  • Schutzstation Wattenmeer in Hörnum auf Sylt: Katharina Laage, 20 Jahre, will Umweltwissenschaften studieren – aber nicht, bevor sie etwas Praktisches gemacht hat. «Für mich ist die Zeit auf Sylt eine Riesenchance», sagt sie. Sie hatte schon Studienplätze in der Tasche, doch sie hat sich dann zunächst für die Arbeit im Watt entschieden. Fünf weitere BFDler arbeiten mit Laage in Hörnum. Je nach Einsatzgebiet machen die Bufdis Führungen durch das Watt oder nehmen an Vogelzählungen teil. Sie stellen Zäune auf und errichten Schutzzonen, wenn rastende Seehunde am Strand liegen. «Das Arbeitspensum ist unregelmäßig, die anstehende Arbeit muss erledigt werden.» Laage wollte sich während eines Jahres lieber tiefer in ein Thema einarbeiten, als in der gleichen Zeit mehrere Praktika zu machen.
  • Freiwillige Feuerwehr in Friedrichshafen: Franziska Fischer, 19 Jahre, hat sich jahrelang bei der Freiwilligen Feuerwehr in ihrer Heimatstadt Ostfildern engagiert. Nun macht sie auch ihren BFD dort. Sie hat die Organisation angesprochen: «Es gibt eine zentrale Stelle, an der man alle Informationen findet», sagt sie. Fischer will etwas für andere Menschen machen und nebenbei Selbstständigkeit lernen. Außerdem ist sie sich noch nicht sicher, welchen beruflichen Weg sie einschlagen möchte. Ihre Arbeitswoche ist 39 Stunden lang. Sie ist in der Verwaltung tätig, manchmal hilft sie in den Werkstätten. Außerdem fährt sie bei Einsätzen mit. Allerdings darf sie das nur, weil sie sich dafür schon während ihrer Schulzeit qualifiziert hat.
  • Altenheim der Caritas in Krefeld: Markus Steinke, 41 Jahre, macht 18 Monate lang seinen Bundesfreiwilligendienst in einem Altenheim. Er ist gelernter Einzelhandels-Kaufmann. Nach seiner Ausbildung hat er keine Stelle gefunden und sich mit verschiedenen Jobs das Leben finanziert. Durch einen Zufall ist er über einen Ein-Euro-Job in einem Altenheim gelandet und hat eine Ausbildung zum Demenzbetreuer gemacht. Wegen der fehlenden Ausbildung in der Pflege fand er allerdings keinen festen Job. «Mein Betreuer in der Arbeitsagentur hat mir geraten, mich als Bundesfreiwilliger zu bewerben», sagt er. Den einjährigen Dienst, den er um sechs Monate verlängerte, sieht er als «18-monatige Probezeit, in der ich mein Können und meinen Arbeitswillen unter Beweis gestellt habe». Das Plus, vor allem gegenüber einem Ein-Euro-Job: «Man ist renten- und sozialversichert.» Für Steinke war die Zeit als Bufdi eine gute Investition: Von der Caritas hat er einen festen Vertrag in einem Altenheim bekommen.
  • Psychiatrie am Universitätsklinikum Jena: Linda Ludewig, 22 Jahre alt, hat direkt nach dem fachgebundenen Abitur ihr Bufdi-Jahr begonnen. Sie wollte mit dem BFD überprüfen, ob ihr Studienwunsch Psychologie zu ihr passt. Die Arbeit habe sie darin bestärkt. Sie hofft, dass sie aufgrund des BFD Vorteile bei der Bewerbung für einen Studienplatz hat. Ludewigs Haupt-Einsatzort ist die Entzugsstation. Außerdem war sie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie in der Gerontopsychiatrie im Einsatz. Hauptsächlich unterstützt sie die Pflegekräfte in ihrer Arbeit. Aber da ihre Kollegen wissen, dass sie Psychologie studieren will, darf sie an Gruppentherapien von Ärzten und Psychologen teilnehmen.
  • Abgeordnetenwatch.de in Hamburg: Veronika Zieglmeier, 18 Jahre, ist sechs Monate als Bufdi beim politischen Dialogportal Abgeordnetenwatch.de in Hamburg. Sie wollte nach dem Abitur nicht direkt mit dem Studium beginnen und hat sich zunächst nach Praktikumsstellen in den Medien und im politischen Bereich umgeschaut. «An meinem Job interessiert mich vor allem das politische Tagesgeschehen. Und ich lerne fachlich sehr viel», sagt sie. Sie war der erste Bufdi bei dem Verein. «Der Freiwilligendienst macht sich besser im Lebenslauf als nur Praktika», sagt Zieglmeier. Das halbe Jahr sei für sie genau die richtige Zeit gewesen, um einen guten Einblick in die Materie zu bekommen.

Die Einsatzzeit für Bufdis ist in der Regel ein Jahr, die Mindestzeit sind sechs Monate. Wer möchte, kann auf bis zu 24 Monate verlängern. Für die Zeit bekommen sie ein Taschengeld, für das es eine Obergrenze von 363 Euro pro Monat gibt. Berufskleidung, Unterkunft und Verpflegung kann der Arbeitgeber stellen – oder er ersetzt die Kosten. Die Beiträge für Renten-, Unfall-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlt die Einsatzstelle. Im Gegensatz zu anderen Freiwilligendiensten können Bufdis nur im Inland eine Stelle bekommen, nicht im Ausland. Verena Wolff, dpa

Zum Bericht: Erfahrungen und Abwechslung – “soziales Jahr” ist eine beliebte Station nach der Schule

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