Zu religiös? Bayerischer Schulleiter steht in der Kritik, Schüler zu missionieren

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GERETSRIED. Der Leiter einer staatlichen Realschule im bayerischen Geretsried  sieht sich derzeit mit Vorwürfen aus dem Lehrerkollegium, der Schülerschaft und von Seiten der Eltern konfrontiert. Laut Berichten der Süddeutschen Zeitung und der Zeitung „Münchener Merkur“ versuche er, die Schüler zu missionieren. Das wirft die Grundsatzfrage auf: Wie viel Religion darf an einer staatlichen Schule sein?

Wie viel Religion darf ein Schulleiter in seine Schule tragen? Foto: micagoto / flickr (CC BY-NC 2.0)
Wie viel Religion darf ein Schulleiter in seine Schule tragen? Foto: micagoto / flickr (CC BY-NC 2.0)

Der Schulleiter, der auch katholischer Diakon ist, soll den Medienberichten zufolge gegen den mehrheitlichen Wunsch der Lehrer durchgesetzt haben, dass in allen Klassenzimmern Kreuze hängen, Schüler ungefragt segnen und Atheisten als „dumm“ bezeichnet haben. Diese Aussage habe der Schulleiter während einer Vertretungsstunde in einer zehnten Klasse getätigt und damit einen atheistisch eingestellten Lehrer beleidigt. Zudem soll er diese Lehrkraft zugleich beschuldigt haben, gegen ihn zu hetzen. Im Nachhinein, so berichten beide Zeitungen, habe der Direktor erfolglos versucht, bei einer Aussprache die Schüler von ihrer Darstellung des Vorfalls abzubringen. Die Süddeutsche stützt sich auf das ihr vorliegende Protokoll der entsprechenden Stunde, der Münchener Merkur auf die Aussage eines namentlich nicht genannten Schülers.

Gegenüber den Medien räumt der Schulleiter Fehler ein und kritisiert laut Süddeutscher Zeitung (SZ) sein Verhalten während der Aussprache. Er bleibt allerdings bei seiner Aussage, dass Atheisten dumm seien und beruft sich auf die Bibel, Psalm 53. Dort heißt es unter anderem: „Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott. Sie taugen nichts und sind ein Greuel geworden in ihrem bösen Wesen; das ist keiner, der Gutes tut.“ Die Vorwürfe, er segne Schüler ungefragt und wolle missionieren, bestreitet der Rektor. Die Kreuze, die er selbst während eines Adventsbasars 2013 gesegnet und in den Klassenzimmern aufgehängt hat, verstehe er auch nicht als christliches Symbol. Statt um Kruzifixe handele es sich um gleichschenklige Kreuze, die religionsübergreifend ein Symbol „für allgemein abendländische Werte und den Weltethos“ darstellen sollen, zitiert ihn die SZ.

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In dieser angespannten Situation ist Mitte März der Personalrat der Geretsrieder Realschule vorzeitig zurückgetreten. Öffentlich äußerte sich das Gremium nicht genauer zu den Gründen. Anhaltende Probleme in der Zusammenarbeit mit dem Schulleiter seien aber nach Angaben von Teilnehmern der jüngsten Personalversammlung die Ursache, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Nach Informationen der SZ und des Münchener Merkurs habe das bayerische Kultusministerium zuletzt entschieden, dem Schullleiter einen externen Berater zur Seite zu stellen. Er soll zukünftig bei Besprechungen dabei sein und für ein besseres Arbeitsklima sorgen.

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Zum Beitrag: Bayerischer Elternverband: Ethikunterricht – Werteerziehung zweiter Klasse?

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