Hochstaplerin arbeitete 20 Jahre als Lehrerin. Vom Abiturzeugnis bis zur Promotion – alles gefälscht

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KIEL. Mit gefälschten Papieren erschlich sich eine heute 50-Jährige jahrzehntelang die Beschäftigung im Schuldienst. Nun gab sie zu, dass auch ihr Abizeugnis falsch ist. Laut Gutachter ist sie voll schuldfähig.

Gewerbsmäßiger Betrug, so lautet die Anklage. Foto: Carlo Schrodt / pixelio.de
Gewerbsmäßiger Betrug, so lautet die Anklage. Foto: Carlo Schrodt / pixelio.de

Alles nur gefälscht: Eine heute 50 Jahre alte Frau, die jahrzehntelang als Lehrerin in mehreren Bundesländern gearbeitet hatte, hat auch ihr Abiturzeugnis gefälscht. Das gestand sie am Mittwoch vor dem Kieler Amtsgericht. Dort muss sich die 50-Jährige aus Wismar wegen gewerbsmäßigem Betrugs und Urkundenfälschung verantworten. Insgesamt nutzte sie zum Nachweis angeblicher Staatsexamina und anderer Zeugnisse über 20 amtlich wirkende Stempel, um eine Hochschul-Karriere einschließlich Promotion an der Universität Bonn vorzugaukeln und ihren Papieren den Anschein von Echtheit zu geben.

Demnach sind allenfalls drei ihren vielen Zeugnisse echt, hieß es am zweiten Verhandlungstag: das Abschlusszeugnis der Polytechnischen Oberschule in Wismar, ihr Ausbildungszeugnis als Krankenschwester und ein Diplom als Lehrerin für Deutsch und Staatsbürgerkunde. Nach der Wende schönte sie nach eigenen Angaben aus Angst vor Arbeitslosigkeit ihre Vita.

Für die Fälschungen ließ sie sich Stempel mit Insignien verschiedener westdeutscher Hochschulen und Prüfungsämter, der deutschen Botschaftsschule in Brüssel und einer Rechtsanwaltskanzlei aus Neuruppin anfertigen, wie die Angeklagte bestätigte.

Wortkarg räumte sie ein, dass es bereits an ihrer ersten Station als Lehrerin in Wolgast Verdachtsmomente gegen sie gegeben habe. Daraufhin wechselte sie nach Brandenburg. Als ihr auch dort offenbar der Boden zu heiß wurde, zog sie weiter nach Berlin. Dort ließ sie sich im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren gegen sie aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Das hinderte sie aber nicht, mit falschen Papieren ab 2008 an einem Gymnasium in Mölln als Studienrätin tätig zu werden.

Ein psychiatrischer Sachverständiger bescheinigte der Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Er sehe keinerlei Anzeichen für psychische Erkrankungen, sagte der Facharzt. Die Frau habe aber «irgendwann aus ihrem Lügengebilde nicht mehr aussteigen können und immer Angst gehabt, dass sie auffliege». Er beschrieb das Verhalten der Angeklagten als wach, aber nicht offen. «Sie wusste, dass sie immer auf der Hut sein und ihre Lebensläufe an die jeweiligen Anforderungen anpassen musste.»

2010 wurde auch die Schulleitung in Mölln misstrauisch. Ende 2012 wurde sie suspendiert, Anfang 2013 aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Dennoch bewarb sie sich an zwei weiteren Schulen bei Schwerin, war an einer der beiden auch sehr wohlgelitten, wie der damalige Schulleiter vor Gericht sagte. Von der anderen Schule wurde sie im August 2013 fristlos entlassen, als der Staatsanwalt auftauchte.

Schleswig-Holstein verzichtet unterdessen freiwillig auf eine Rückzahlung von rund 90.000 Euro. Statt ursprünglich rund 222.000 Euro will das Land nur noch rund 133.000 Euro zurück, sagte ein Mitarbeiter des Finanzverwaltungsamtes. Bisher erhielt Schleswig-Holstein noch nichts zurück. Nach eigenen Angaben stottert die derzeit arbeitslose Frau eine Rückzahlungsforderung aus Berlin in Höhe von 70.000 Euro mit monatlich 25 Euro ab. Von Karen Katzke, dpa

Zum Bericht: Malen im Deutsch-Unterricht: Hochstaplerin arbeitete 20 Jahre als Lehrerin – Geständnis unter Tränen

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