«Noten-Affäre»: Ministerium schließt „Pflichtverletzung“ Laschets nicht aus

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DÜSSELDORF. 35 Noten bei 28 geschriebenen Klausuren. In der Noten-Affäre um seinen Lehrauftrag an der RWTH-Aachen steht der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet weiter unter Druck. Am Mittwoch tagt der Wissenschaftsausschuss des Landtags.

In der «Noten-Affäre» des nordrhein-westfälischen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet schließt das Wissenschaftsministerium eine Pflichtverletzung nicht aus. Das geht aus einem Bericht hervor, den NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) am Freitag dem Düsseldorfer Landtag zugeleitet hat. Dort heißt es wörtlich: «Nach derzeitigem Sach- und Kenntnisstand kann nicht bestätigt werden, dass Herr Laschet die ihm als lehrbeauftragtem Prüfer obliegende Sorgfalt voll umfänglich hat walten lassen.»

Freihändig Noten vergeben? Armin Laschet, CDU-Bundesvize und Ex-Integrationsminister von NRW. Foto: Christliches Medienmagazin pro / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)
Freihändig Noten vergeben? Armin Laschet, CDU-Bundesvize und Ex-Integrationsminister von NRW. Foto: Christliches Medienmagazin pro / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

In einem Master-Europastudiengang an der RWTH Aachen hatte Laschet Noten aus persönlichen Notizen rekonstruiert, nachdem die Klausuren verschwunden waren. Dabei hatte er im vergangenen Januar 35 Noten übermittelt, obwohl nur 28 Studierende mitgeschrieben hatten. Eine Studentin, die an der Klausur teilgenommen hatte, hatte zunächst keine Note erhalten.

«Es ist festzustellen, dass die Klausuren verloren gegangen sind und keinerlei Aussicht besteht, sie wieder aufzufinden», heißt es in der Bewertung des Ministeriums. Die genaue Ursache für den Verlust sei unklar.

«Es ist weiter festzuhalten, dass keinerlei für die Bewertung der Prüfungsleistung ausreichend aussagekräftigen Unterlagen existieren, die eine Bewertung (..) ohne die Klausuren ermöglichen würden.» Insofern sei die Empfehlung des Rektorats nachvollziehbar, Laschets Noten zu annullieren. «Es ist davon auszugehen, dass der Prüfungsausschuss dieser Empfehlung Folge leistet.» Im vorliegenden Fall sei «keine andere Möglichkeit ersichtlich», als die Prüfung zu wiederholen.

Nach Laschets Darstellung hatte er die Arbeiten korrigiert und im November an die Hochschule geschickt. Er habe angegeben, die Klausuren weder per Einschreiben noch mit einer Sendungsnummer verschickt zu haben, heißt es in einem Bericht der RWTH an das Düsseldorfer Wissenschaftsministerium. Damit sei eine Rückverfolgung unmöglich.

Nächsten Mittwoch wird sich der Wissenschaftsausschuss des Landtags mit dem Bericht der Hochschule und der Bewertung des Ministeriums als Rechtsaufsicht beschäftigen. Laschet, der kein Mitglied des Ausschusses ist, wird an der Sitzung nicht teilnehmen.

Dort dürfte auch das Handeln der Hochschul-Akteure hinterfragt werden. Dem Bericht zufolge hatte die Geschäftsführerin der Philosophischen Fakultät dem Prüfungsausschuss Ende Januar empfohlen, Laschets Vorschlag anzunehmen, Noten anhand seiner Notizen zu vergeben. Der Ausschussvorsitzende folgte dem und teilte das im Februar den Studierenden mit.

Erst im März kam es aber zu einem Gespräch mit den Hochschulvertretern, in dem Laschet erläuterte, wie seine Noten zustande gekommen waren. Demnach hatte er Notizen sowohl während der Korrektur als auch für mündliche Beteiligung vorgenommen. Laschet hatte in der vergangenen Woche gesagt, auf dieser Grundlage habe er «Noten rekonstruiert». Wie es zu 35 Noten für 28 Arbeiten gekommen ist, bleibt unbeantwortet.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Stefan Berger, sieht Laschets Darstellungen durch den Bericht «vollumfänglich bestätigt». Die Bewertung des Ministeriums habe «keinen Neuigkeitswert», teilte er mit. Schließlich habe Laschet selbst schon erklärt, dass eine größere Sorgfalt «möglich und angemessen» gewesen wäre. (dpa)

zum Bericht: „Laschet hintergeht Studierende“: CDU-Vize drohen nach „Noten-Affäre“ juristische Konsequenzen

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1 Kommentar
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Reinhard
8 Jahre zuvor

Danke für diese ausführlichere Schilderung, das stellt die Sache doch noch mal anders dar – im Grunde ähnlich wie unsere Epo-Noten entstehen, und so ist auch die Note ohne Klausur plausibel; nur widerspricht es vermutlich den Regeln, wie Noten zustande zu kommen haben. Eins verstehe ich noch nicht: wieso hatte Laschet nur „Notizen“ und keine richtige Notenliste, nachdem er die Arbeiten korrigiert hatte? das hat doch sicher jemand gefragt?