Philologenverband: Immer neue Forderungen für zusätzliche Pflichtfächer hemmen Bildungsdiskussion

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BERLIN. Im Gegensatz zu dem Vorschlag von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hält der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, nicht viel von der Einführung eines neuen Faches „Alltagswissen“ an bundesdeutschen Schulen, in dem beispielsweise über Fallen in Handyverträgen aufgeklärt werden soll. Das schreibt der Verband in einer Pressemitteilung.

Obst und Gemüse sollten fester Bestandteil des Kita-Essens sein. Foto: digital cat /flickr (CC BY 2.0)
Ein neues Fach könnte laut Bundesbildungsministerin Johanna Wanka Schülern lebenspraktische Kenntnisse und Kompetenzen vermitteln, etwa zum Thema gesunde Ernährung und Kochen. Foto: digital cat /flickr (CC BY 2.0)

„Man kann nicht auf jedes gesellschaftliche Problem mit einem neuen Fach reagieren. In der Schule sollen Kinder natürlich lernen, vor Entscheidungen Sachverhalte kritisch zu prüfen, sich Ratschläge zu holen, Vergleiche zu ziehen. Ob es aber sinnvoll ist, dass Lehrer Kinder über Fallen in Handyverträgen aufklären sollen, welche sich ständig ändern, Verträge, die im Übrigen von den Eltern und nicht den Minderjährigen abgeschlossen und bezahlt werden müssen, das darf mit Fug und Recht bezweifelt werden“, sagt der Verbandschef.

Meidinger mahnt alle an der Bildungsdiskussion Beteiligten, nicht ständig neue Pflichtfächer in Schulen zu fordern. Damit komme man oft zuverlässig in die Medien, leiste aber keinen Beitrag dazu, Schule besser zu machen. In einem Punkt gibt der Verbandsvorsitzende der Bundesbildungsministerin aber Recht: „Es ist jammerschade, dass Jungen und Mädchen an den meisten Schulen keine Chance mehr hätten, Kochen zu lernen!“ Meidinger befürwortet, das Wahlfach „Kochen“ an allen Schularten einzuführen, bezweifelt aber, dass dies einfach umzusetzen sei. Man habe in den letzten Jahrzehnten massenweise den dafür erforderlichen Hauswirtschaftslehrkräften gekündigt und außerdem gebe es nur noch wenige, der dafür unbedingt erforderlichen Schulküchen.

Zum Beitrag: Bundesbildungsministerin Wanka: „Erwartung an Lehrer ist unermesslich“
Zum Beitrag: Zwei Drittel der Bürger meinen, Schüler lernen “unnützes Zeug” – Fach “Benehmen” gefordert

Titelbild: Andreas Hermsdorf  / pixelio.de

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3 Kommentare
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rfalio
8 Jahre zuvor

Ein junger Mann (und eine junge Frau) sollte können:
– verschiedene Gerichte kochen
– ein Baby wickeln
– Wäsche sortieren und waschen
– Knöpfe annähen
– Hemden bügeln

Eine junge Frau (und ein junger Mann) sollte können:
– einen Autoreifen wechseln
– einen Dübel setzen
– Grillen
– einen Handwerker so zu nerven, dass er die Reparatur wirklich verständlich erklärt
– eine Lampe anschließen
– eine Einkommenssteuererklärung abgeben

Natürlich ist diese Liste nicht vollständig und auch nicht für jeden und jede zwingend.
Aber das sind Fähigkeiten, die früher in der Familie vermittelt wurden.
Heute schiebt man wieder alles auf die Schule.
Mama Merkel wirds schon richten.
Hey Leute, es sind eure Kinder. Macht sie lebenstüchtig!
rfalio

GriasDi
8 Jahre zuvor

Ich hab mir mal den Spaß gemacht, ein Jahr lang aufzuschreiben, welche neuen Unterrichtsfächer von der Öffentlichkeit bzw. Teilen der Öffentlichkeit gefordert wurden. Innerhalb eines Jahres kam ich auf 11 neue Schulfächer.

PseudoPolitiker
8 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Interessant! Haben in dieser Zeit Lobbyisten keine Wünsche angemeldet? Oder meinten Sie diese mit „Teilen der Öffentlichkeit“?