Immer mehr Förderschüler auf Regelschulen: Schulträger ächzen unter den Lasten der Inklusion

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STUTTGART/KÖLN. Die Inklusion macht den Schulträgern zunehmend zu schaffen. Immer mehr Förderschüler drängen in die Regelschulen. Doch die Kommunen kommen mit der Umsetzung kaum hinterher – Kritik wird laut. „Wir stehen hinter der Inklusion, aber wir stoßen an unsere Grenzen“, sagt etwa Stuttgarts Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) einem Bericht der „Stuttgarter Zeitung“ zufolge. In Nordrhein-Westfalen will der Städte- und Gemeindebund offenbar nun das Land verklagen.

Die gesetzlich verankerte Inklusion geht auf die UN-Behindertenrechtskonvention zurück - deren Umsetzung wird von der UN überwacht. Foto: Glenn Beltz / flickr (CC BY 2.0)
Die gesetzlich verankerte Inklusion geht auf die UN-Behindertenrechtskonvention zurück – deren Umsetzung wird von der UN überwacht. Foto: Glenn Beltz / flickr (CC BY 2.0)

Vor vier Jahren gab es in Stuttgart gerade mal 87 Sonderschüler, die Regelschulen besuchen. Im kommenden Schuljahr rechnet die baden-württembergische Landeshauptstadt schon mit 1.000 Inklusionsschülern. Tendenz: stark steigend. Viele Eltern wollten eben, dass ihr behindertes Kind eine Regelschule besucht, erklärt Schulbürgermeisterin Eisenmann der „Stuttgarter Zeitung“ zufolge – und ab dem kommenden Schuljahr haben sie auch das Recht dazu; ihr Anspruch ist dann im Schulgesetz fixiert. Wenn die Stadt nicht rechtzeitig allen Inklusionskindern einen Zugang ermögliche, könne es sein, dass betroffene Familien ihr Recht einklagen, sagt Eisenmann. Denn tatsächlich stelle die Entwicklung die Kommunen vor große logistische Herausforderungen, die von der Organisation der Schülerbeförderung bis hin zur Schulentwicklungsplanung reichen, so heißt es.

Die Ressourcen schlicht umzutopfen von den Sonder- auf die Regelschulen funktioniert offenbar nicht: Die Zahl der Sonderschüler sinkt laut Bericht nämlich nicht im erwarteten Umfang, weil immer öfter ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wird. So fehle Personal für die Betreuung der behinderten Kinder, etwa in der verlässlichen Grundschule oder der verbindlichen Ganztagsschule. In welcher Größenordnung, das sei noch nicht klar, so Eisenmann gegenüber der Zeitung. „Das müssen wir erst noch bewerten. Aber da gibt es kommunalen Handlungsbedarf.“

Auch in Köln sorgen zunehmende Probleme mit der Inklusion für Schlagzeilen. In der Domstadt hat sich die Zahl der Schüler mit Behinderung, die eine Regelschule besuchen, in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt, so berichtet der WDR. Im kommenden Schuljahr, so die Prognose, werde sie sich noch einmal deutlich erhöhen.

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Ob die Inklusion funktioniere, hänge vor allem davon ab, ob es an einer Schule ausreichend Sonderpädagogen gibt, sagt Eva-Maria Thoms laut Bericht vom Verein „Mittendrin“, der Eltern von Kindern mit Behinderung berät. Aber an dieser Unterstützung mangelt es offenbar recht häufig in Köln: An manchen Schulen seien die Sonderpädagogen nur ein paar Stunden pro Woche beschäftigt, oft seien sie für mehrere Schulen tätig – da sei die Zeit manchmal zu knapp, um den Unterricht gemeinsam mit dem jeweiligen Lehrer vorzubereiten und durchzuführen. „Der Sonderpädagoge bleibt dann ein Fremdkörper und es besteht die Gefahr, dass die Schule das Unterrichten der Förderkinder den Sonderpädagogen überlässt. Und das ist natürlich nichts, was zur Inklusion führt“, so zitiert der Sender Eva-Maria Thoms. Weiter stellt sie fest: Die Skepsis vieler Eltern gegenüber Inklusion habe sich auch auf viele Lehrer übertragen. Viele Lehrer seien verunsichert. Thoms: „Sie fühlen sich nicht gut vorbereitet, sie haben Angst, dass sie nicht unterstützt werden, sie haben Angst vor Überforderung.“

Der Städte- und Gemeindebund NRW will einem Bericht der „Rheinischen Post“ zufolge wegen der Kosten für die Inklusion sogar Verfassungsklage einreichen. „Es gibt unterschiedliche Auffassungen zwischen Land und Kommunen über die Auslegung der im vergangenen Jahr getroffenen Vereinbarung“, so zitiert das Blatt den Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes, Eckhard Ruthemeyer. Heißt: Es geht – mal wieder – ums Geld. Land und Kommen in NRW hatten monatelang um die Finanzierung der Inklusion gerungen. Insbesondere die Frage, wer die Inklusionshelfer bezahlt war dabei ein Streitpunkt. News4teachers

Zum Bericht: Verwirrende Studien zur Inklusion – klar wird nur: Viele Eltern sind skeptisch

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dickebank
8 Jahre zuvor

Zitat:
An manchen Schulen seien die Sonderpädagogen nur ein paar Stunden pro Woche beschäftigt, oft seien sie für mehrere Schulen tätig – da sei die Zeit manchmal zu knapp, um den Unterricht gemeinsam mit dem jeweiligen Lehrer vorzubereiten und durchzuführen. „Der Sonderpädagoge bleibt dann ein Fremdkörper und es besteht die Gefahr, dass die Schule das Unterrichten der Förderkinder den Sonderpädagogen überlässt. Und das ist natürlich nichts, was zur Inklusion führt“.

Finde den Fehler!

Kleiner Tipp, weil die Sonderpädagogen nur stundenweise da sind und deshalb Fremdkörper bleiben, besteht die Gefahr, dass die Schule dass Unterrichten der Förderschüler den Sonderpädagogen überlässt?

Weil die Leverkusener Brücke nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht, besteht die Gefahr, dass Minister Groschek das Befahren der Strecke der Brücke selbst überlässt. Wenn sie hält ist gut, wenn nicht, hat die Brücke sich halt anders entschieden.

Dina
8 Jahre zuvor

Der Satz macht schon Sinn. Der Sonderpädagoge kommt in dem Fall nur kurz in die Schule, holt in der Zeit die Inklusionskinder aus der Klasse heraus, so dass die restliche Klasse lernen kann und die Inklusionskinder ihre Sonderförderung erhalten. Es ist dann wie der Musikunterricht der Musikschule kein wirklich zur Schule gehörender Unterricht, sondern nur eine kurze Phase in der die Inklusionskinder wieder gesondert beschult werden. Bestenfalls haben die Sonderpädagogen Zeit sich mit den Klassenlehrern abzusprechen, aber eine Entlastung erfolgt nicht.

Pälzer
8 Jahre zuvor

Wieviele Stunden Weiterbildung braucht ein Normalo-Lehrer eigentlich, um ein Kind, sagen wir mal mit „Förderschwerpunkt Lernen“, gezielt und dauerhaft fördern zu können? Oder mit Down-Syndrom? Oder mit gestörter emotionaler Entwicklung?

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Das Regelstudium der Sonderpädagogik dauert 4 Jahre. Dann schließt sich der Vorbereitungsdienst oder das Referendariat an. Wenn ich nicht ganz falsch informiert bin, gibt es auch noch verschiedene Schwerpunkte.

Wie kann jemand ernsthaft glauben, dass bspw. ein RS – L mit D/M mit den angebotenen Schmalspur – Weiterbildungen auch nur annähernd die Qualifikation der sonderpädagogischen Fachkraft erreicht?

Welches Elternteil sucht bei starken Zahnschmerzen des Kindes einen Augenarzt auf?
Genau das passiert aber im Rahmen der so genannten Inklusion.

Ich schrieb schon an einer anderen Stelle: Lange nicht alle L WOLLEN und vor allem KÖNNEN Förder – Sch unterrichten!!!!!! Jetzt werden sie aber dazu gezwungen.

Dina
8 Jahre zuvor

@pälzer:
Ich glaube nicht, dass man das in Stunden der Fortbildung messen kann. Für Förderschwerpunkt Lernen gibt es z.T. individuelle Lernziele, d.h. gesonderte Arbeitsblätter etc. Wie lange sitzt man an einem Arbeitsblatt?
Und bei einigen Krankheitsbildern sind dann Besonderheiten zu bedenken. Man muss sich also zunächst Wissen zu den verschiedenen Krankheitsbildern anlesen. Man muss sich aber auch ganz anders Gedanken machen und von diesem speziellen Kind aus denken, für dieses Kind einen eigenen Unterricht konzipieren. Man plant also jede Stunde zwei mal. Einmal für das besondere Kind und einmal für den Rest der Klasse (inklusive Fördern und Fordern). Vielleicht wird das mit der Zeit weniger, wenn man jedes Jahr ein Kind mit der gleichen Diagnose und Prognose bekommt, aber unterschiedliche Menschen mit Down Syndrom haben unterschiedliche kognitive Fähigkeiten.
Ich habe bislang nur Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung in meinen Klassen gehabt. Diese Kinder erhalten kein eigenes Material, aber sie rennen einfach raus, wenn ihnen danach ist und sie benötigen ständig Zuspruch und ganz strikte Überprüfung. Ohne Doppelbesetzung ist dann sofort die Aufsichtspflicht verletzt. In jedem Fall fehlt die Zeit für die übrigen Kinder. In vielen Fällen geht es einfach nicht ohne Doppelbesetzung oder Sonderpädagogen auch nicht mit zusätzlichen Fortbildungen.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  Dina

Eher nicht. Die sonderpädagogische Förderung beträgt zwei WS je Schüler. Nur im Ganztag hat der Schüler 34 WS. Aufgrund diverser Differenzierungsangebote, es gibt ja auch Förderunterricht für Nicht-Inkludies bkäm der Rest der Klasse, die gesonderte sonderpädagogische Förderung nicht einmal mit.

Palim
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Bei uns beträgt die sonderpäd. Versorgung 2 Stunden PRO KLASSE pro Woche – egal, wie viele SuS mit und ohne sopäd. Unterstützungsbedarf dort sitzen.

Bei 2 Std. pro Woche, die häufig auch ausfallen, kann ich die Förderung gar nicht der SoPäd überlassen, was sollen die Kinder denn die restlichen Stunden machen? Malen oder Däumchen drehen?

Man plant und differenziert also doppelt und dreifach, denn inklusiven Unterricht zu planen, der Aufgaben zu gleichem Inhalt auf verschiedenen Niveaus anbietet, hält der Realität m.E. nicht stand.

Mississippi
8 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Habe jeden Tag 2 Stunden 5 Kinder mit verschiedenen geistigen Behinderungen im Unterricht, mit sonderpädagogischer Begleitung und FsJler. Dazu 22 Regelschulkinder. Ehrlich gesagt, alleine könnte ich das nicht schaffen. Meine 22 Regelschulkinder sind auch nicht alle schlau, die brauchen mich auch. Wenn ich dann höre 2 Stunden pro Klasse pro Woche, dann weiß ich schon, wem das nutzt.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Von den 2 WS dient eine der Förderung in der Schule und die andere im häuslichen Umfeld.

Was bei der Inklusion als einziges zu bemängeln ist, ist der Umstand, dass nicht vorgesehen wird, Psychater in die Kollegien zu intgrieren. Man muss nämlich gar nicht irre sein, um unter diesen Umständen zu arbeiten, aber es erleichtert das Arbeiten ungemein.

Küstenfuchs
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Da trauige ist, dass Lehrer dazu neigen, es immer noch „wuppen“ zu wollen. Mein Tipp: Die Klassenlehrer (vorzugsweise verbeamtete) von besonders betroffenen Klassen einer Schule tun sich zusammen und reichen bei ihrem Schulleiter eine „Überlastungsanzeige“ (gerne mal googlen!) ein. Der Schwaze Peter für plötzlich aus dem Raum laufende Schüler liegt dann nämlich bei ihm und wenn er nicht ganz blöd ist, reicht er die Anzeige weiter nach oben.

Den möglichen Vorwurf der pädagogischen Unfähigkeit muss man dann vielleicht hinnehmen (wenn der Schulleiter ein Spinner ist), aber das hilft dem Schulleiter wenig, da man ja immer darauf verweisen kann, keine Sonderpädagogik studiert zu haben.

Ja, ich bin überfordert mit dieser Situation. Warum sich das nicht eigestehen und es auch dem Schulleiter schriftlich geben? In der Überlastungsanzeige muss stehen, dass die eigene Gesundheit in Gefahr ist (Schlafstörungen z.B., die man ja auch schwer widerlegen kann), dass die Arbeit in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten ist (doppelte Vorbereitung!) und dass die Gesundheit einzelner Schüler gefährdet ist (z.B. die plötzlich aus dem Raum rennen).

Und falls der Schulleiter dann ein dienstliches Gespräch darüber führen will, vielleicht um die Anzeige abzubügeln, gerne den Personalrat dazu nehmen. Dessen Aufgabe ist es dann zu fragen, wie die Schulleiter reagieren will, wenn tatsächlich gesundheitliche Folgen auftreten und er laut Gesetz nicht entsprechend auf die Anzeige reagiert hat.

BÜGELT DEN MIST NICHT SELBST AUS, WEHRT EUCH, REICHT ES SCHRIFTLICH NACH OBEN WEITER!!!

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Nur die wenigsten verbeamteten Lehrkräfte wissen, wie eine Remonstration verfasst und auf den dienstweg gebracht werden muss. Über das Remonstrationsrecht werden sie nämlich im Vorbereitungsdienst – anders als ander Referendare und Anwärter – an den Studienseminaren bzw. ZfsL überhaupt nicht unterrichtet.

Küstenfuchs
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Dafür gibt es ja die Lehrerverbände und deren Dachorganisationen!

https://www.verdi-bub.de/service/praxistipps/archiv/ueberlastungsanzeige/

PseudoPolitiker
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Guter Tipp, Küstenfuchs! Leider haben die Lehrer die unselige Eigenschaft nicht aufzubegehren, weil sie fürchten, das werfe ein schlechtes Licht auf ihre beruflichen Qualitäten. Mit dieser Schwäche, die bewusst genährt wird durch Lob für opportunistische Mitläufer als angeblich „engagierte“ und „fähige“ Lehrer, schaffen es die Oberen immer wieder, Widerstand zu unterdrücken und die Lehrerschaft zu spalten.
Wichtig wäre auch, dass die Probleme mit der Inklusion in die Öffentlichkeit dringen. Nichts fürchten Politiker mehr als das. Offene Briefe ganzer Kollegien sind Gold wert.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@Küstenfuchs. Ich bin ja vollkommen auf Ihrer seite, nur Sie müssen selbst zugeben, dass es schon interessant ist, dass Sie auf eine Information zur Überlastungsanzeige von VERDI hinweisen. VERDI ist jetzt nicht so als Berufsverband innerhalb der Lehrerschaft oder gewerkschaftliche Institution im Bereich Schule aufgetreten.

Die berufsverbände innerhalb des DBB und die GEW generieren sich jetzt nicht so als Protagonisten einer von Inklusion überranten Lehrerschaft.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

zitat: „Bei uns beträgt die sonderpäd. Versorgung 2 Stunden PRO KLASSE pro Woche – egal, wie viele SuS mit und ohne sopäd. Unterstützungsbedarf dort sitzen.“

nach politikerrechnung sind das zwei ws. natürlich auch unabhängig von der Art der behinderung. ein sopäd hören/sprechen kann die erziehungs- und lernschwierigen ebenfalls optimal fördern.

alexander
8 Jahre zuvor

Bekanntes Szenario: Politiker profilieren sich mithilfe des populären Themas Inklusion, selbige wird mit großem Briomborium eingeführt, und am Ende der Nahrungskette lässt man dann die Lehrer im Regen stehen, die wie so manch andere Maßnahmen auch zum Nulltarif die Inklusion in der Praxis umsetzen sollen.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  alexander

die kommunen klagen dabei noch auf sehr hohem niveau, weil sie im wesentlichen nur für den Transport der kinder und den barrierefreien ausbau der Gebäude zuständig ist. die beschulung selbst – sprich die lehrer – bezahlt das land.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Nein, die Integrationshelfer sind ebenfalls kommunale und keine staatliche Aufgabe. Genau das ist ja der Punkt, auf den die Kritik des Städte- und Gemeindebundes abzielt.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Danke für den Hinweis. Eine Zusatzfrage habe ich in diesem Zusammenhang:

Gab es Inklusionshelfer auch schon zu Zeiten der Förderschulen?

Falls nein: Warum nicht? Ganz böse vermute ich mal, dass sie bei den sehr kleinen, hoch auf die jeweilige Behinderung spezialisierten Förderschulklassen nicht erforderlich waren. Das Land möchte also Lehrerstellen einsparen und zum „Ausgleich“ den Kommunen die dringend erforderlichen Inklusionshelfer bezahlen lassen.

Falls ja: Nehmt doch die frei werdenen Inklusionshelferstellen. Wie die Förderschullehrer können die ja genauso stundenweise an verschiedenen Schulen eingesetzt werden. Um das Wohl der Kinder geht es ja schon lange nicht mehr.

Martin Schuster
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Darum ging es in Wahrheit doch noch nie. Nur naiv Gläubige, die immer von UNO, Menschenrechten, Nicht-Ausgrenzung und „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ predigen, sind auf die hübsch humane Verpackung einer Billig-Schule für behinderte Kinder reingefallen. Unter ihr leiden jetzt alle Kinder und Lehrkräfte. Nicht zuletzt auch die Schüler mit Behinderungen! Sie sitzen im Unterricht mehr oder weniger ihre Zeit ab und fühlen sich mehr als auffallender Außenseiter als je zuvor.

dickebank
8 Jahre zuvor

„Inklusionshelfer“ hat es schon immer gegeben – z.B. als Vorleser für blinde Jura-Studenten und auch Richter.
In früheren zeiten wurden hierfür häufig Zivildienstleistende eingesetzt. Da heute die Zahl der Bufdis und FSJler nicht ausreicht, müssen eben Integrationshelfer auf dem freien Arbeitsmarkt gesucht werden.

Bei erwerbstätigen Erwachsnen ist die Bezahlung der Integrationshelfer ja auch über die Sozialgesetzgebung geregelt bzw. der Kostenträger bestimmt. Es gibt dann eben Fälle wo derjenige, der in den genuss der Dienstleistung des Integrationshelfers kommt, diesen bzw. diese im Schichtdienst Arbeitenden selbst bezahlt und die Kosten hierfür absetzt. Da Schüler aber für den Schulbesuch nicht gezahlt werden, muss der Integrationshelfer eben vom Sozialamt bezahlt werden. Anders sieht das aus, wenn der zu Inkludierende Opfer einer Gewalttat oder eines Unfalles ist, dann kommt der Verursacher für die Kosten auf.

Ihr Vorschlag geht deshalb in die Irre, weil der Inklusionshelfer anders als der Sonderpädagoge an eine bestimmte Person gebunden ist (personengebundene Dienstleistung).

Mississippi
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Und welche Vorbildung/Ausbildung/Befähigung bringen die Inklusionshelfer mit?

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  Mississippi

http://www.bzh-bildung.de/newsanzeige.htm?neb=0&zaehler=26

Also nichts, was sie nicht auch könnten.

jenny
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

und die Integrationshelfer bleiben übrigens ein Leben lang Aufstocker damit — denn der Crashkurs bringt eben auch nur geringes Gehalt. Ich kenne ja einen der den gemacht hat

die Arbeit mit dem Kind brachte ihm Spaß, aber der Frust darüber, statt richtiger Erzieherumschulung nur sowas zu bekommen und damit Aufstocker zu bleiben war zu groß….

und unzufriedene leute sind dann auch nicht motiviert, damit bleibt man ja ein Hartzer

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Danke, auch für den Link. Wie ich das Sozialamt kenne, muss ein Kind schon sehr stark behindert sein, wenn es einen Inklusionshelfer bewilligt, d.h. bezahlt bekommt.

Kann es eigentlich passieren, dass das Sozialamt den für den Nachmittag von den Eltern engagierten und gut eingearbeiteten Integrationshelfer während der Schulzeit trotz Anspruch nicht bezahlen möchte, einen anderen — ggf. für weniger Geld — hingegen schon? Ich halte das für durchaus möglich …

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Das kommt darauf an, ob die Schule im gebundenen Ganztag arbeitet oder nicht.

An einer Ganztagsschule erfolgt die Betreuung durch den Integrationshelfer während der dauer des Unterrichtes nach Stundentafel – einschließlich der Fahrt zur Schule und zurück sowie den Pausenzeiten.

Wird die Schule – wie viele Grundschulen – im offenen Ganztag geführt, kann die Kommune als Träger des offenen Ganztages den betroffenen Schüler sogar von der Betreuung ausschließen. Die schulische Inklusion ist ja eine staatliche Maßnahme, die in die Zuständigkeit des Landes fällt Die Betreuungsangebote der OGS hingegen sind freiwillige kommunale Leistungen. Die Kommunen als Träger der Maßnahme können also argumentieren, dass das in der Betreuung eingesetzte Personal nicht ausreichend qualifiziert ist. Und das land wird darauf verweisen, dass der Intergrationshelfer nur für die Zeit des Unterrichtes Hilfestellungen erbringen muss, nicht aber für die frei zwischen Eltern und Kommune vertraglich geregelte außerunterrichtliche Betreuung. Es hat darum schon Prozesse gegben, deren Urteile ich aber nicht kenne.

Aber wie heißt in der London Tube so schön: „Please mind the gap!“

Dina
8 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Die Urteile sind alle Einzelfallentscheide. Es gibt Urteile, in denen ein Helfer auch für die Zeit der OGS genehmigt wurde, aber die Mehrzahl der Kinder mit Behinderung können keine OGS besuchen. Wir haben selbst gekämpft um einen Kindergartenplatz und später für den OGS-Besuch. Beides wurde abgelehnt, mit der Begründung es sei nicht Aufgabe des Staates, die Kinder zu betreuen.
Den Kampf mit den Behörden nehmen nur gebildete Eltern auf oder in manchen Fällen die Kliniken/Ärzte. Die Hürden für Hilfestellungen hängen viel zu hoch und es gibt keine günstige und brauchbare Alternativen. Die Hürden hängen so hoch, weil der Staat das Geld nicht ausgeben will.
Festangestellte Sonderpädagogen und Krankenschwestern an jeder Schule wären eine extrem günstige Alternative, wenn man demgegenüber für jeden einzelnen behinderten Menschen rechnet: das persönliche Budget (das nicht jeder beantragt), Einzelfallhelfer (das wäre ja die Alternative, auch wenn sie selten bewilligt wird), Pflegedienste (betrifft nur medizische Probleme, wird aber dann häufig statt oder zusätzlich zu Einzelfallhelfern bewilligt), Sonderpädagogische Förderung in Nachmittagskursen. Alles unterschiedliche Töpfe und damit für die einzelnen Behörden schlecht planbar. Mit Sonderpädagogen und Krankenschwestern wäre der Inklusion genüge getan und man könnte viele Kinder zu einem brauchbaren Abschluss führen. In großen Schulen müssten natürlich zwei oder sogar mehr Sonderpädagogen angestellt werden und manchmal reicht eine Krankenschwester für zwei Schulen.
Wir haben an unserer Schule gar keine sonderpädagogischen Hilfen, keine Einzelfallhelfer etc. dafür sind an der benachbarten Schule mehrere Sonderpädagogen tätig. Auch ein Mittel der Politik, um Kosten zu sparen: Einzelne Schulen stärken, Andere schwächen und schließlich auslaufen lassen.

dickebank
8 Jahre zuvor
Antwortet  Dina

Es geht eben nicht um den Staat. Das ist nämlich das Bundesland, das für die Schule zuständig ist. Es geht um den Schulträger, der das nicht-lehrende Personal finanzieren muss. Und das sind in der regel bei öffentlichen Schulen die Kommunen. Die Kommunen sind aber nicht der Staat.

Mississippi
8 Jahre zuvor

Also, ich habe noch ein bisschen gegooglet und mir ist folgender Satz ins Gesicht gesprungen, o.k., ich bin ein „gebranntes Kind“,: “ Da keine spezielle Ausbildungen oder Umschulungsmaßnahmen für die Tätigkeit des Integrationshelfers/der Integrationshelferin vorausgesetzt werden, sind auch keine Fördermaßnahmen erforderlich und möglich,“ http:ratgeber-umschulung.de/soziales/integrationshelfer, d.h. die Fördermaßnahmen bleiben ganz beim Lehrer, wenn ich es richtig verstehe.

Martin Schuster
8 Jahre zuvor
Antwortet  Mississippi

Ja, sie bleiben fast zu 100 Prozent beim Lehrer. Die Inklusionsbefürworter argumentierten ja auch immer so: Die Kinder lernen voneinander, die schwachen von den starken und die starken von den schwachen, Inklusion ist sozusagen ein Selbstläufer. Von ihr abgesehen ist das auch die grundsätzliche Begründung für „Eine Schule für alle“, sprich die Abschaffung des gegliederten Schulsystems mit Förderschulen.
Wer da noch immer nicht erkennt, dass alle hehren Sprüche von Humanität, Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit einfach nur auf eine möglichst billige Beschulung der Kinder hinausläuft, dem ist in seiner Gläubigkeit an fromme Verkaufsmethoden einfach nicht mehr zu helfen.

soulsister
8 Jahre zuvor

Hallo ,aufwachen ,
immer weider wird suggeriert Inklusion an Schulen sei ein diskutables Ziel :
Es geht nicht om das „OB“ es geht um das Wie. Inklusion und _Freie Schulwahl sind ein Menschenrecht. Jeder der das behindert verstößt gegen Menschenreichte. Bedingungne das Schüler Ihre Förderung erhalten dürfen nicht unter Kostenvorbehalt gestellt werden.
Merke : Behindert ist man nicht, behindert wird man.

Bernd
8 Jahre zuvor
Antwortet  soulsister

Behindert ist man nicht, behindert wird man? Dann gibt’s also gar keine Blinden und Tauben – sondern die Gesellschaft macht sie nur dazu? Was für ein Unsinn. Auf diese Weise verniedlicht man die Probleme, die Menschen mit Behinderungen zu bewältigen haben. Und man verniedlicht die Herausforderungen, vor denen Schulen mit der Inklusion stehen. Nach dem Motto: Ist ja alles nur eingebildet …

Natürlich ist das Prinzip der Inklusion nicht diskutierbar, wohl aber die praktische Ausgestaltung. Da lässt die Behindertenrechtskonvention eine Menge Interpretationsspielraum.

Mississippi
8 Jahre zuvor
Antwortet  Bernd

Sehe ich genau so.

g. h.
8 Jahre zuvor
Antwortet  soulsister

@soulsister
Habe selten vom ersten bis zum letzten Wort solchen Moralin-Blödsinn gelesen.

xxx
8 Jahre zuvor
Antwortet  soulsister

Richtig: Viele Kinder werden in ihrer schulischen Laufbahn durch andere Kinder, die an der Schulform der ersteren aus welchen Gründen auch immer nichts verloren haben, behindert.

Z.B. hat ein aufgrund einer Behinderung sozial so schwieriges Kind, das in Lerngruppen mit mehr als acht Kindern andauernd ausrastet, an einer Regelschule mit Lerngruppen von meistens über 20 Schülern nichts zu suchen, weil es selber wegen der viel zu großen Gruppe nichts lernt und die große Gruppe selbst durch dieses Kind am Lernen gehindert wird.