Mit dem neuen Schuljahr kehrt der „Schul-TÜV“ nach Schleswig Holstein zurück

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KIEL. Freiwillig können Schulen in Schleswig-Holstein ab Februar 2016 ihre Arbeit extern beurteilen lassen. Nach einigen Jahren soll dies allerdings wieder verbindlich werden. Schleswig-Holstein sei das einzige Bundesland, in dem keine externe Evaluation mehr stattfinde, betont Schulministerin Britta Ernst (SPD), sieht die Schulen aber dennoch gut fürs neue Jahr gerüstet.

Erstmals seit dem Jahr 2000 gibt es wieder einen deutlichen Zuwachs bei den Grundschülerzahlen in Schleswig-Holstein. Unter anderem wegen der vielen Flüchtlingskinder steige die Zahl der Grundschüler um 1,4 Prozent von 96 400 auf 97 700, sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) anlässlich des Schulstarts am kommenden Montag. Es gebe 23 800 Erstklässer – 600 mehr als im vergangenen Schuljahr. 2014/15 hatte es bereits einen kleinen Anstieg gegeben.

Britta Ernst sieht ihr erstes Jahr als schleswig-holsteinische Bildungsministerin positiv. Foto: SPD Schleswig-Holstein / flickr (CC BY 2.0)
Britta Ernst sieht ihr erstes Jahr als schleswig-holsteinische Bildungsministerin positiv. Foto: SPD Schleswig-Holstein / flickr (CC BY 2.0)

Insgesamt jedoch sinkt wegen der demografischen Entwicklung die Zahl aller Schüler an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen um voraussichtlich 1700 auf 378 700, aber damit langsamer als prognostiziert. «Wenn die Flüchtlingszahlen sich weiter deutlich nach oben entwickeln, brauchen wir erneut Unterstützung des Bundes», sagte Ernst. Schleswig-Holstein rechnet mit bis zu 25 000 Flüchtlingen, davon dürften fast ein Drittel Kinder und Jugendliche sein.

Eckpunkte des neuen Schuljahres: 240 neue Lehrer (befristet bis Januar 2017) und eine verbesserte Unterrichtsversorgung – auf etwa 95 Prozent. Ernst betonte, sie strebe 100 Prozent an, «wir werden uns von Jahr zu Jahr weiter verbessern». Die Lehrer-Schüler-Relation betrage jetzt 16,8 (vorher 17,5). Seit dem Start der Landesregierung 2012 seien rund 1000 Lehrer mehr eingestellt worden als vorgesehen.

Im neuen Schuljahr wird der Deutschunterricht für Flüchtlingskinder ausgebaut, von den Deutsch-als-Zweitsprache (DaZ)-Zentren gibt es jetzt mehr als 100 (vorher: gut 80). Um das gemeinsame Lernen behinderter und nichtbehinderter Kinder in Regelschulen weiter zu fördern, werden im neuen Schuljahr für 13,2 Millionen Euro 314 Stellen für sogenannte Schulische Assistenzen an den Grundschulen geschaffen. Für eine schnelle Integration sind Deutschkenntnisse entscheidend, unterstrich Ernst. «Wir werden deshalb auch die Lehrerstellen in den Erstunterkünften ausbauen.»

Neu ist auch die Einführung eines «Schul-TÜVS». Ab Februar 2016 sollen Schulen extern ihre Arbeit beurteilen lassen – auf freiwilliger Basis, aber nach einigen Jahren soll dies verbindlich werden. «Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland, in dem keine externe Evaluation der Schulen mehr stattfindet, nachdem das alte Verfahren 2009 abgeschafft worden ist», sagte Ernst. «Wir sind da in einem schwarzen Loch.» Die Schul-Prüfer werden künftig in Hamburg ausgebildet. Und: Das Ministerium wird erstmals 2016 einen Bildungsbericht vorlegen, der dann künftig alle zwei Jahre erscheint.

Für Grundschulen, die sich gegen Noten im dritten und vierten Schuljahr entschieden haben, gibt es künftig vom Ministerium vorgegebene Kompetenzzeugnisse. «Jetzt haben wir auch für die differenziertere Leistungsbewertung ohne Noten einen Standard entwickelt», sagte Ernst.

Insgesamt zog Ernst, die mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) verheiratet ist, ein positives Fazit ihres ersten Jahres als Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Sie habe den Dialog mit allen Beteiligten im Schulwesen gesucht: «Mein Ziel ist es, zu einer gewissen Unaufgeregtheit zu kommen.».

Beim Thema freie Schulwahl für Schüler im Hamburger Umland in beiden Bundesländern machte Ernst deutlich, andere Prioritäten – an erster Stelle eine bessere Unterrichtsversorgung – zu haben. «Ein Gastschulabkommen mit Hamburg wird nicht zum Null-Tarif zu bekommen sein», sagte sie. Zurzeit laufen Verhandlungen. Das bestehende Abkommen lässt nur in Ausnahmen oder bei gravierenden persönlichen Härten zu, dass Schleswig-Holsteiner in Hamburg zur Schule gehen.

Die Opposition gab Ernst schlechte Noten fürs erste Ministerjahr. Sie habe die hohen Erwartungen nicht erfüllt, sagte die CDU-Abgeordnete Heike Franzen. Statt eine pragmatische Bildungspolitik zu betreiben, habe Ernst die ideologische Arbeit ihrer Vorgängerin Waltraud Wende (parteilos) fortgesetzt. Die FDP-Abgeordnete Anita Klahn kritisierte das «vollkommen unausgegorene Inklusionskonzept» sowie die Einrichtung von Mini-Oberstufen an Gemeinschaftsschulen. (dpa)

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