SPD-Bildungsminister eröffnet Qualitätsdebatte ums Abitur: Niveau der Reifeprüfung ist in Gefahr

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SCHWERIN. Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) sieht das Niveau des Abiturs in Deutschland in Gefahr. In einem Interview des Nachrichtenmagazins «Focus» warnte er davor, die Leistungsanforderungen zu senken, um immer mehr jungen Menschen die Hochschulreife zu ermöglichen. «Wir diskutieren hierzulande aber nicht über das Niveau, sondern darüber, ob es 25 oder 40 Prozent Abiturienten geben soll», sagte Brodkorb. «Das ist absurd und Zahlenmystik.»

Warnt vor "Zahlenmystik": Mecklenburg-Vorpommerns Kultusminister Mathias Brodkorb (SPD). Foto: Stefanie Link/Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern
Warnt vor „Zahlenmystik“: Mecklenburg-Vorpommerns Kultusminister Mathias Brodkorb (SPD). Foto: Stefanie Link/Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern

Brodkorb forderte, die Messlatte über ein bundesdeutsches Zentralabitur festzulegen. Brodkorbs Vorschlag für die Praxis: Für vier Ländergruppen sollten vergleichbare Abituraufgaben entwickelt werden. «Dann schreiben diese vier Ländergruppen zu verschiedenen Terminen das Abitur», sagte der Minister. Dadurch gebe es im Sommer wegen der Ferienzeiten keine Probleme auf den Autobahnen.

Die momentanen Abiturquoten seien nach Brodkorbs Einschätzung deutschlandweit so nicht aufrechtzuerhalten. «Wenn heute viel mehr Schüler auf dem Gymnasium sind als vor zehn Jahren, auch mehr leistungsschwächere, dann können es eben nicht alle schaffen.» Es könne niemandem etwas geschenkt werden, auch weil dadurch die Leistungen derer, die sich erfolgreich anstrengen, entwertet würden. Erste Schritte zu einem einheitlicheren Abitur hatten die Kultusminister im Juni vereinbart. Von 2017 an können alle Länder einen gemeinsamen Aufgabenpool nutzen – sie müssen es aber nicht.

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Beifall kam von der CDU. Der mecklenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg begrüßte Brodkorbs Äußerungen. «Endlich erkennen auch die Sozialdemokraten, dass in den letzten Jahren erhebliche Fehler in der Schulpolitik begangen wurden», sagte Rehberg in Rostock. Statt Kontinuität und Ruhe im Schulsystem zu wahren und Leistungsstandards sowie Zugangsvoraussetzungen zu belassen, seien Zulassungsbeschränkungen abgeschafft und Urteile von Lehrern zu Empfehlungen abgewertet worden. «In der Folge sank das Niveau an den Gymnasien in unserem Land», sagte Rehberg. Die Mahnung des Ministers, Leistungsnormen beizubehalten und ein bundesweites Zentralabitur zu schaffen, sei hilfreich und gut. dpa

Zum Kommentar: Das Abitur wird verschenkt? Das wüsste ich aber …

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3 Kommentare
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xxx
8 Jahre zuvor

Beim bundesweiten Zentralabitur bin ich skeptisch, weil kein Bundesland schlechter wegkommen möchte als ein anderes. Daher werden sich die Kultusminister auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, was zu einer noch weiteren Nivellierung auf noch niedrigerem Niveau befürchten lässt.

Milch der frommen Denkungsart
8 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Es spricht durchaus für Herrn Brodkorb, dass sich solche Erkenntnis endlich auch bei einem SPD-Politi-ker Bahn gebrochen hat; die Nagelprobe wird freilich darin bestehen, ob und wie er diese Einsichten in seinem Lande politisch unterfüttert bzw. in die KMK einbringt.

mehrnachdenken
8 Jahre zuvor

Mit seiner begrüßenswerten – aber leider recht späten – Offenheit und Einsicht versetzt er der Bildungsideolgie der Sozis aber einen schmerzhaften Tritt vor das Schienbein.
Ich bin gespannt, wie seine Genossen darauf reagieren und ob er sich angesichts so viel Ehrlichkeit nicht selbst den Stuhl vor die Tür gesetzt hat.