Was sich an Bayerns Schulen zum neuen Schuljahr ändert

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MÜNCHEN. Zum anstehenden Ferienende stellte Bayerns Kultusminister Spaenle die Neuerungen zum kommenden Schuljahr vor. Das Projekt „Mittelstufe plus“ sorgt dabei für Spannung, besonders unter den Gymnasien. Mit zusätzlichen Klassen und Förderkursen will das Ministerium außerdem auf die steigende Zahl an Flüchtlingskindern reagieren. SPD und Lehrerverbänden geht das nicht weit genug.

Für Schüler und Lehrer beginnt das neue Schuljahr in Bayern am Dienstag mit etlichen Neuerungen. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) erläuterte am Freitag unter anderem, wie die Schulen auf die große Zahl von Flüchtlingskindern vorbereitet sind. Opposition, Gewerkschaft und Lehrerverband befürchten jedoch einen Personalmangel. Zu den Neuerungen gehört Spaenle zufolge auch die «Mittelstufe plus», bei der Schüler an Pilot-Gymnasien die Mittelstufe in vier statt in drei Jahren durchlaufen.

Auch Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle sieht die große Herausforderung im neuen Schuljahr darin, Flüchtlingskinder in den Schulalltag zu integrieren. Foto: Michael Lucan / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)
Auch Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle sieht die große Herausforderung im neuen Schuljahr darin, Flüchtlingskinder in den Schulalltag zu integrieren. Foto: Michael Lucan / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Tausende Flüchtlingskinder sind allein in den vergangenen Wochen in Bayern angekommen. Diese in den Schulalltag zu integrieren, bezeichnete Spaenle als «die große Herausforderung» im neuen Schuljahr. So hat das Ministerium an Grund- und Mittelschulen die Zahl der Übergangsklassen von 300 zu Beginn des vergangenen Schuljahres auf 470 erhöht. In den Erstaufnahmeeinrichtungen in München, Zirndorf, Deggendorf und Regensburg gibt es Deutschkurse für Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind – die Schulpflicht beginnt für Flüchtlingskinder drei Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland.

Zur Vorbereitung auf eine duale Ausbildung werden an Berufsschulen die Berufsintegrationsklassen erhöht – von 180 vor einem Jahr auf jetzt 440. «Ein bundesweit einzigartiges Programm», sagte Spaenle. Zudem werden 420 Stellen bereitgestellt, damit an Grund- und Mittelschulen Klassen mit vielen Flüchtlingen eher geteilt werden können. Insgesamt stünden Grund- und Mittelschulen 750 000 Euro zur Verfügung, um etwa nebenamtliche Mitarbeiter beschäftigen zu können.

Der Opposition gehen diese Maßnahmen nicht weit genug. Sie fordert bis zu 1000 zusätzliche Lehrer. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Martin Güll, geht davon aus, dass die Schulen schon nach wenigen Wochen «größte Personalprobleme» bekommen werden. Den Betrag von 750 000 Euro für Grund- und Mittelschulen bezeichnet Güll als «lächerlich». Vielmehr seien mehrere hundert Lehrer- und Personalstellen erforderlich. Güll zufolge müssten angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation 10 bis 20 Millionen Euro für Schulen zur Verfügung stehen.

Auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) beklagte eine unzureichende Personalausstattung der Schulen. Neben Lehrern fehlten vor allem Dolmetscher, Pädagogen und Psychologen. 2200 zusätzliche Planstellen bis 2018 fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) laut Mitteilung vom Freitag. «Die Flickschusterei in der bisherigen CSU-Schulpolitik muss ein Ende finden», sagte GEW-Geschäftsführerin Elke Hahn.

Für gespannte Erwartung unter Gymnasiallehrern sorgt das Projekt «Mittelstufe plus», das an 47 Pilot-Gymnasien startet. Schüler durchlaufen die Mittelstufe dort nun in vier statt in drei Jahren, so dass sich die Gymnasialzeit von acht auf neun Jahre verlängert. Nach einer zweijährigen Versuchsphase soll zum Schulbeginn 2017/18 eine Entscheidung über das Modell fallen, sagte Spaenle.

«Ich blicke mit hohen Erwartungen auf den Versuch. Denn er zeigt, dass viele Schüler und viele Schulen in einer neunjährigen Variante ein gutes Angebot sehen», sagte Max Schmidt, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands (bpv), der Deutschen Presse-Agentur. Der Verband würde allerdings lieber grundsätzlich zum G9 zurückkehren – und schnelleren Schülern eine um ein Jahr verkürzte Variante anbieten.

Insgesamt besuchen im Jahr 2015/16 knapp 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche die allgemeinbildenden Schulen sowie etwa 400 000 die Berufsschulen, bilanzierte Spaenle. Die Schülerzahlen seien weiterhin leicht rückläufig, wobei an Grund- und Mittelschulen «erstmals seit Jahrzehnten» eine leichte Zunahme zu verzeichnen sei.

Der bpv kritisierte jedoch, dass von 886 Bewerbern mit dem Fach Deutsch gerade einmal 65 an einem staatlichen Gymnasium angestellt worden seien. Dies entspreche einer Anstellungsquote von rund sieben Prozent. Schmidt hält das für fatal: Der Freistaat lasse hoch qualifizierte Lehrkräfte ziehen. Diese seien jedoch dafür prädestiniert, nach einer Nachqualifizierung «Deutsch als Zweitsprache» den Neuankömmlingen Deutschgrundlagen beizubringen. (dpa)

zum Bericht: Genug Personal für die vielen Flüchtlingskinder? In Bayern kocht der Ärger von Lehrern erstmals hoch

 

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