Der neue Bildungsplan macht Stoch immer mehr Ärger – aktuell das Thema Wirtschaft

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STUTTGART. Das Thema „Sexuelle Vielfalt“ hat die Debatte um den baden-württembergischen Bildungsplan stets überstrahlt. Vor zwei Wochen demonstrierten mehr als 5000 Menschen gegen eine «Sexualisierung unserer Kinder». Viele Lehrer, Eltern und Schüler treiben aktuell allerdings andere Bildungsplanthemen um – nämlich „Wirtschaft“ und Naturwissenschaften.

Unter Druck: Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch. Foto: Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)
Unter Druck: Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch. Foto: Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

Nach den Eltern nun die Lehrer: Bildungsgewerkschaften üben Kritik am Fach Wirtschaft im geplanten Bildungsplan 2016. «Wir wollen nicht, dass es als isoliertes Fach rüberkommt», sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, in Stuttgart. Das Thema Wirtschaft müsse in gesellschaftspolitische Zusammenhänge eingebettet werden. Darüber hinaus gibt es von Lehrern sowie Eltern Kritik an dem Fächerverbund «Biologie, Naturphänomene und Technik». Das Thema Sexuelle Vielfalt sehen die Verbände dagegen befriedet – im Gegensatz zu den Bildungsplangegnern.

Noch bis Ende der Woche können Verbände und Privatpersonen auch über das Internet Rückmeldungen zum geplanten Bildungsplan an das Kultusministerium geben. Der Plan soll im Herbst 2016 in Kraft treten. Er legt die Unterrichtsinhalte an den Schulen fest.

Eine große gesellschaftliche Debatte gab es um den Punkt Akzeptanz und Toleranz von sexueller Vielfalt im Bildungsplan, der sich als ein Grundgedanke in allen Fächern niederschlagen sollte. Mittlerweile geht es dem Kultusministerium in der Leitperspektive unter anderem auch um religiöse und kulturelle Vielfalt.
«Das Thema, das große Wellen geschlagen hat, ist jetzt eher zurückhaltend formuliert», sagte Moritz. «Da werden jetzt alle Kritiker zufrieden sein.» Die Lehrer hätten aber sehr wohl die Möglichkeit, das Thema umfassender zu behandeln. Auch der Landeselternbeirat und der Philologenverband äußern sich grundsätzlich zufrieden mit dem Punkt.

«Die Diskussion ist nicht beendet», sagte dagegen die Koordinatorin der «Demo für alle», Hedwig von Beverfoerde, für die Bildungsplangegner. Der Landesregierung gehe es nach wie vor um eine Gleichwertigkeit von verschiedenen Lebensformen. Das Aktionsbündnis fordere eine klare Präferenz für die klassische Familie und lehne «homosexuelle Handlungen» ab, sagte von Beverfoerde. Vor zwei Wochen waren mehr als 5000 Menschen in Stuttgart bei der «Demo für alle» gegen eine «Sexualisierung unserer Kinder» auf die Straße gegangen.

Streitpunkt für die Eltern- und Lehrerverbände ist hingegen in erster Linie das Fach Wirtschaft. «Wir halten es für unnötig», sagte der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Bernd Saur. Die bisherige Vermittlung der Themen sei in Gemeinschaftskunde und Geografie gut aufgehoben gewesen.

Bereits Ende vergangener Woche hatte der Landeselternbeirat die Ausrichtung des Faches Wirtschaft kritisiert. Der Schwerpunkt liege darauf, Schüler zu willigen Konsumenten zu erziehen. Die Gewerkschaften hatten sich in der Vergangenheit ebenfalls negativ geäußert. Der Landesschülerbeirat lobt dagegen die Einführung des Faches und verweist auf den Wunsch nach mehr Berufsorientierung schon während der Schulzeit.

Allerdings hat der Landesschülerbeirat Bedenken bei der Medienbildung. Es sei noch offen, wer die Medienbildung vermitteln könne und wie es beispielsweise mit der Ausstattung der Schulen aussehe, sagte die Vorsitzende Johanna Lohrer. Der Landeselternbeirat fordert mehr Medienbildung auch schon in der Grundschule.
Kritisch sehen Philologenverband und Landeselternbeirat zudem den Fächerverbund «Biologie, Naturphänomene und Technik». «Ein Mathelehrer gibt Mathe und nicht ein Sportlehrer», sagte der Vorsitzende des Landeselternbeirates, Carsten Rees. Es fehle in einem solchen Fall in einzelnen Bereichen schlicht an Fachkompetenz.
Im Frühjahr 2016 sollen nach Angaben des Kultusministeriums die wesentlichen Ergebnisse der Anhörung im Internet präsentiert werden. Im April beginne die Einführung der Bildungspläne. Von Stefanie Järkel, dpa

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