Hochschulen: Die Exzellenzinitiative trägt Früchte – Doch wo bleibt die Lehre?

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BERLIN. Die von Bund und Ländern getragene Exzellenzinitiative hat die Spitzenforschung an deutschen Universitäten vorangebracht. Zu diesem Urteil kommt eine Bund-Länder-Kommission, die das vor zehn Jahren gestartete Milliardenprogramm einer Bewertung unterzogen hat. Für die Zukunft empfehlen die Experten eine weitere Fokussierung. Das sehen allerdings nicht alle Fachleute so. Parteien und Verbände beklagen indes die mangelnde Grundfinanzierung der Hochschulen.

Die Exzellenzinitiative für Spitzenforschung hat nach einem Experten-Gutachten so viel Dynamik an die Hochschulen gebracht, dass sie mit verbessertem Zuschnitt fortgesetzt werden sollte. Damit Deutschland «auf Augenhöhe mit den Besten» etwa in Großbritannien oder den USA gelangen könne, sei eine Verstetigung des bisher 4,6 Milliarden Euro teuren Förderprogramms notwendig, sagte der Vorsitzende der Bund-Länder-Kommission, Dieter Imboden. Als Anreiz brachte er frei verwendbare jährliche «Exzellenzprämien» von je 15 Millionen Euro für die zehn besten Unis nach einem Ranking ins Spiel.

Auch die Berliner Humboldt Universität erfährt Förderung im Rahmen der Exzellenz-Initiative. Foto: Rolf Handke / pixelio.de
Auch die Berliner Humboldt-Universität erfährt Förderung im Rahmen der Exzellenz-Initiative. Foto: Rolf Handke / pixelio.de

«Die deutschen Universitäten sind auf dem Weg, aber das Ziel ist noch weit», so Imboden bei der Präsentation des Gutachtens in Berlin. Es gebe noch «Baustellen» im deutschen Wissenschaftssystem, etwa bei der «fachlichen Differenzierung von Forschungsthemen» an den Unis oder bei der Steuerung durch die Hochschulleitungen. Für eine Fortschreibung der vor zehn Jahren gestarteten Exzellenzinitiative ab 2018 im jährlichen Umfang von «mindestens» 500 Millionen Euro solle den Hochschulen Zeit gegeben werden. Imboden schlug vor, die Laufzeit aller Projekte des aktuellen Programms bis Ende 2019 zu verlängern.

Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte, das Gutachten bestärke Bund und Länder, ihre Förderung fortzuführen. Nächste Woche werde es ein Treffen der Wissenschafts-Staatssekretäre geben, um Schlussfolgerungen zu ziehen: «Das geht jetzt schnell.» Bis zum Frühsommer könne eine Vereinbarung von Bund und Ländern für ein Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten stehen, um den nächsten Exzellenz-Wettbewerb in die Wege zu leiten. Zwar wolle man damit rasch vorankommen, doch «die Zeit, die notwendig ist, wird den Hochschulen gegeben», betonte Wanka.

Das Förderprogramm läuft Ende 2017 aus, ein neues soll sich bis 2028 anschließen. Die große Koalition plant für die dritte Runde mindestens vier Milliarden Euro ein sowie eine Milliarde für bessere Karrierewege jüngerer Wissenschaftler. Auch die Länder dürften einige hundert Millionen Euro zur nächsten Exzellenzinitiative beisteuern, Details werden nun auf Basis des Gutachtens verhandelt.

Imboden lobte besonders die Leistungen seit 2006 in den (derzeit 43) Forschungsclustern. Eine Förderlinie «Exzellenzcluster II» solle aber «risikofreudiger» sein, mit längerer Laufzeit von sieben bis acht Jahren. Auch die prestigeträchtigen «Zukunftskonzepte» an (bisher elf) Spitzenhochschulen sollten weiterentwickelt werden, und zwar in einem Leistungswettbewerb für «Exzellenzprämien». Der Schweizer Wissenschaftsmanager sagte: «Habt den Mut, die zehn besten Universitäten in Deutschland mit einem speziellen Bonus zu versehen.» Dagegen solle die dritte Förderlinie – Graduiertenschulen für wissenschaftlichen Nachwuchs – beendet werden.

DFG-Präsident Peter Strohschneider äußerte sich erfreut und betonte: «Mit Nachdruck unterstreichen wir das klare Votum der Kommission, dass die Auswahl der zu fördernden Projekte der Spitzenforschung „ausschließlich auf der Basis von deren wissenschaftlicher Exzellenz erfolgen“ soll.»

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, lobte die flexible Gestaltung der empfohlenen Exzellenzcluster II: «Sie ermutigt zur Bildung von Spitzenverbünden rein nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit der Beteiligten.»

Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates Manfred Prenzel hat indes davon abgeraten, die Zahl der bisher elf sogenannten Elite-Universitäten stark zu reduzieren. «Ich würde sehr vorsichtig sein, hier mit einer festen Zahl ins Gespräch zu gehen», sagte er im Deutschlandradio Kultur. Es könne mehr als fünf, sechs oder sieben herausragende Universitäten in Deutschland geben.

Der Grünen-Experte Kai Gehring würdigte die Exzellenzprämie als «klugen und weiterführenden Vorschlag». Förderung auf zwei bis fünf Spitzenstandorte zu verengen, sei genauso falsch wie Mittel mit der Gießkanne zu vergeben. Der SPD-Politiker Hubertus Heil stimmte dem Bericht im Grundsatz zu, meinte jedoch: «Ob das Prämienmodell hinreichend ist, um mehr Exzellenz und mehr Dynamik zu entfachen als der bewährte Konzeptwettbewerb, werden wir prüfen. Es bestehen aber Zweifel.» Nicole Gohlke von der Linken: «Was der Imboden-Bericht (…) verschweigt, sind die teilweise unerträglichen Zustände an Hochschulen, ausgelöst durch die mangelnde Grundfinanzierung.»

Aus Sicht der Bildungsgewerkschaft GEW sei die Sicherstellung der Grundfinianzierung der Hochschulen derzeit «wichtiger, als sich jetzt etwas Neues für die Exzellenzinitiative auszudenken». Dabei könne und müsse auch der Bund die Länder unterstützen. 2020 greife die Schuldenbremse, spätestens dann müssten Bund und Länder ein entsprechendes Konzept für die deutschen Unis haben. (Werner Herpell, Ursula Mommsen-Henneberger, dpa

• zum Bericht: GEW fordert mehr Grundfinanzierung statt Exzellenz an Unis
• zum Bericht: „Die Koalition hält Wort“: Bundesregierung will Flut von Zeitverträgen an Unis per Gesetz eindämmen

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1 Kommentar
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xxx
8 Jahre zuvor

Wenn ich es richtig im Kopf habe, entscheiden konkrete Forschungsprojekte darüber, ob eine Universität zur Exzellenzuniversität erhoben wird oder nicht. Projekte aus den Naturwissenschaften und Medizin sind dabei überdurchschnittlich häufig vertreten, philosophische Disziplinen (Sprachen, Geschichte, Psychologie usw.) deutlich seltener und damit genau die Fachgebiete, an denen die Studienbedingungen die schwierigsten sind. Forschungsergebnisse aus der Experimentalphysik machen mehr Eindruck als die aus der Psychologie oder den Sprachen.