Sanierungsstau in Milliardenhöhe: Städtetag kritisiert die Schulbauförderung von Grün-Rot

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STUTTGART. Wer ist zuständig für die Bildungsfinanzierung – Kommune oder Land? Etwa bei Schulsozialarbeit, Ganztagsschulen und Kita-Betriebskosten unterstützt das Land die Kommunen erheblich. Doch bei der Schulbauförderung fühlen die Schulträger sich im Stich gelassen. Das äußern sie jedenfalls publikumswirksam fünf Tage vor der Landtagswahl.

Am Sonntag wird in Baden-Württemberg gewählt, und der Städtetag und die FDP fordern angesichts eines Sanierungsstaus von drei bis vier Milliarden Euro bei den Schulgebäuden im Ländle eine Korrektur der Schulbauförderung. Das Land müsse seine Förderkriterien überarbeiten, von denen derzeit vor allem Gemeinschaftsschulen profitierten, verlangten der Kommunalverband und die Liberalen unter Hinweis auf neue Zahlen des Kultusministeriums.

Förderfähig sind derzeit schulische Um-, Neu- und Erweiterungsbauten. Das Land gibt dem Schulträger einen Regelzuschuss in Höhe von 33 Prozent des als förderfähig anerkannten Bauaufwands. Die Kommunen beklagen aber den maroden Zustand der jahrzehntelang intensiv genutzten Gebäude wie etwa des Schulzentrums in Schriesheim und wünschen sich auch Landeshilfe bei der Modernisierung und Sanierung. «Die Schulbaumodernisierung ist für den Städtetag eines der Hauptthemen in den nächsten Jahren», betonte Bildungsdezernent Norbert Brugger.

Nach den von der FDP erfragten Zahlen des Kultusministeriums stammen 33,5 Prozent der 2015 gestellten Anträge von Gemeinschaftsschulen. Gymnasien kamen mit 9,0 Prozent, Realschulen mit 9,7 Prozent und die Haupt-/Werkrealschulen mit 3,0 Prozent auf deutlich geringere Anteile. Auch bei den vom Kultusministerium bewilligten Zuschüssen zeigt sich ein Vorrang der Gemeinschaftsschule: 25,1 Prozent oder 1,514 Millionen Euro bekamen Gemeinschaftsschulen, 17,8 Prozent oder 1,07 Millionen Euro Gymnasien. Realschulen (13 Anträge) und Haupt-/Werkrealschulen (vier Anträge) gingen nach der Aufstellung leer aus. Gut bedacht werden hingegen die Grundschulen.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und der liberale Schulexperte Timm Kern sprachen von für die Gemeinschaftsschule maßgeschneiderten Förderregeln. Denn diese könnten einen Umbau geltend machen, für den eine Grundrissänderung aus «zwingenden schulischen Gründen» Voraussetzung sei – dies war die wesentliche Neuerung in der Anfang 2015 überarbeiteten Förderrichtlinie. «Da brauchen die Gemeinschaftsschulen nur auf ihr pädagogisches Konzept zu verweisen, das eine neue Raumaufteilung nötig macht», erläuterte Kern. Die Opposition moniert seit langem, dass Grün-Rot die von ihr eingeführte Gemeinschaftsschule privilegiert.

«Die dringende Bitte der Kommunen, das Land möge sich am Abbau des bereits unter den Vorgängerregierungen entstandenen Sanierungsstaus finanziell beteiligen, ist uns bekannt», betonte ein Sprecher des Kultusministeriums. Das Land sei für den Stau aber nicht verantwortlich. Minister Andreas Stoch (SPD) teilte mit: «Wir haben den Hilferuf gehört. Über diese und weitere Fragen der Finanzierung kommunaler Bildungsausgaben wollen wir in der neuen Legislaturperiode sprechen und einen weiteren Pakt mit den Kommunen anstreben.»

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf betonte, die technischen Voraussetzungen für einen modernen Unterricht mit Interneteinsatz müssten geschaffen werden. «Hierzu schlage ich einen Pakt zur Schulraummodernisierung mit den Kommunen vor, in dem wir auf Augenhöhe ein gemeinsames Investitionsprogramm vereinbaren.»

Das Land darf aus Sicht des Städtetages nicht weiter die Augen vor den finanziellen Notwendigkeiten verschließen, um die neuen Bildungspläne für allgemein bildende Schulen ab dem Schuljahr 2016/17 umzusetzen. Als Beispiel nannte Dezernent Brugger die darin vorgesehene «Leitperspektive Medienbildung», also den Medieneinsatz in allen Klassenstufen und Fächern. Er schätzt die Kosten für die Internetausstattung in den Klassenräumen auf insgesamt mehrere Hundert Millionen Euro. «Das Land steht in der Pflicht, die Kommunen bei dieser Zukunftsaufgabe zu unterstützen.»

Fraktionschef Rülke schlug ein Schulbausanierungsprogramm in Höhe von jährlich 100 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich vor, flankiert durch 200 Millionen Euro der kommunalen Schulträger. «Dann wäre der Sanierungsstau in zehn Jahren abgebaut.» dpa

Zum Bericht: Wahl in Baden-Württemberg – Die Parteien zur Bildung

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