„Historischer Inklusionsfrieden“ im Nordosten – aber nicht alle gehen mit

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SCHWERIN. Der mecklenburgische Landtag hat das gemeinsame Konzept von SPD, CDU und Linken für die Inklusion an den Schulen gebilligt. Nach 26 Jahren gebe es damit im Land erstmals einen Grundkonsens in der Schulpolitik jubiliert Bildungsminister Brodkorb. Für eine funktionierende Inklusion fehle den Schulen aber auch in Zukunft das Personal, kritisieren die ebenfalls im Landtag vertretenen Grünen.

Kinder mit zusätzlichem Förderbedarf sollen verstärkt im regulären Schulbetrieb integriert werden, auf Wunsch der Eltern aber auch künftig besondere Förderschulen besuchen dürfen. SPD, CDU und Linke bekannten sich im Schweriner Landtag ausdrücklich zu ihrem gemeinsamen Kurs. Erstmals seit der deutschen Einheit gebe es damit in der Schulpolitik Mecklenburg-Vorpommerns einen parteiübergreifenden Grundkonsens, der für viele Jahre hinweg Sicherheit gebe. «Dieser Inklusionsfrieden ist historisch», betonte Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) in der Debatte zur Inklusionsstrategie des Landes bis 2023.

Sicherheit bis 2023 erhofft sich Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Brodkorb von dem parteiübergreifenden Konsens zur Inklusionsstrategie des Landes. Foto: Stefanie Link/Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Sicherheit bis 2023 erhofft sich Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Brodkorb von dem parteiübergreifenden Konsens zur Inklusionsstrategie des Landes. Foto: Stefanie Link/Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

In Mecklenburg-Vorpommern besuchten zuletzt etwa zehn Prozent der Schüler eine Förderschule, im Bundesdurchschnitt waren es gut sechs Prozent. Die UN-Behindertenrechtskonvention zielt darauf, möglichst alle Schüler in ein einheitliches Schulsystem zu integrieren und dafür Barrieren abzubauen. Brodkorb warnte vor den Folgen eines zu radikalen Schulumbaus. «Wir haben uns ganz bewusst für eine Inklusion mit Augenmaß entschieden, denn Inklusion soll funktionieren», sagte er. Inklusives Lernen müsse Schritt für Schritt umgesetzt werden und könne «nicht auf Biegen und Brechen erfolgen», sagte auch der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardt.

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Die Grünen, die sich aus dem Konsensmodell aller vier demokratischen Fraktionen verabschiedet hatten, erneuerten ihre Kritik an einer unzureichenden Personalausstattung. «Jedes Modell ist hinfällig, wenn die Schulen dafür nicht genügend Personal erhalten», sagte die Grünen-Abgeordnete Ulrike Berger. Sie forderte 300 weitere Stellen und damit eine Verdopplung der von Brodkorb für die Inklusion angekündigten 240 Extrastellen. Nach Meinung Bergers reichen auch die für bauliche Veränderungen an Schulen bereitgestellte Zusatzmittel nicht aus. So sollten unter anderem aus einem EU-Förderprogramm über mehrere Jahre hinweg insgesamt 15 Millionen Euro bereitgestellt werden. «Aber allein der Bau einer inklusiven Schule in Greifswald kostet 17 Millionen Euro», sagte Berger.

Die Linke-Abgeordnete Simone Oldenburg hingegen sprach von einem guten Ergebnis für Kinder, Eltern und Lehrer. Insbeondere die Sicherung der Schulwahl sei wichtig. «Niemand darf Eltern vorschreiben, was das beste für ihre Kinder ist», sagte sie. Die vereinbarte langfristige Strategie lege die Grundlagen für ein landesweites, flächendeckendes und zuverlässiges gemeinsames Lernen. Mit der Einrichtung zusätzlicher Lerngruppen für verhaltensauffällige Kinder würden für solche Schüler und auch für Lehrer bessere Bedingungen für eine inklusiven Beschulung geschaffen.

• zum Bericht: Mecklenburg-Vorpommern legt Strategie zur Inklusion vor – Förderschulen lernen sollen geschlossen werden
• zum Bericht: Zweifel an Inklusionskonzept – Grüne kündigen Schulfrieden in Mecklenburg-Vorpommern auf

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