In staatlich anerkannter Sekten-Schule Kinder systematisch geprügelt? „Lehrerin“ wegen massiver Gewalt-Vorwürfe vor Gericht

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AUGSBURG. Bei der Sekte «Zwölf Stämme» wurden reihenweise Kinder geprügelt – offenbar auch in der Schule der Gemeinschaft, die mit Erlaubnis des bayerischen Kultusministeriums betrieben wurde. Ein Opfer sieht die Gewalt als Methode an, um die Kinder gefügig und willenlos zu machen. Einer „Lehrerin“ der Sekte droht nun Gefängnis. 

Bei den "Zwölf Stämmen" wurden Kinder offenbar systematisch geprügelt. Foto: micagoto / flickr (CC BY-NC 2.0)
Bei den „Zwölf Stämmen“ wurden Kinder offenbar systematisch geprügelt. Foto: micagoto / flickr (CC BY-NC 2.0)

Nach den Prügelvorwürfen gegen Mitglieder der «Zwölf Stämme» haben Zeugen vor dem Landgericht Augsburg gegen eine „Lehrerin“ der Sekte ausgesagt. Die angeklagte 56-Jährige sei besonders streng gewesen und habe Kinder heftig geprügelt, berichteten zwei inzwischen erwachsene Geschwister am Mittwoch. Die junge Frau und ihr Bruder wuchsen in der Sekte auf und sind inzwischen ausgestiegen. Beide haben nach eigenen Angaben psychische Probleme aufgrund der erlittenen Gewalt.

Die 56-Jährige durfte in der Sektengemeinschaft im nordschwäbischen Klosterzimmern als Lehrerin arbeiten, obwohl sie keine entsprechende Ausbildung hat. Sie wird der Misshandlung von Schutzbefohlenen beschuldigt. Sie hatte zugegeben, regelmäßig Schüler gezüchtigt zu haben. Die «Zwölf Stämme» sehen Rutenschläge als übliche Erziehungsmethode für Kinder bis ins Jugendalter an.

Das Amtsgericht Nördlingen hatte die Erzieherin zu zweieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Die Jugendschutzkammer des Landgerichts muss in dem Berufungsprozess dieses Urteil überprüfen und hat fünf weitere Verhandlungstage bis Juni eingeplant. Ursprünglich hatte das Gericht nur zwei Termine vorgesehen. Bereits mehrere Mitglieder der Sekte wurden verurteilt, weil sie Kinder geprügelt haben, allerdings zu deutlich geringeren Strafen.

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Die 21 Jahre alte Zeugin sagte vor Gericht, dass sie als Grundschülerin geschlagen worden sei, weil sie schlecht habe lesen können. Dabei habe sie eine starke Sehschwäche und erst später eine Brille erhalten. In der Sekte habe jeder die Kinder schlagen dürfen, sagte sie, betonte jedoch: «Die Angeklagte war eine der Heftigsten.»

Der zwei Jahre ältere Bruder der Zeugin äußerte sich ähnlich über die Lehrerin: «Sie ist ultrastreng, schlägt bei jeder Gelegenheit, man hat nur Angst.» Bei der Sekte sei die Prügelstrafe Methode gewesen, um Kinder gefügig und willenlos zu machen, so der Zeuge. Das bayerische Kultusministerium hatte den «Zwölf Stämmen» jahrelang den Betrieb einer eigenen Schule genehmigt.  dpa

Zum Bericht: Prügel als Erziehungsmethode – Lehrer der Urchristen-Sekte «Zwölf Stämme» verurteilt

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