Diskussion um Besuch von NPD- und AfD-Politiker an Rostocker Schule

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ROSTOCK. Mit Rechtsextremisten über Rechtsextremismus reden: Im Rahmen eines Wahlpflichtkurses luden Rostocker Schüler auch zwei, wegen Volksverhetzung verurteilte Politiker von AfD und NPD zu Interviews ein. Dafür muss die Schule nun viel Kritik einstecken.

NPD- und AfD-Politiker, die in der Schule über Rechtsextremismus sprechen: Klingt nach einem gewagten Experiment? Doch genau so haben es sich nach Angaben der betroffenen Schule Schüler eines Rostocker Gymnasiums gewünscht. Im Rahmen eines Geschichtsprojekts luden Neuntklässler des Innerstädtischen Gymnasiums die umstrittenen Gesprächspartner in die Schule ein und sorgten damit für viel Wirbel. Publik geworden war der Fall durch einen Bericht der «Ostsee-Zeitung» (Donnerstag).

Wie weit darf der Umgang mit Rechtsextremismus an der Schule gehen? Das Geschichtsprojekt des Innerstädtischen Gymnasium Rostock hat eine Diskussion angefacht. Foto: VGSchunke / Wikimedia Commons (gemeinfrei)
Wie weit darf der Umgang mit Rechtsextremismus an der Schule gehen? Das Geschichtsprojekt des Innerstädtischen Gymnasiums Rostock hat eine Diskussion entfacht. Foto: VGSchunke / Wikimedia Commons (gemeinfrei)

Neben dem Landtagskandidaten Holger Arppe von der Alternative für Deutschland (AfD) haben die Jugendlichen auch den NPD-Abgeordneten David Petereit interviewt. Beide Politiker sind bereits wegen menschenfeindlicher Äußerungen aufgefallen. Der Ex-AfD-Landeschef Arppe wurde im vergangenen Jahr wegen Volksverhetzung verurteilt, ebenso wie Petereit. Beide gingen dagegen vor. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

«Diese Einladungen waren verantwortungslos», sagt die Bildungsexpertin der Linken, Simone Oldenburg. Politische Ansichten ausgewogen zu vermitteln, sei zwar wichtig, aber das ginge nicht, «wenn zwei Hetzer eingeladen werden». «Vor allem der Besuch der NPD ist inakzeptabel – das ist eine rechtsextremistische, demokratiefeindliche Partei», sagte Oldenburg.

«Die Interviews fanden jeweils in zwei Zweier-Gruppen im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts zum Thema Rechtsextremismus am Nachmittag statt und nicht während der Geschichtsstunde vor einer Klasse», erklärt der Schulleiter des Gymnasiums in Rostock, Thomas Döring. Bei den beiden durchaus kritischen Streitgesprächen sei immer der verantwortliche Lehrer des Projekts dabeigewesen.

Als Schulleiter sei er natürlich informiert gewesen, dass die vier Schüler der beiden Gruppen NPD- und AfD-Politiker einladen wollten. Dass es sich dabei um Arppe und Petereit handelte, habe er nicht gewusst. «Das ist natürlich sehr bedauerlich, wie sich das jetzt entwickelt», sagt Döring.

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Die Kritik an den Einladungen könne er zum Teil nachvollziehen. Viele seiner Schüler dagegen nicht. «Ich habe mit einer elften Klasse darüber geredet. Die fragten, wie man sich außer durch Konfrontation mit den Parteien sonst mit dem Thema auseinander setzten soll.»

Rechtlich sei es nicht untersagt, politische Vertreter in den Schulunterricht einzuladen, teilt das Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern mit. Besondere Regelungen für Politiker von NPD und AfD gebe es nicht. «Dennoch ist es sehr, sehr ungewöhnlich», sagt Sprecher Henning Lipski.

Über Rechtsextremismus in der Schule direkt mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Politikern zu sprechen, ist nach Ansicht des Landesschülerrats keine gute Idee. «Dafür sind Lehrer zuständig, die neutral und sachlich über das Thema aufklären», sagt der Vorsitzende Benjamin Braun.

Dem stimmt auch der Politikwissenschaftler Christian Zimmermann von der Universität Siegen zu. «Auf der einen Seite ist es gut, einen demokratischen Unterricht zu führen. Aber bei diesen beiden Gesprächspartnern hätte ich als Lehrer trotzdem interveniert – vor allem bei der NPD», sagt der Experte. Bei der AfD könne man sich streiten.

«Die AfD ist nicht zuletzt wegen ihrer jüngsten Wahlerfolge ein gesellschaftliches Phänomen», sagt Zimmermann. Weil die Parteiströmungen sehr heterogen seien, müsse man genau darauf achten, ob und wen man einlade. (Aleksandra Bakmaz, dpa)
• zum Bericht: Höcke: Zu radikal für den Schuldienst? – Überhaupt: Wie extrem darf ein Lehrer öffentlich auftreten?
• zum Bericht: Wie neutral muss ein Lehrer sein? Bonner Schüler kämpfen gegen Burschenschafts-Pädagogen

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Holger Arppe
7 Jahre zuvor

Die Presseberichte sind arg verzerrend und vor allem reißerisch bis dorthinaus. Ich habe zu diesem „Eklat“ eine persönliche Stellungnahme verfasst und diese den Medien sowie dem Schweriner Bildungsministerium zur Kenntnis gebracht. Es scheint mir absolut lächerlich, wenn linke Politiker ein Wahlrecht für 16-jährige Jugendliche fordern, dann aber postulieren, diese wären nicht in der Lage, sich mit politischen Parteien und deren Inhalten adäquat auseinanderzusetzen. Siehe hier: https://derausguck.wordpress.com/2016/06/09/der-sturm-im-wasserglas-oder-ein-denkwuerdiger-besuch-im-innerstaedtischen-gymnasium-zu-rostock/

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor
Antwortet  Holger Arppe

Hallo Herr Arppe, hier in diesem Forum finden sich in aller Regel studierte und damit hinreichend intelligente Menschen. Es wäre daher nett, wenn sie uns nicht dahin gehend beleidigen, indem sie mit dümmlichen Aussagen zur Lügenpresse kommen, mit Hinweisen zum armen missverstandenen Herrn Gauland (der in meinen Augen einfach nur ein alter frustrierter und rassistischer Opa ist, der mit der Welt nicht mehr klarkommt) oder mit der indoktrinierten Jugend. Nein, unsere Jugend ist nicht indoktriniert, die hat nur in weiten Teilen von ihren Eltern und Lehrern eine Erziehung zu anständigen Menschen mit Empathie und Mitgefühl bekommen.
Achja, und nein, wähle nicht „links“ und ich halte von der sozialdemokratischen oder linken Bildungspolitik wirklich gar nichts. Nur so vorsichtshalber, ehe ich auch ganz schnell in der SED-Ecke lande.

Aber vermutlich können sie ohnehin eher wenig Qualifiziertes zu den hier relevanten bildungspolitischen Themen beitragen, sonst würden sie nicht „erschreckt“ sein, dass nicht jeder Neuntklässler Heinrich Heine und sein Werk kennt.

realo
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Unsere Jugend genießt „eine Erziehung zu anständigen Menschen mit Empathie und Mitgefühl?“
Ist das Ihre Erfahrung als Lehrer/in?
https://www.news4teachers.de/2016/05/immer-mehr-tyrannenkinder-warum-viele-eltern-bei-der-erziehung-versagen-eine-streitschrift/

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor
Antwortet  realo

Realo, wer lesen kann ….
Ich schrieb, unsere Jugend genießt „in weiten Teilen“ eine solche Erziehung. Es ist immer eine Minderheit in der Klasse, die völlig unerzogen ist, und es werden sicher tendenziell mehr. Aber man sollte grundsätzlich nicht von Einzelfällen auf die Gesamtheit schließen. Das ist meine völlig ernst gemeinte Erfahrung als Lehrer!

realo
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Nein, von Minderheiten auf die Gesamtheit zu schließen, ist sicher nicht richtig. Das habe ich auch nicht getan. „Wer lesen kann…“
Mir ging es um die Erziehung. Wenn auch Sie sagen, dass es tendenziell immer mehr unerzogene Kinder gibt, dann liegt doch hier der Hase im Pfeffer.

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Unsere Diskusion beginnt, wenig zielführend zu werden. Mein Ansatz bezog sich auf folgende Sätze des (wegen Volksverhetzung verurteilten) AfD-Politikers: „Beherrschende Themen sind natürlich die Flüchtlingsproblematik, der Islam und der Multikulturalismus gewesen. Irritierend fanden wir, wie indoktriniert unsere Jugend in Bezug auf diese Dinge ist und ergo Mühe hat, für andersartige Meinungen ein adäquates Verständnis aufzubringen.“

Dem halte ich entgegen, dass es sich nicht um Indoktrinierung handelt, sondern das ein großer Teil unserer Jugend eine Erziehung zu bestimmten Werten genießt. Viele unserer Jugendlichen haben eine Grundanständigkeit, Empathie und Mitgefühl und daher in der Tat Schwierigkeiten, für die AfD-Argumentation Verständnis aufzubringen.

Ob und in wie weit unsere Jugend im Allgemeinen gut erzogen ist, gehört hier so nicht her.

Pälzer
7 Jahre zuvor

Ich vermisse eine Information, wie die Veranstaltung verlief und welche Eindrücke die beiteligten Schüler am Ende hatten. Hier und beim Thema „Bundeswehr“ macht die „Linke“ allerdings den Eindruck, als wolle sie grundsätzlich verhindern, dass andere Meinungen als ihre eigene den Schülern im Original überhaupt begegnen.
Auch ich fände es problematisch, wenn rechtsgerichtete Erwachsene den Jugendlichen ohne Beisein von Lehrern und damit ohne mögliche Gegendarstellung ihre Weltsicht darlegen können. Aber war das denn der Fall? Gab es keinen Lehrer im Saal, der nötigenfalls „Halt“ rufen oder kritisch rückfragen konnten? Das würde mich sehr wundern.

Holger Arppe
7 Jahre zuvor

Werter Küstenfuchs, außer persönlichen Angriffen haben Sie ja nicht viel zu bieten. Ihre Dünkelhaftigkeit gegenüber vermeintlich weniger gebildeten Zeitgenossen ist hoffentlich nicht repräsentativ für dieses Forum hier. Ich kenne zudem sehr viele Menschen, die nicht studiert haben und dennoch sehr intelligent sind. Es ist nicht zuletzt auch diese selbstgefällige Arroganz von sich moralisch höherstehend wähnenden Leuten, die den gesellschaftlichen Diskurs vergiftet.

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor
Antwortet  Holger Arppe

Herr Arppe, ich helfe gerne in elementarer Logik. Meine Aussage lautete (verkürzt):
Die meisten haben studiert und sind daher hinreichend intelligent. (studiert -> intelligent)
Daraus kann man logisch schließen: Wer nicht hinreichend intelligent ist, hat nicht studiert. (nicht intelligent -> nicht studiert)
Man kann logisch daraus nicht schließen: Wer nicht studiert hat, ist nicht intelligent.

Und ich möchte widersprechen: Der gesellschaftliche Diskurs wird vergiftet durch die AfD mit ihrer medialen Taktik, rassistische oder fremdenfeindliche Sprüche rauszuhauen und dann hinterher alles auf die Lügenpresse zu schieben oder mit an Dümmlichkeit kaum zu überbietenden Ausreden zu kommen („Ich bin auf der Maus ausgerutscht“, „Ich kenn mich mit Fußball nicht aus“).
Der politische Diskurs wird vergiftet durch die Arroganz der AfD, die immer behauptet, für „das Volk“ zu sprechen, was nirgendwo mit Fakten belegt ist.
Der politische Diskurs wird vergiftet durch die AfD, die sich nicht in der Lage sieht, zwischen einer Religion, der großen Mehrheit der Gläubigen und Fanatikern zu unterscheiden.

Und das ist dann in der Tat entweder weniger intelligent oder moralisch tiefer stehend.

m. n.
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Was ist von den anderen Parteien und deren Sprüchen schon belegt? Bei denen liegt nur keiner so auf der Lauer wie bei der AfD, um Stellen zu überschäumender Empörung und Kritik zu finden.
Mir geht dieses AfD-Bashing nur noch auf die Nerven. Ich finde es weder überlegen in der Intelligenz noch in der Moral.

Bernd
7 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

AfD-Bashing? Wer tritt denn hier dauernd mit kruden Aussagen und die Gesellschaft spaltender Programmatik in die Öffentlichkeit? Und dazu soll man dann nichts Kritisches sagen dürfen? Was für Vorstellungen haben Sie von einem demokratischen Diskurs? Wer austeilt, muss auch einstecken können.

Reni
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Hier heißt es nur „verbale Entgleisung eines Lehrers“, obwohl ich die Form und das Ausmaß dess Hasses und der Hetze eines Lehrers gegen die AfD unglaublich finde.
Was hat das noch mit höher stehender Intelligenz und Moral zu tun oder einer „Erziehung zu anständigen Menschen“?
http://www.freiewelt.net/nachricht/verbale-entgleisung-eines-lehrers-10067340/

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

Was hat diese Quelle argumentativ mit den vorhergehenden Meinungsäußerungen zu tun?
Eine Quelle übrigens, die mit dem dümmlichen „Rechtsstaat, nicht Sharia“-Banner wirbt und daher nicht wirklich Ernst genommen werden kann.

Reni
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

„Rechtsstaat, nicht Sharia“ wünsche ich mir auch und diese Forderung finde ich überhaupt nicht dümmlich. Viel zu oft wird in orthodoxen Kreisen auch bei uns noch nach der Sharia geurteilt und gehandelt.
Nichts davon mitbekommen?
Ich schätze, dass sich sogar die weitaus meisten Muslime wünschen, in Deutschland würde mit der Scharia endlich Schluss gemacht.
Sie brauchen ja nicht ernst zu nehmen, aber urteilen Sie nicht für andere, was ernst genommen werden kann und was nicht.
Außerdem: Mir ist durchaus klar, was diese Quelle argumentativ mit Ihren vorhergehenden Meinungsäußerungen zu tun hat.

In Dänemark gab es übrigens eine mehrteilige TV-Dokumentation, die hohe Wellen schlug und für heiße Diskussionen über die Scharia sorgte. Vielleicht lesen Sie mal darüber und urteilen dann über das ach so dümmliche Banner “Rechtsstaat, nicht Sharia”.

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4939493/Imam-in-Daenemark_Frauen-mussen-zu-Tode-gesteinigt-werden

Küstenfuchs
7 Jahre zuvor

1. „Außerdem: Mir ist durchaus klar, was diese Quelle argumentativ mit Ihren vorhergehenden Meinungsäußerungen zu tun hat.“ Aber ich sage es nicht? Das ist Kindergartenniveau!

2. „Sie brauchen ja nicht ernst zu nehmen, aber urteilen Sie nicht für andere, was ernst genommen werden kann und was nicht.“ Doch, wenn es so dummes Zeug ist, tue ich das.
Schließlich gibt es auch Menschen, die denken, das Universum wurde von einem großen, grünen Monster ausgeniest und sie haben Angst vor dem Tag, an dem das große, weiße Taschentuch kommt. Das ist ähnlicher Unfug.

3. Es ist schlicht dummes Zeug zu behaupten, die Sharia hätte in Deutschland flächendeckend eine Bedeutung. Da hilft auch kein Zitat eines Imans aus Dänemark oder die Auflistung von Einzelfällen. Diese dienen nur dazu, Ängste vor (in aller Regel schutzbedürftigen) Flüchtlingen zu schüren, eine tatsächliche Relevanz haben sie nicht.
Das ist in meinen Augen eine perfide, ekelhafte und menschenverachtende Handlungsweise.

dixo
7 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Zum letzten Satz, dem Höhepunkt Ihres Kommentars:
„Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.“