Gastkommentar zum Ramadan: Nichts essen, nichts trinken, nichts lernen

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Von Carolin Nieder-Entgelmeier, Neue Westfälische (Bielefeld)

BIELEFELD.  Immer dann, wenn eine Debatte um religiöse Rituale entfacht wird, ist die Auslegung dieser Rituale entscheidend. Das gilt besonders für islamische Traditionen, wenn bei Differenzen sowohl die Fürsprecher als auch die Kritiker mit dem Koran argumentieren. So auch beim Thema Fasten. Am 6. Juni hat der muslimische Fastenmonat Ramadan begonnen. Bis zum 7. Juli essen und trinken viele Muslime nur vor und nach dem Sonnenuntergang. Ausgenommen davon sind beispielsweise Alte und Kranke sowie schwangere und stillende Frauen. Auch hart arbeitende Menschen können auf das Fasten verzichten, ebenso wie Kinder. Doch trotz dieser Ausnahmeregelung registrieren immer mehr Pädagogen fastende Kinder.

Lehrer stellen fest, dass immer mehr Grundschüler währende des Ramadans fasten. Foto: Rajarshi Mitra / flickr (CC BY 2.0)
Lehrer stellen fest, dass immer mehr Grundschüler währende des Ramadans fasten. Foto: Rajarshi Mitra / flickr (CC BY 2.0)

Grundschullehrer berichten von Kindern, die ihren älteren Geschwistern nacheifern, aber auch von Eltern, die ihre Kinder zum Fasten zwingen. Grundschullehrer wenden sich deshalb besorgt an Gewerkschaften und Bezirksregierungen, denn wie so häufig, wenn Lehrer mit neuen Problemen konfrontiert werden, fehlen lange Zeit Handlungsrichtlinien. Die Pädagogen müssen selbst entscheiden, wie sie mit fastenden Kindern umgehen, um schulische und gesundheitliche Probleme zu verhindern.

Der Ramadan führt jedes Jahrs aufs Neue zu Problemen, in diesem Jahr aber besonders, denn der Fastenmonat liegt zwar mitten im Sommer, jedoch noch vor den Ferien. Da sich der islamische Kalender nach dem Mondkalender richtet, verschiebt sich Ramadan immer um zehn Tage. Fasten während der längsten und heißesten Tage des Jahres stellt jedoch bereits Erwachsene vor Herausforderungen. Bei Kindern kann es nach Einschätzung von Kinderärzten sogar zu gesundheitlichen Folgeschäden führen. Und es benachteiligt sie deutlich in der Schule. Denn wer nichts isst und trinkt, der lernt auch nichts, weil die nötige Energie fehlt.

Schuld an der Misere sind Eltern, die ihre Kinder zum Fasten zwingen, aber auch islamische Verbände, die das Fasten unterschiedlich auslegen. Bezeichnend dafür ist die Stellungnahme des Zentralrats der Muslime. Auf Anfrage erklärt ein Sprecher: „Wenn Grundschüler mit dem Fasten beginnen, ist das achtungsvoll, aber keine Pflicht.“ Der Zusatz „achtungsvoll“ verspricht Anerkennung und erklärt, warum Eltern ihre Kinder zum Fasten bewegen und warum es Kinder gibt, die sogar freiwillig fasten.

Zum Bericht: Immer mehr Grundschüler fasten – VBE in Sorge

Zu unserer Rechtskolumne: Lehrer sind für die Gesundheit fastender Kinder im Ramadan verantwortlich

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