Sie prügelte Kinder mit der Rute: Horror-Lehrerin einer staatlich anerkannten Sekten-Schule muss ins Gefängnis

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AUGSBURG. Heftige Rutenschläge für störende Schüler gehören eigentlich der Vergangenheit an. Bei den «Zwölf Stämmen» sind solche Methoden aber nach wie vor aktuell. Eine Lehrerin der Sekte muss deshalb jetzt in Haft. Echte Reue erkannte das Gericht nicht.

Bei den "Zwölf Stämmen" wurden Kinder offenbar systematisch geprügelt. Foto: micagoto / flickr (CC BY-NC 2.0)
Bei den „Zwölf Stämmen“ wurden Kinder systematisch geprügelt. Foto: micagoto / flickr (CC BY-NC 2.0)

Sie hat Prügelstrafen verhängt, wenn ihre Schüler stotterten, schlecht vorlasen oder ihr Pausenbrot nicht essen wollten. Wer bei den unbarmherzigen Schlägen mit der Weidenrute zuckte, bekam noch mehr. Nun muss die 56 Jahre alte Lehrerin der Sekte «Zwölf Stämme» ins Gefängnis – als erstes Mitglied der umstrittenen Glaubensgemeinschaft.

Das Landgericht Augsburg verurteilt die Frau am Dienstag zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung und lässt sie noch im Gerichtssaal festnehmen. Weil die Sekte derzeit ins vermeintlich liberalere Tschechien umzieht, besteht nach Ansicht des Kammervorsitzenden Lenart Hoesch Fluchtgefahr. Der Angeklagten hält Hoesch vor, dass sie keine echte Reue gezeigt habe. Im Gegenteil hat die Frau zu Beginn des Prozesses ihr Tun damit gerechtfertigt, dass es zum Wohle der Kinder geschehen sei. Was sie tat, wusste sie genau: «Natürlich war das alles nicht erlaubt!», räumte sie ein.

Die gelernte Erzieherin arbeitete als Lehrerin

Bei den «Zwölf Stämmen» durfte die gelernte Erzieherin in der sekteneigenen Schule als Lehrerin arbeiten, obwohl ihr dafür die Qualifikation fehlte. Lehrer wurden vom Ältestenrat bestimmt. Das bayerische Kultusministerium hatte der Sekte jahrelang den Betrieb einer Schule offiziell genehmigt – an Kontrollen der Einrichtung hat es offensichtlich lange gefehlt. Die «Zwölf Stämme» sehen Rutenschläge als übliche Erziehungsmethode für Kinder vom Babyalter bis etwa 14 Jahre an. Die Sekte begründet dies damit, dass solche Züchtigungen in der Bibel gefordert würden.

Vor knapp drei Jahren wurde der Prügelskandal bekannt; die Polizei holte rund 40 Kinder aus der Sekte. Seitdem gab es eine Serie von Strafverfahren, auch gegen Eltern. Doch der Fall der 56-Jährigen ragt heraus. Einerseits, weil die Frau überwiegend als Lehrkraft auf die Jungen und Mädchen eingeprügelt hat. Andererseits hat sie nach Ansicht von Zeugen und auch des Gerichts besonders oft und besonders heftig zugelangt.

Ein Kind bis zu achtmal am Tag verprügelt

Bis zu achtmal am Tag habe es einen Schüler getroffen, erklärt der Richter. In Einzelfällen habe es dann bis zu 30 Rutenschläge am Stück gegeben. Manche Opfer leiden bis heute darunter, was sie als Kind in der Sekte erlebt haben. Dass die Schläge nicht zur positiven Entwicklung junger Menschen beitragen, macht Hoesch klar: «Hierdurch wurde eine freie Willensbildung der Kinder unmöglich gemacht.»

In dem zweimonatigen Verfahren wurde deutlich, wie zerrissen das Verhältnis von früheren und noch aktuellen Mitgliedern der Sekte heute ist. Auf der einen Seite stehen Kinder, die in der Gemeinschaft groß geworden sind und sich inzwischen von der Gewaltlehre abgewandt haben. Diesen Aussteigern stehen junge Erwachsene gegenüber, die selbst mit Schlägen aufgewachsen sind – und diese Methoden immer noch als völlig normal ansehen.

So rechtfertigt die letzte Zeugin im Prozess die Schläge, die sie als Mädchen abbekommen hat: «Ich habe eingesehen, dass ich die Züchtigung brauche.» Es habe ja «klare Regeln» gegeben. Wenn ein Schüler Grenzen überschreite, beispielsweise durch Tuscheln bei der Stillarbeit im Unterricht, müsse er geschlagen werden. Dies sei «eine Konsequenz und eine Reinigung». Die Familienangehörigen der jungen Frau, die das sagte, haben der Sekte längst den Rücken gekehrt.

Der Fall der unbelehrbaren Prügel-Lehrkraft ist für die Justiz wohl noch nicht beendet: Ihr Verteidiger kündigte bereits an, dass er voraussichtlich Revision einlegen werde. Außerdem liegt bei der Augsburger Staatsanwaltschaft noch ein weiteres Verfahren. Dabei geht es darum, dass die Frau schon in den 90er Jahren zugeschlagen haben soll. Damals waren die «Zwölf Stämme» noch im niedersächsischen Pennigbüttel in der Nähe von Bremen, später folgte der Umzug nach Bayern. Daher droht der Frau auch deswegen ein neuer Prozess. Von Ulf Vogler, dpa

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