Schulrecht: Dienstunfähigkeit – welche Folgen hat eine längere Krankheit?

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DORTMUND. In unserer Schulrechts-Serie erklären Schuljuristen aktuelle Probleme aus Ihrer Beratungspraxis. Eine Kooperation mit dem Verband Bildung und Erziehung (VBE NRW).

Das Problem:

Ich bin schon seit längerer Zeit erkrankt und eine Verbesserung meines gesundheitlichen Zustandes ist noch nicht absehbar. Nach der Aufforderung der Bezirksregierung zu einem BEM-Gespräch, welches ich ablehnte, habe ich nun die Aufforderung bekommen, meine Dienstfähigkeit bei einem Amtsarzt untersuchen zu lassen. Muss ich zu einem solchen Termin hin?

Juristin Inka Schmidtchen berät Lehrkräfte beim VBE NRW zu schulrechtlichen Fragen. (Foto: VBE)
Juristin Inka Schmidtchen berät Lehrkräfte beim VBE NRW zu schulrechtlichen Fragen. (Foto: VBE)

Die Antwort von RAin Inka Schmidtchen, Justiziarin VBE NRW:

Grundsätzlich ist die Überprüfung Ihrer Dienstfähigkeit durch einen Amtsarzt durch die Bezirksregierung möglich. Sollte Ihnen hier ein Termin angeboten werden, an dem Sie aus irgendwelchen Gründen nicht können, kann auch ein neuer Termin mit dem Amtsarzt vereinbart werden. Eine Verweigerung der ärztlichen Untersuchung verhindert nicht die Feststellung der Dienstunfähigkeit. Der Dienstherr darf die Feststellung der Dienstunfähigkeit auch auf eine Verweigerung der fachärztlichen Zusatzuntersuchung, die vom Amtsarzt gefordert und vom Dienstherren angeordnet wurde, stützen. ( OVG NRW 6 A 2903/09)

Wann gelte ich denn als dienstunfähig?

Wann eine Dienstunfähigkeit vorliegt bestimmt der § 26 Abs. 1BeamtStG.

Hier heißt es:

„Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind.“

Als dienstunfähig kann danach auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.

Streitfall Dienstunfähigkeit: Wie Sie als Lehrer Ihr Recht bekommen können

Durch die extremen Belastungen im Beruf werden jedes Jahr Tausende von Lehrerinnen und Lehrer frühzeitig pensioniert. Das komplizierte Verfahren wirft viele Fragen auf. News4teachers hat deshalb jetzt einen 36-seitigen Ratgeber herausgegeben, der Antworten liefert und Lösungen für mögliche Probleme aufzeigt, die Betroffenen drohen können – verfasst vom Fachanwalt Michael Else.

Hier lässt sich das Dossier herunterladen (kostenpflichtig).

Was heißt eigentlich begrenzt dienstfähig?

Wenn Sie noch mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt werden können, so wird von einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen. In welchem Umfang Sie dann noch tätig sein können richtet sich nach Ihrem gesundheitlichen Zustand und wird von Ihrem behandelnden Arzt und dem Amtsarzt festgelegt.

Bei einer begrenzten Dienstfähigkeit kann Ihnen ein ruhegehaltfähiger Zuschlag zustehen.

Dieser nicht ruhegehaltfähige Zuschlag wurde bisher – bei einer Reduzierung der Arbeitszeit um mindestens 20 Prozent – in Höhe von 5 Prozent der Dienstbezüge bei Vollzeitbeschäftigung, allerdings mindestens in Höhe von 220 EUR gezahlt.

Hierbei wurde der Zuschlag nicht gewährt, wenn die Teilzeitbezüge höher als das fiktiv festgesetzte Ruhegehalt waren.

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Durch das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz hat es hier eine Änderung gegeben. Der Zuschlag wird künftig in Höhe von 10 Prozent der Dienstbezüge bei Vollzeitbeschäftigung, jedoch mindestens in Höhe von 300 EUR gezahlt wird. Hier ergibt sich also eine deutliche Verbesserung. Auch fällt der Zuschlag nun nicht mehr weg, wenn die Teilzeitbezüge höher als das fiktiv festgesetzte Ruhegehalt sind. Jedoch dürfen die Bezüge bei begrenzter Dienstfähigkeit inklusive eines möglichen Aufstockungsbetrages sowie des nicht ruhegehaltfähigen Zuschlages die Bezüge eines Vollbeschäftigten nicht überschreiten.

Was passiert wenn der Amtsarzt meine Dienstunfähigkeit feststellt?

Wenn der Amtsarzt zu dem Ergebnis kommt, dass Sie wegen Ihres körperlichen Zustandes oder aus anderen gesundheitlichen Gründen Ihren Dienstpflichten dauerhaft nicht mehr nachkommen können und die Dienstvorgesetzte Stelle sich hier dieser Meinung anschließt, so werden Sie in den Ruhestand versetzt. Dies wird Ihnen dann von der Dienststelle mitgeteilt. Der Ruhestand beginnt mit dem Ende des Monats, in dem die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt worden ist. Hierbei soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Im Schuldienst ist dies allerdings eher selten.

Kann ich denn wieder arbeiten, wenn es mir wieder besser geht?

Ja, wenn Sie wieder gesund sind, können Sie beantragen, dass Sie wieder in das Beamtenverhältnis zurückkommen. Dieser Antrag muss allerdings vor Ablauf von fünf Jahren seit Beginn des Ruhestandes und spätestens zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze gestellt werden.

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6 Kommentare
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OMG
6 Jahre zuvor

Nun ja, es kommt immer darauf an, wer denn krank wird. Mit Vitamin B kann auch in Hessen auch mal 12 Monate am Stück erkranken, da passiert nichts.
Eine normale Lehrkraft hätte da schon dramatische Konsequenzen zu tragen gehabt.

Henrik Karrie
5 Jahre zuvor

„Hierbei soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Im Schuldienst ist dies allerdings eher selten.“
Das ist ja so nicht richtig. Man kann z. B. im Schuldienst an eine andere Schulform versetzt werden, weiterhin ist es auch möglich, in der Verwaltung tätig zu sein, also gänzlich fernab von Schule weiter als Beamter seinen Dienst zu versehen. §26 BeamtStG Abs. 1 Satz 3 sagt mittlerweile, dass von einer Zurruhesetzung abzusehen ist, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist (Muss-Vorschrift – geändert zum 7.12.18). Auch kann z. B. ein Laufbahnwechsel erfolgen. §26 BeamtStG Abs. 1+2 müssen kumulativ als nicht durchführbar erfüllt sein, und auch Absatz 3 muss erfolglos verlaufen, bevor an eine Zurruhesetzung gedacht werden kann. Es gilt immer der Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung.“
Von einer teilweisen Dienstfähigkeit (von mind. 50%) soll abgesehen werden, wenn eine anderweitige Tätigkeit vollumfänglich möglich ist.
Nach der Zurruhesetzung kann eine Rückkehr in den aktiven Dienst bis 10 Jahre (nicht wie oben mit 5 Jahren angegeben) nach der Zurruhesetzung erfolgen, entweder auf Antrag des Beamten oder durch den routinemäßigen Check, den der Dienstherr alle 2 Jahre automatisch veranlassen muss. Etwaige Qualifizierungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit und die damit verbundenen Kosten gehen zu Lasten des Dienstherrn.
Es gibt jedoch geringe Unterschiede in den einzelnen Bundesländern, nicht jedoch bei den entsprechenden Paragraphen 26 und 27 BeamtStg, auf die die Landesgesetze meist schließen.

Manteufel
3 Jahre zuvor

Wenn man als verbeamteter Lehrer nun von seinem Arzt 2 Monate krank geschrieben wird, dann wird man noch nicht zum Amtsarzt bestellt? Erst genau ab dem 3. Monat?

(NRW)

AD
2 Jahre zuvor

Bedeutet das, dass ich auch nach einer bestehenden und vom Amtsarzt festgestellten Dienstunfähigkeit wieder in den Schuldienst zurück kommen kann?
Meine Erkrankung erlaubt mir noch nicht wieder zu arbeiten. Ich will aber unbedingt, wenn es mir besser geht, wieder an die Schule.

unverzagte
4 Monate zuvor
Antwortet  AD

Ja, Sie müssen sich vorher nur erneut amtsärztlich untersuchen lassen.

anka
4 Monate zuvor

Mich treibt als LR die Frage um, nur aus einer anderen Perspektive: Ein Kollegiumsmitglied mit voller Stelle (25,5h) weist in diesem SJ bereits eine Fehlquote von 60 (i.W.: sechzig) Prozent auf. Und das im 2. Jahr, in dem das Kollegiumsmitglied bei uns ist.
Die negativen Auswirkungen auf ausfallanden Unterricht, Vertretungsbedarf, der von allen KuK abgedeckt werden muss, ist enorm.
Einsicht des Kollegiumsmitglieds: Null, keine.
Und unsere neue SL tut sich schwer, hier nachhaltig einzugreifen.
Tipps, Jemand?