«Sohnemann-Affäre» zieht weiter Kreise – Lauinger lehnt Rücktritt ab

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ERFURT. In der Affäre um seinen Einsatz für eine Prüfungsbefreiung seines Sohnes wächst der Druck auf Justizminister Lauinger. Aus der CDU werden Forderungen nach einem Rücktritt lauter – auch gegen Bildungsministerin Klaubert. Lauinger sieht dazu keinen Anlass.

"Die normalste Reaktion der Welt, dass Eltern anrufen": Dieter Lauinger, Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Foto: Tino Sieland / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
„Die normalste Reaktion der Welt, dass Eltern anrufen“: Dieter Lauinger, Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Foto: Tino Sieland / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) hat den Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Lüge in der «Sohnemann-Affäre» strikt von sich gewiesen und einen Rücktritt abgelehnt. Vielleicht sei sein Vorgehen als Minister ungeschickt gewesen, «aber jeder Vater hätte wohl das gleiche getan, Amtsmissbrauch war das bestimmt nicht», schreiben er und seine Frau Katrin am Sonntag in einem Brief an Parteifreunde. Das Schreiben liegt der Redaktion vor. Darin räumt Lauinger zudem eine am Wochenende bekanntgewordene Unterhaltung mit Bildungsstaatssekretärin Gabi Ohler (Linke) beim Sommerfest der Landesvertretung in Berlin zu dem Fall ein.

Über das Gespräch hatte zuerst das «Freie Wort» berichtet. «Die „Privatmann-Ausrede“ stürzt in sich zusammen», kommentierte CDU-Fraktionschef Mike Mohring die neuen Entwicklungen in dem Fall via Facebook. Der CDU-Landtagsabgeordnete Stefan Gruhner forderte angesichts der neuen Details Lauinger und Klaubert zum Rücktritt auf. Die «Sohnemann-Affäre» habe sich zu einer handfesten Regierungskrise ausgeweitet, erklärte der Landeschef der Jungen Union und verlangte eine Erklärung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zu dem Fall.

In der Affäre geht es um eine Prüfungsbefreiung von Lauingers Sohn. Vor einem Auslandsaufenthalt war ihm den Angaben nach von Schule und Schulamt eine Versetzung in die 11. Klasse auch ohne Prüfung zugesagt worden. Dies hatte das Bildungsministerium später widerrufen, als der Junge schon im Ausland war. Daraufhin hatte Lauinger dort nachgehakt – als Privatmann, wie er seither stets betont. Bildungsministerin Birgit Klaubert (Linke) hatte sich dann nach Beratung mit der Staatskanzlei über ihre Fachabteilung hinweggesetzt und die Prüfungsbefreiung bestätigt. Rechtlich ist das unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Lauinger kündigte nun an, dass sein Sohn «so dies rechtlich möglich ist» in diesem Schuljahr eine gleichgestellte Prüfung ablegen werde. «Weder er noch wir wollten und wollen den Eindruck, dass er sich mit meiner Hilfe um eine Prüfung drücken wollte, im Raum stehen lassen.»

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In einer Pressekonferenz am Donnerstag hatte Lauinger gesagt, er habe sich nur an die Fachabteilung des Ministeriums gewandt – nicht an dessen Spitze. Nach dem bekanntgewordenen Gespräch mit Ohler warf CDU-Mann Gruhner dem Minister vor, die Öffentlichkeit belogen zu haben: «Ein Justizminister, der die Öffentlichkeit belügt, ist nicht akzeptabel und nicht tragbar.»

Small-Talk im Vorbeigehen?

Lauinger argumentierte nun, dass die Unterhaltung mit Ohler kein richtiges Gespräch gewesen sei, sondern Small-Talk, wie er ihn an dem Abend dutzendfach geführt habe. Er habe Ohler nicht auf die Sache angesprochen oder nachgehakt, vielmehr seien die Sätze quasi «im Vorbeigehen» von ihr gefallen, beteuerte Lauinger. «Sie kam auf mich zu, wir haben uns kurz begrüßt und sie erwähnte von sich aus, ohne Nachfrage meinerseits, dass der Fall meines Sohnes ihr bekannt sei, dass noch geprüft werde und man nach einer Lösung suche, die das Kindeswohl berücksichtige.» Zuvor hatte das Bildungsministerium die Begegnung ähnlich dargestellt.

Sollte es ihm nicht gelungen sein, an jeder Stelle die Trennung «von mir als Vater und mir als Amtsperson in jeder Hinsicht deutlich zu machen, bitte ich dafür um Entschuldigung», schreibt Lauinger an seine Parteikollegen.

Wie außerdem bekannt wurde, soll es im Ringen um eine Lösung in der Prüfungsfrage auch einen Kompromissvorschlag gegeben haben. Darüber berichtete die «Thüringer Allgemeine». Der Sprecher des Bildungsministeriums, Frank Schenker, bestätigte, dass in einem Telefonat der Fachabteilung mit Lauinger über die Option gesprochen worden sei, die Prüfung nachzuschreiben. Ministerin Birgit Klaubert (Linke) habe aber «nach gründlicher Rechtsgüterabwägung» im Sinne des Vertrauensschutzes und zum Wohle des Schülers entschieden, dass er auch ohne Prüfung in die 11. Klasse versetzt werden kann. dpa

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