Trotz Kritik an Ditib: Hamburg hält am Religionsunterricht mit muslimischen Verbänden fest

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HAMBURG. Reicht Erdogans Arm über die Islam-Organisation Ditib bis in deutsche Klassenzimmer? Hamburg möchte beim Religionsunterricht für alle mit dem umstrittenen Verband weiter zusammenarbeiten.

Auf dem Weg zum Alleinherrscher? Der türkische Präsident Erdogan (hier auf einem Foto von 2009). Foto: World Economic Forum / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Auf dem Weg zum Alleinherrscher? Der türkische Präsident Erdogan (hier auf einem Foto von 2009). Foto: World Economic Forum / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Hamburg hält trotz Kritik an der Islam-Organisation Ditib weiter am geplanten Religionsunterricht für alle mit muslimischen Verbänden fest. «Der Vertrag, an dem auch der Ditib-Landesverband Hamburg beteiligt ist, bietet den Rahmen dafür, auch in schwierigen Zeiten im Gespräch zu bleiben», sagte Senatssprecher Jörg Schmoll. Beide Seiten hätten sich dazu verpflichtet, auf die Einhaltung der Bestimmungen des Vertrages hinzuwirken. «Eine Beendigung der Zusammenarbeit wäre vor diesem Hintergrund zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend», meinte Schmoll.

2012 schloss Hamburg einen Vertrag mit den muslimischen Religionsgemeinschaften Ditib-Landesverband Hamburg, Schura-Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg und dem Verband der Islamischen Kulturzentren. Dieser sieht vor, den bisherigen Religionsunterricht für alle in gemischt-konfessionellen Lerngruppen so weiterzuentwickeln, dass er gleichberechtigt von den beteiligten Religionsgemeinschaften verantwortet wird. Beteiligt sind zurzeit die Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland, die Jüdische Gemeinde Hamburg, die Alevitische Gemeinde Deutschland und die drei muslimischen Verbände. Die katholische Kirche beteiligt sich nicht und setzt auf eigenen Unterricht.

Für die Weiterentwicklung des Unterrichts wurde ein Zeitraum von fünf Jahren vereinbart, währenddessen Lehrerausbildung, Didaktik und Rahmenpläne weiterentwickelt werden, wozu es auch bereits zwei Pilotprojekte gibt. Nach Angaben der Schulbehörde könnte der neue gemeinsame Religionsunterricht frühestens im Sommer 2018 starten.

Der zukünftige Religionsunterricht für alle ist dann auch ein islamischer Religionsunterricht; und theoretisch könnte auch ein muslimischer Lehrer christliche Religion unterrichten. Die Inhalte des Unterrichts werden laut Schulbehörde in «Gemischten Kommissionen» vereinbart, die sich aus Vertretern der Schulbehörde und der jeweiligen Religionsgemeinschaften zusammensetzen. Der Religionsunterricht in Hamburg unterliegt der staatlichen Schulaufsicht. Alle Lehrkräfte sind Bedienstete der Schulbehörde.

Die Vereinbarungen, die Hamburg vor einigen Jahren mit den muslimischen Verbänden geschlossen hat, betreffen Aspekte der praktischen Religionsausübung wie etwa religiöse Feiertage, den Bau von Gebetsstätten, das Bestattungswesen und auch den Religionsunterricht. «Sie enthalten außerdem das klare Bekenntnis zu den Werten der grundgesetzlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland», sagte Schmoll.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) ist Ansprechpartner für mehrere Bundesländer beim islamischen Religionsunterricht. Sie untersteht der türkischen Religionsbehörde – und ist damit, so sagen Kritiker, dem direkten Einfluss von Präsident Recep Tayyip Erdogan ausgesetzt. dpa

Zum Bericht: Erdogans Lehre in deutschen Klassenzimmern? – Türkischer Moscheeverband weist Einflussnahme aus Ankara zurück

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