Netzwerk gegen Kinderarmut: Bund soll mehr für die Bildung armer Kinder tun

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ROSTOCK. Ein Bündnis aus Sozialverbänden fordert die Erweiterung des Bildungs- und Teilhabepakets des Bundes damit Kinder aus armen Familien mehr Chancen bekommen. In Mecklenburg-Vorpommerns ist rund jedes vierte Kind von Armut betroffen. Für sie fordert das Bündnis mehr Einsatz von der Landesregierung.

Die Landesregierung soll sich nach dem Willen des überparteilichen Netzwerkes gegen Kinderarmut in Mecklenburg-Vorpommern bei der Bundesregierung für die Förderung höherer Bildungsabschlüsse für alle Kinder einsetzen. «Wir möchten, dass so viele Kinder wie möglich auch aus Hartz-IV- oder Aufstockerfamilien Abitur machen, damit sie sich aus den sozial schwachen Verhältnissen herauslösen können», sagte der Bundesvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe und einer der Sprecher des Netzwerkes, Rainer Becker, am Rande der Fachkonferenz gegen Kinderarmut in Rostock. Für diesen Zweck müsse das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket erweitert werden. Zum Netzwerk gehören unter anderem die Volkssolidarität, AWO, die Kinderhilfe, der Kinderschutzbund oder der Landesjugendring.

zeichnender Junge
Das Bildungspaket soll auch Kindern von Hartz-IV-Empfängern die Teilhabe am Schulleben ermöglichen. Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

In Mecklenburg-Vorpommern leben laut Becker rund 25 Prozent aller Kinder in Armut. Allerdings sei die Datenbasis sehr schwach, sagte Becker. Von den 236 200 Kindern im Nordosten stammten 49 000 aus Hartz-IV-Haushalten. Diese Zahl sei zwar leicht rückläufig, sagte Becker. Allerdings müssten die Kinder dazugezählt werden, die aus sogenannten Aufstocker-Familien stammen. Dies bedeutet, dass die Eltern nicht genügend verdienen und von Sozialleistungen abhängig sind. Die Statistik weise auch die Kinder nicht aus, die in überschuldeten Haushalten leben und keine Leistungen erhalten.

Becker kritisierte die aktuelle Diskussion um die Zukunft der Schulsozialarbeit. Die Sozialarbeiter trügen erheblich zur Hilfe für arme Kinder bei, wenn es etwa darum gehe, die im Bildungs- und Teilhabepaket bereitstehenden Gelder auszuschöpfen. Derzeit spreche die Landesregierung davon, dass der Bedarf an Schulsozialarbeitern evaluiert werden soll. «Evaluieren heißt, dass man versuchen wird, deren Zahl zu reduzieren», sagte Becker. Dabei werde bei der großen Zahl an armen Kindern viel mehr Schulsozialarbeit benötigt.

Das Netzwerk rief die neue rot-schwarze Landesregierung dazu auf, der Bekämpfung von Kinderarmut eine besondere Bedeutung zukommen zu lassen. «Wir fordern, dass insbesondere Kinder-und Jugendarmut zum politischen Thema regelmäßiger Berichterstattung der Landesregierung wird», sagte der AWO-Landesvorsitzende Rudolf Borchert, selbst SPD-Mitglied und bis zur vergangenen Legislaturperiode Landtagsabgeordneter. Je weiter die Verarmung und Ausgrenzung von Kindern und ihren Familien voranschreite, umso stärker seien der soziale Zusammenhalt und letztlich auch die Demokratie gefährdet.

Es sei von großer Bedeutung, dass arme Kinder aus dem ländlichen Raum den Kontakt zu Sportvereinen oder Musikunterricht nicht verlieren, sagte Kinderhilfe-Chef Becker. Aber gerade im ländlichen Raum könnten sie Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nicht annehmen, weil etwa der öffentliche Nahverkehr nicht funktioniere. (dpa)

• zum Bericht: Studie: Jeder achte junge Erwachsene fürs Erwerbsleben kaum gerüstet

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Ilse
7 Jahre zuvor

„Wir möchten, dass so viele Kinder wie möglich auch aus Hartz-IV- oder Aufstockerfamilien Abitur machen…“
Noch mehr Abiturienten….ganz klar….Abitur für alles und jeden.