Der kann nur lustig? Von wegen: Comedian Bülent Ceylan überrascht Schüler mit Liebesbriefen von Mozart

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MANNHEIM. Überraschung nach den Ferien: Comedian Bülent Ceylan hat am Montag die Schulklasse eines Technischen Gymnasiums in Mannheim besucht und Liebesbriefe von Mozart und Hölderlin vorgelesen.

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Dem Mann stehen auch schon mal die Haare zu Berge: Bülent Ceylan. Foto: Superbass / Wikimedia Commons CC-BY-SA 4.0
Dem Mann stehen auch schon mal die Haare zu Berge: Bülent Ceylan. Foto: Superbass / Wikimedia Commons CC-BY-SA 4.0

Der erste Schultag nach den Herbstferien beginnt für die Klasse TG 2.3 mit einer echten Überraschung. Comedian Bülent Ceylan ist an die Mannheimer Carl-Benz-Schule gekommen, steht plötzlich mitten im Unterrichtsraum und begrüßt die jungen Frauen und Männer der 12. Klasse mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.Schnell haben die Schüler des Technischen Gymnasiums einen Stuhlkreis gebildet, der Mannheimer Komiker sitzt in der Mitte und liest zur Einstimmung inbrünstig ein Liebesgedicht von Mozart an dessen Frau Konstanze vor. Dass die Jugendlichen erfreut reagieren, ist wenig verwunderlich. Die Klasse hatte sich mit einem engagierten Streifen am Filmwettbewerb «Warum heute noch Brief?» der Deutschen Post und des Museums für Kommunikation in Berlin beteiligt und einen Sonderpreis gewonnen – den Besuch des Mannheimer Mundart-Komikers, außerdem Autogrammkarten, Selfies und Freikarten. Mehr als 400 Einsendungen gab es zu diesem Thema.

Ceylan, Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters, wirbt bei den Schülern dafür, das Smartphone öfter mal zur Seite zu legen und stattdessen einen Brief zu schreiben, «was ja auch romantischer ist». Gerade in Liebesdingen komme ein selbstverfasster Brief besser an als eine SMS oder eine E-Mail, betont der 40 Jahre alte Ceylan, der sich aktuell auch als Lesebotschafter für die «Stiftung Lesen» engagiert. Ob er denn selbst noch Briefe schreibe, fragt eine Schülerin. Eher selten, räumt der Mannheimer mit den langen Haaren ein. «Ich habe mich da leider angepasst und schreibe meistens E-Mails.»

Andererseits wisse er nur zu gut, wie glücklich er seine Mutter mit einem Brief machen könne, wie sehr sich Fans über handgeschriebene Zeilen freuten. Kommunikation in elektronischen Medien gehe schneller und bequemer von der Hand, führe auf der anderen Seite aber leider auch schnell zu unfreundlichen Zeilen und Beleidigungen in sozialen Netzwerken, sagt Ceylan. Das zeige sich nicht nur in Liebes- und Beziehungsfragen. Auch in politischer Hinsicht könne die schnelle elektronische Post einiges anrichten.

Egal ob es Rechtsradikale seien, die gegen Flüchtlinge und Ausländer hetzten, oder ob der Streit zwischen Erdogan-Anhängern und -kritikern in den Netzwerken ausgetragen werde – «manchmal hat man das Gefühl, als könne man nicht mehr seine Meinung äußern», findet der Mannheimer Komiker und blickt nachdenklich in die Runde.

Nachdenken und dann erst schreiben

Nachdenken und dann erst schreiben – so lässt sich Ceylans Plädoyer für den Brief eben auch interpretieren. Als er am Ende noch aus einem Brief an den Lyriker Friedrich Hölderlin, verfasst von dessen großer Liebe Susette Gontard, zitiert – «Mein Bild umschwebe dich» -, sind alle begeistert. Also haben Brief und Liebesbrief eine Zukunft?

Helmut Gold, Direktor des Museums für Kommunikation in Frankfurt, findet: ja. Auch wenn es immer wieder neue Medien gebe, der selbst verfasste Brief sei etwas Besonderes und werde es auch bleiben, sagt der Chef des Museums, das wie auch die Häuser in Berlin und Nürnberg von der Museumsstiftung Post und Telekommunikation unterhalten wird. Schon als die ersten Telefone klingelten, hätten manche das Ende des Briefs prophezeit. Diese Vorhersage habe sich mitnichten erfüllt. «Es gibt heute eben einfach mehr Kommunikationskanäle als früher», sagt Gold. Genutzt würde sie alle zu unterschiedlichen Zwecken. «Wer hebt schon seine WhatsApp-Nachrichten auf? Einen Brief behält man eben.» Von Stephen Wolf, dpa

Zum Bericht: „Eine ganze Kultur geht verloren“: Wie Künstler für den Erhalt des Handschreibens kämpfen – Ausstellung in Berlin

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Natalie Rehberger
7 Jahre zuvor

Leider ist der Beitrag nicht 100% ig richtig, da der Beitrag nicht von der Klasse eingereicht wurde, sondern von zwei Filmemacherinnen – die übrigens am gleichen Tag auch da waren und eine von beiden hier gerade kommentiert 😀

Ich, Natalie Rehberger und meine Kollegin Stella Tümmler hatten bei einem Filmwettbewerb der Deutschen Post mitgemacht. Wir fragten bei der Schule an, ob diese Interesse an einem Experiment Interesse hätten.
Mit dem Sonderpreis wurden wir dann von der Stiftung Lesen ausgezeichnet.