IT-Gipfel: GEW fordert Lehrer-Fortbildungen (plus mehr Ressourcen) – und der Philologenverband wundert sich, nicht eingeladen worden zu sein

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SAARBRÜCKEN. Für zusätzliche personelle und materielle Ressourcen in den Bildungseinrichtungen hat sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit Blick auf den gestern und heute in Saarbrücken stattfindenden IT-Gipfel stark gemacht. Zudem seien schlüssige Konzepte für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pädagoginnen und Pädagogen notwendig. Philologenverbands-Chef Heinz-Peter Meidinger wunderte sich unterdessen, dass die Lehrerverbände zum IT-Gipfel nicht eingeladen waren. 

Bald geht's los: Die digitale Revolution erreicht die Schulen in Deutschland. Foto: Lucélia Ribeiro / flickr (CC BY-SA 2.0)
Bald geht’s los: Die digitale Revolution erreicht die Schulen in Deutschland. Foto: Lucélia Ribeiro / flickr (CC BY-SA 2.0)

„Ohne qualifizierte Lehrkräfte gibt es keine Bildung für die digitalisierte Welt. Zudem müssen die Bildungseinrichtungen mit einer technischen Infrastruktur ausgestattet werden, die ein zeitgemäßes Lehren und Lernen ermöglicht. Von Schülerinnen und Schülern zu verlangen, ihre privaten Smartphones und Tablets im Unterricht einzusetzen, ist der falsche Weg. Wir brauchen eine umfassende Lehr- und Lernmittelfreiheit, damit die soziale Spaltung der Gesellschaft im Unterricht nicht noch weiter verstärkt wird“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Hierfür sind Milliarden-Investitionen notwendig, die Bund, Länder und Kommunen nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung stemmen können.“

Tepe machte darauf aufmerksam, dass digitale Kompetenzen nur erworben werden könnten, wenn sich die Schülerinnen und Schüler „sicher in der analogen Welt bewegen“. Dazu gehörten gute Kenntnisse sinnerfassenden Lesens sowie im Rechnen und Schreiben. In Deutschland gebe es rund 7,5 Millionen funktionale Analphabeten, also Erwachsene, deren Lese- und Schreibkompetenzen nicht ausreichen, um ihr Leben in dieser Gesellschaft zu organisieren. Etwa 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler erreichten die Bildungsstandards nicht. „Diese Menschen dürfen wir nicht weiter abhängen. Wir müssen sie unterstützen, damit sie gesellschaftlich und beruflich Anschluss finden. Wenn man digitale Kompetenzen für alle fordert, müssen mehr Anstrengungen unternommen werden, gerade auch diesen Gruppen eine gute Grundbildung zu vermitteln“, sagte die GEW-Vorsitzende. Sie sieht hier insbesondere für die Weiterbildung, die entsprechend ausgestattet werden muss, eine wichtige Aufgabe.

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„Wir brauchen eine umfassende Medienbildung, die sowohl die Risiken als auch die Chancen der Digitalisierung der Arbeits- und Lebenswelt in den Blick nimmt. Dafür müssen mehr Lehrkräfte eingestellt werden, damit diese mehr Zeit für die Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler haben“, betonte Tepe. Das „Berufsschulsonderprogramm“ etwa müsse alle Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen einbinden. Dabei sei besonders wichtig, eine berufsbezogene Medienkompetenz als Teil der beruflichen Handlungskompetenz für alle beruflichen Bildungsgänge zu fördern. Die berufsbildenden Schulen müssten so ausgestattet werden, dass sie die Konzepte der Lernortkooperation mit den Betrieben anpassen und damit wirksam fortsetzen können.

Als sehr bedauerlich bezeichnete es der Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, dass beim IT-Gipfel keine Vertreter von Lehrerorganisationen eingeladen sind. „Wenn man sich die Einladungsliste anschaut, dann ist dies eine Veranstaltung, bei der Politik in erster Linie mit Wirtschaftsverbänden und Unternehmen redet, – die Zivilgesellschaft kommt kaum vor. Wie kann man dieses so eminent wichtige Zukunftsthema behandeln, ohne die Hauptbetroffenen einzuladen?“, betonte Meidinger in einer Erklärung.

Der Verbandsvorsitzende stellte auch die auf dem Kongress verwendete Begrifflichkeit in Frage, insbesondere den Begriff der „digitalen Bildung“: „Digitale Bildung gibt es nicht, genauso wenig wie es analoge Bildung gibt. Es geht um Bildung im Kontext der Digitalisierung, also um die Frage, welche Herausforderungen sich für Bildung und Schulen durch die Digitalisierung ergeben. Das beinhaltet große Chancen, aber auch Risiken.“

Der Begriff „Digitale Bildung“ sei auch deshalb wenig hilfreich, weil er verschiedene Themenfelder begriffsverwirrend miteinander vermische: „Bildung im Kontext der Digitalisierung umfasst die Frage der Mediennutzung, der kritischen Medienkompetenz und die Informatik als Fach, in dem Programmierkenntnisse vermittelt werden“, so der Philologen-Chef. Meidinger bekräftigte die Bereitschaft des Philologenverbandes, aber auch aller anderen Lehrerverbände, sich an dieser Diskussion konstruktiv zu beteiligen. „Wer meint, ohne den Einbezug der Betroffenen und über deren Köpfe hinweg auf IT-Gipfeln das Thema voranbringen zu können, der irrt gewaltig!“ Agentur für Bildungsjournalismus

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2 Kommentare
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GriasDi
7 Jahre zuvor

Mich wundert immer wieder, wie wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert werden.

GriasDi
7 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Studien haben gezeigt, dass ein Handy-Verbot in Teilen Englands gerade die soziale Spaltung verringert hat.