Jetzt wird in zweiter Instanz verhandelt: Lehrer kämpft gegen Verurteilung wegen Freiheitsberaubung

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Hier geht es zur aktuellen Reportage vom ersten Verhandlungstag.

DÜSSELDORF. Ein Musiklehrer an einer Realschule soll mehrere Schüler daran gehindert haben, den Klassenraum zu verlassen. Ein Kind soll er dabei zurückgestoßen haben. Er wurde wegen Freiheitsberaubung verurteilt. Doch die Entscheidung wird nun überprüft. Die „Rheinische Post“ beschreibt das Verfahren als richtungweisend: „Es geht darum, ob und wie die Berufungsinstanz mit dazu beiträgt, dass Lehrer-Autorität wieder gestärkt oder ob sie ‚im Namen des Volkes‘ weiter geschwächt wird.“

Bleibt das Urteil "Freiheitsberaubung" bestehen?. Foto: Florentine / pixelio.de
Bleibt das Urteil „Freiheitsberaubung“ bestehen?. Foto: Florentine / pixelio.de

Der Fall des wegen Freiheitsberaubung verurteilten Musiklehrers Phillip Parusel wird an diesem Montag vor dem Düsseldorfer Landgericht neu aufgerollt. Der Pädagoge war in erster Instanz vom Amtsgericht in Neuss zu einer «Verwarnung mit Strafvorbehalt» verurteilt worden: Entweder bilde er sich im Umgang mit schwierigen Schülern fort, oder er müsse 1000 Euro Geldstrafe zahlen. Dagegen legte der Lehrer Berufung ein.

Lehrer wegen Freiheitsberaubung verurteilt: Das Fatale an diesem Urteil ist die Signalwirkung

Laut Anklage hatte der Realschullehrer in Kaarst einer sechsten Klasse eine Strafarbeit auferlegt und einige Schüler mit Gewalt daran gehindert, den Raum zu verlassen. Vom Vorwurf der Körperverletzung wurde Parusel allerdings freigesprochen.

Zum Ende der Stunde habe sich der Lehrer mit seinem Stuhl quer vor die Klassentür gesetzt. Wer raus wollte, musste den abgeschriebenen Text vorzeigen. «Alle wollten schnellstmöglich abgeben, damit sie nach Hause gehen konnten», berichtete ein Schüler im Zeugenstand. Doch mehrere Schüler durften zunächst nicht gehen – und einer wurde recht unsanft zurück geschoben. Da rief ein anderer Schüler per Handy die Polizei.

„Bedenklich“

«Bedenklich» hatte die NRW-Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Dorothea Schäfer, die Entscheidung des Amtsgerichts genannt: «Das passiert vermutlich jeden Tag in irgendeiner Schule in NRW. Es sollte möglich sein, dass Schüler auch mal fünf Minuten länger in einer Klasse bleiben.»

«Das Ende des Unterrichts bestimmt der Lehrer – sonst niemand», sagte Udo Beckmann vom Lehrerverband VBE, zeigt aber Verständnis für das erstinstanzliche Urteil: «In der Regel hat der Lehrer den Schüler nicht anzufassen. Damit geht er einen Schritt zu weit.» Schüler dürften nicht körperlich am Verlassen des Klassenraums gehindert werden. Die Staatsanwaltschaft hatte 1500 Euro Geldstrafe beantragt. Das Landgericht hat für den Fall zwei Verhandlungstage geplant.

Die „Rheinische Post“ kommentiert: „Phillip Parusel kämpft für einen Freispruch vom Vorwurf der Freiheitsberaubung, und er streitet stellvertretend für mehr Respekt für seine Berufskollegen und gegen den Fortbestand einer Verwöhnpädagogik zugunsten noch der ärgsten Schüler-Flegel und deren Eltern. Letztere spannen allzu oft mitsamt ihren verzogenen Prinzchen und Prinzesschen den Stolperdraht, wenn es darum geht, Pädagogen wie Parusel juristisch zu Fall zu bringen.“ dpa

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