Peinlich! Hamburgs Abiturienten versemmeln Probeklausur in Mathe (ein Testlauf fürs Bundes-Abi) – Senator Rabe schenkt ihnen eine Note

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HAMBURG. Eine Mathe-Probeklausur für das erste bundesweite Abitur ist in Hamburg ziemlich schlecht ausgefallen. Schulsenator Rabe hat daraufhin zu einer ungewöhnlichen Maßnahme gegriffen, die die unlängst vom Präsidenten des Deutschen Lehrerverband, Josef Kraus, entfachte Diskussion um ein „Noten-Dumping“ einiger Bundesländer wieder beleben dürfte. Ausgerechnet Rabe hatte Kraus widersprochen. 

Klausur aufgewertet: Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe; Foto: SPD Hamburg, flickr (CC BY-SA 2.0)
Klausur aufgewertet: Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe; Foto: SPD Hamburg, flickr (CC BY-SA 2.0)

Das schlechte Abschneiden der Hamburger Abiturienten bei einer Probeklausur in Mathematik hat zu einem Streit über die Schulpolitik geführt. Schulsenator Ties Rabe (SPD) ordnete an, die Zensuren um eine Note aufzuwerten, was die Opposition in der Bürgerschaft scharf kritisierte. Nach ersten Rückmeldungen aus den Schulen lag der Schnitt bei 3,9. Die Klausur war am 13. Dezember an allen Hamburger Gymnasien und Stadtteilschulen geschrieben worden. «Solange nicht klar ist, ob die Aufgaben zu schwer oder die Schülerinnen und Schüler zu wenig vorbereitet waren, sollen Hamburgs Schülern keine Nachteile entstehen», sagte Rabe zur Begründung für die Zensurenaufwertung.

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CDU und FDP in der Bürgerschaft kritisierten diesen Schritt heftig. «Die Manipulation der Noten hilft den Schülern in der eigentlichen Prüfung nicht und fügt dem Ruf des Hamburger Schulsystems schweren Schaden zu», erklärte die CDU-Bildungspolitikerin Karin Prien. Die Hamburger Schüler hätten seit Jahren ein Problem mit Mathematik. Die Lernrückstände bestünden bereits in der dritten Klasse, wie Ergebnisse des «Kermit»-Tests zeigten. Sie verfestigten sich in der achten Klasse und würden bis zum Abitur nicht mehr aufgeholt. Die Durchschnittspunktzahl bei den Abiprüfungen sei von 9,1 im Jahr 2013 auf 8,1 in 2014 gefallen.

Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sprach von einer Bankrotterklärung Rabes. Das Hochsetzen der Schulnoten offenbare das «dramatische Scheitern der Hamburger Bildungspolitik». Die Liberale betonte: «Nicht die Schüler haben versagt, sondern der Schulsenator.» Der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf kündigte an, seine Fraktion werde das Vorgehen von Rabe juristisch prüfen lassen.

Die Mathe-Klausur war am 13. Dezember an allen Hamburger Gymnasien und Stadtteilschulen geschrieben worden. Es war ein Probelauf für das sogenannte Zentral-Abitur 2017 mit länderübergreifen Aufgaben. Erstmals steht den Schulen eine zentrale Aufgabensammlung für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch zur Verfügung. Damit soll das Abitur bundesweit besser vergleichbar werden. Die Probeklausur wurde nach Angaben der Schulbehörde nur in Hamburg als einzigem Bundesland geschrieben. Im Unterschied zu früher seien drei statt zwei Aufgabenbereiche getestet worden: Analysis, Analytische Geometrie und Wahrscheinlichkeitsrechnung.

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Da die Klausur ein halbes Jahr vor den Abiturprüfungen stattfand, habe den Schülern noch 20 Prozent der Mathestunden gefehlt. Gerade die übliche Wiederholungs- und Übungsphase sämtlicher Themen sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Weil die Klausur rund fünf Prozent der Abiturnote bestimme, habe sich die Schulbehörde zum Ausgleich entschlossen und die Heraufsetzung um eine Note angeordnet.

Darüber hinaus sollen die Schulen nun mindestens zwölf zusätzliche Mathe-Übungsstunden in der eigentlich unterrichtsfreien Zeit vor den Prüfungen anbieten. Abiturienten, die in Mathe zu scheitern drohen, bekommen Lernförderung am Nachmittag. Übungsaufgaben veröffentlichte die Behörde im Internet. Die Mathelehrer aller Abiturklassen würden in den nächsten Wochen ins Landesinstitut für Lehrerbildung eingeladen um weitere Maßnahmen abzustimmen, hieß es. «Das Ergebnis der Probeklausur zeigt, wie richtig es war, dass wir als die neuen Mathematikaufgaben unter echten Abiturbedingungen getestet haben. Es ist noch Zeit, um die Vorbereitung auf das Abitur zu intensivieren», meinte Rabe. dpa

Was mussten die Schüler können? Hier geht es zu Musteraufgaben.

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8 Kommentare
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xxx
7 Jahre zuvor

Die Aufgaben sollten mal veröffentlicht werden.

Ansonsten stimmt es schon, dass eine Klausur unter Abiturbedingungen ohne die vorher übliche intensive Wiederholung schlechter ausfällt als üblich. Mit dem Schnitt von 3,9 hat etwa die Hälfte der Schüler nicht bestanden, was durch die fehlende Wiederholung alleine nicht erklärt werden kann. Mit dem möglicherweise generell niedrigen Lehrplanniveau in Hamburg allerdings auch nicht, ebenso nicht mit der großstädtischen Klientel.

Werner
7 Jahre zuvor

Warum ist die Abbruchquote in MINT Studiengängen nochmal so hoch? Wer heterogene Schulen und Klassen will, muss sich auch mit heterogenen Noten und Prüfungen abfinden. Hier in Deutschland kann sich aber jeder die Welt machen, wie sie ihm gefällt….zumindest die Obrigen. Peinlich.

Wolfgang Kuert
7 Jahre zuvor

So ist das bei den Einheitsschulmissionaren. Was nicht passt wird GESUNDGELOGEN!

Conny
7 Jahre zuvor

Typisch für die Bildungsbehörden in allen Stadtstaaten – immer große Klappe, was die behauptete Bildungsqualität in ihrem Bereich betrifft, aber in der Praxis ist, wie sich bei jeder Vergleichsstudie und auch in diesem konkreten Fall wieder zeigt, wenig bis nichts dahinter.

Wolfgang Kuert
7 Jahre zuvor

Hallo Conny, mein Kommentar seit Jahren: Immer wenn es in die Vergleichbarkeit geht, brechen die Lügengerüste der Einheitsschulmissionare zusammen!

dickebank
7 Jahre zuvor

Blöd nur, dass beim Notendurchschnitt der Abiturienten von GYmnasien und Stadtteilschulen gar nicht nach den einzelnen Schulformen unterscjhieden wird.. An keiner Stelle wird erwähnt, dass die suS von Stadtteilschulen erheblich schlechter als die der Gymnasien abgeschnitten hätten.
Woraus wird also geschlussfolgert, dass die Einheitsschulen – also die Gymnasien – versagt haben könnten.

M. K.
7 Jahre zuvor

Das passt auch zur Tatsache, dass die Zentrale Abschlussarbeit Deutsch in Niedersachsen für die Integrierten Gesamtschulen im letzten Jahr massiv abgespeckt wurde. Die Haupt-, Real- und Oberschüler hatten das Nachsehen.
Die IGS-Schüler brauchten den Hörverstehens- und Basisteil nicht bearbeiten. Es gab nur den Wahlteil, dessen mögliche Inhalte bereits zwei Jahre vorher durch das Kultusministerium den IGSen bekanntgegeben wurde. So konnten sich diese Schüler zwei Jahre mit drei Vorschlägen intensiv auseinandersetzen und zwei davon kamen in der Prüfung vor. Die Beschwerde dagegen wurde abgelehnt, weil das angeblich dem unterschiedlichen Anspruchsniveau der IGS entspricht. Aha, die können also weniger, oder wie? Der erworbene Abschluss ist dann aber wieder für alle gleich!