STUTTGART. Anlässlich der Halbjahreszeugnisse, die an den Schulen in diesen Tagen ausgegeben werden, warnt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg vor einer zu einseitigen Bevorzugung der auf den Kopf ausgerichteten schulischen Arbeit. Eltern und Lehrer sollten bei der Gewichtung und Würdigung von Schülerleistungen weg von der zu starken Fokussierung auf die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache(n). Musisch-künstlerische Unterrichtsfächer, Technik und Schulsport seien kein schmückendes Beiwerk, sondern für eine positive Entwicklung der Schülerpersönlichkeiten ebenso wichtig, warnt der VBE-Sprecher vor einer Abwertung dieser sogenannten „Neben“-fächer.
Unterrichtsfächer, die zumindest gefühlsmäßig für das schulische und berufliche „Weiterkommen“ nicht ausschlaggebend seien, würden immer mehr an den Rand gedrängt und verlören weiter an Bedeutung. So seien die musisch-ästhetische Erziehung, Technik und der Schulsport heute oft vernachlässigte Fächer, bemängelt VBE-Sprecher Michael Gomolzig. Deshalb warnt der Lehrerverband vor einer zu starken „Verkopfung“ schulischen Arbeitens.
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Da auch Eltern mehr denn je auf die „Verwertbarkeit“ der Unterrichtsfächer achten, fallen bei krankheitsbedingtem Lehrermangel in der Regel eher Musik, Sport und Bildende Kunst aus, bevor eine Deutsch- oder Mathematikstunde gestrichen wird. 2Die Schüler sind jedoch auf eine ganzheitliche Bildung und Erziehung angewiesen, in der auch Ästhetik, Bewegung und Emotionen eine tragende Rolle spielen sollten. Wenn um die Bedeutung der einzelnen Unterrichtsfächer gestritten wird, geht es meist lediglich darum, ob eine sprachliche oder naturwissenschaftliche Ausrichtung die wichtigere sei. Der künstlerisch-musisch-sportliche Bereich werde von vielen mehr als schmückendes, aber nicht unbedingt notwendiges Beiwerk betrachtet2, bedauert der VBE-Sprecher diese Entwicklung.
Pestalozzis 200 Jahre alter pädagogischer Ansatz ganzheitlichen Lernens „mit Kopf, Herz und Hand“ sollte in der Welt von heute mehr denn je zur Maxime unterrichtlichen Tuns werden – und das nicht nur an den Grundschulen. N4t
Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi, geboren 1746 in Zürich; gestorben 1827 in Brugg, Kanton Aargau, gilt als Vorläufer der Reformpädagogik. Sein pädagogisches Ziel war die Stärkung der Menschen, um als selbstständige und kooperative Wesen in einem demokratischen Gemeinwesen wirken zu können – und zwar schon im Vorschulalter. Pestalozzi führte ein Waisenhaus in Stans, wo er seine ersten praktischen pädagogischen Erfahrungen machte. Im Jahr 1800 gründete er sein berühmtes Erziehungsinstitut im Schloss Burgdorf, wo er seine Unterrichts- und Erziehungsmethode entwickelte und theoretisch begründete (Hauptwerk: „Wie Gertrud ihre Kinder lehrt“).