Zu viel Arbeit und immer älter: Beamte sind weit häufiger krank als der Durchschnitt

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MAGDEBURG. Ob Polizisten, Justizbeamte oder Lehrer: Der Krankenstand im öffentlichen Dienst liegt teils weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung – Tendenz weiter steigend. Der Beamtenbund sieht den Grund auch im steigenden Altersdurchschnitt der Staatsdiener und fordert die Politik zum Handeln auf.

Angesichts hoher Krankenstände im öffentlichen Dienst hat der dbb beamtenbund und tarifunion Sachsen-Anhalt eine bessere Gesundheitsvorsorge für Beamte gefordert. «In diesem Bereich wird viel zu wenig getan», sagte dbb-Vize Ulrich Stock der Deutschen Presse-Agentur. Vielen Behörden fehlten die Mittel, um ihre Mitarbeiter mit Gesundheitsprogrammen zu unterstützen.

Besonders häufig krank in Sachsen-Anhalt sind Polizisten. So verzeichnete die Polizeidirektion Nord im Jahr 2015 pro Vollzugsbeamtem 40,5 Fehltage wegen Krankheit – der höchste Wert seit sechs Jahren. Im vergangenen Jahr waren es bis August bereits 25,8 Tage. Ähnlich hoch liegt die Zahl der Fehltage bei den Polizeidirektionen Süd (39,6 Fehltage in 2015) und Ost (35,2).

Zum Vergleich: Laut einer Erhebung der Krankenkasse DAK Gesundheit waren die Sachsen-Anhalter im vergangenen Jahr durchschnittlich 18,6 Tage krank. Der Krankenstand bei der Polizei liege jedoch auf einem mit den Ordnungshütern anderer Bundesländer vergleichbaren Niveau, hieß es im Innenministerium. Der Anstieg sei auch einer Zunahme der Einsatzbelastung geschuldet.

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Schutz vor einer Mumpserkrankung bietet eine Impfung. Dazu rät jetzt auch die STIKO. Foto: Claus Rebler/Flickr (CC BY-SA 2.0)
Am häufigsten fehlen Förderschullehrer aufgrund von Krankheit. Foto: Claus Rebler/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Die Bediensteten der Straßenmeistereien fehlten im vergangenen Jahr laut Verkehrsministerium im Schnitt 36,6 Tage. Hohe Krankenstände plagen auch die Justiz. Betroffen sind hier vor allem die Beamten im Justizvollzug mit durchschnittlich rund 30 Krankentagen in den vergangenen Jahren. Um den Krankenstand zu senken, setze man auf ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das etwa Sport- und Impfschutzangebote und eine Beratung durch den Betriebsarzt umfasse, sagte ein Ministeriumssprecher.

Bei den Beamten des Landesverwaltungsamtes liegt der Krankenstand auf ähnlich hohem Niveau. 2015 waren es nach Angaben der Behörde im Durchschnitt 28 Tage pro Mitarbeiter. Neuere Zahlen gibt es laut Bildungsministerium auch zum Krankenstand der Lehrer nicht. Unter den Pädagogen am häufigsten krank waren im Schuljahr 2014/2015 Lehrer an Förderschulen: Im Schnitt fehlten sie 30,8 Tage. Zahlen für das vergangene Schuljahr gibt es nur für langzeiterkrankte Lehrer, die mehr als sechs Wochen ausfallen. Über alle Schulformen hinweg waren es in Sachsen-Anhalt 376.

Grund für den hohen Krankenstand ist aus Sicht von Gewerkschafter Stock auch der steigende Altersdurchschnitt in vielen Behörden. «Die Leute werden nicht häufiger krank, aber wenn, dann länger.» Hinzu komme der massive Stellenabbau der vergangenen Jahre. «Das hat zu einer deutlichen Arbeitsverdichtung geführt.» Es gebe Bereiche, wo ein Kollege die Arbeit mache, die früher auf zwei oder drei Beamte verteilt wurde, sagte Stock, der auch Vorsitzender der Deutschen Verwaltungsgewerkschaft ist. «Wer dann krank wird, wird richtig krank», sagte Stock. dpa

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2 Kommentare
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sofawolf
7 Jahre zuvor

Zitat 1: „Angesichts hoher Krankenstände im öffentlichen Dienst hat der dbb beamtenbund und tarifunion Sachsen-Anhalt eine bessere Gesundheitsvorsorge für Beamte gefordert.“

Das finde ich Quatsch oder anders gesagt: das Pferd am Schwanze aufgezäumt.

Zitat 2: „Hinzu komme der massive Stellenabbau der vergangenen Jahre. «Das hat zu einer deutlichen Arbeitsverdichtung geführt.“

Das liegt der Hund begraben! Überall im öffentlichen Dienst müssen immer weniger immer mehr leisten. Warum? Mehr netto vom brutto. Aber am Ende bezahlen wir alle die Zeche mit Warteschlangen, Gebührenerhöhung und mit unserer Gesundheit.

dickebank
7 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Und – in der freien Wirtschaft nicht anders. Nur die Arbeitsplatzgarantie bei voll alimentierten Beamten erleichtert eben die kurzfristige, bis zu drei Tagen dauernde Dienstunfähigkeitsmeldung. Andere Branchen trennen sich nämlich wesentlich schneller vom Personal bzw. gehen nur ungern unbefristete Verträge ein. Das führt u.a. dazu, dass der Altersdurchschnitt der Beschäftigten und damit verbunden das Risko für eine Erkrankung sowie einen länder andauernden Genesungsprozess im öD wesenlich höher ist als in der Privatwirtschaft. Gleichzeitig ist die Quate von Mitarbeitern mit Behinderung im öD wesentlich größer als in der Privatwirtschaft.
Des Weiteren haben Lehrkräfte – egal ob verbeamtet oder tarifbeschäftigt – das Problem, dass sie außerhalb der unterrichtsfreien Tage keinen Anspruch auf Urlaub (Ausnahme Sonderurlaub) haben. In vielen Fällen bleibt, um wichtige Termine wahrnehmen zu können, nichts Anderes übrig als sich tageweise krank zu melden. Dies geschieht in der Regel mit Zustimmung der Schulleitungen, die nämlich auch keine andere Möglichkeit sehen. In anderen Bereichen des öD nimmt man in solchen Fällen ggf. stundnenweise frei zulasten des Überstundenkontos. Letzteres gibt es für Lehrkräfte allerdings nicht, da ihnen – auf Antrag – die Mehrarbeit finanziell vergütet wird und sie eben keinen Freizeitausgleich erhalten.