Lieber mit der Tochter zum Dschungelcamp als Abiturvorbereitungen mit ihren Schülern? Nathalie Volks Mutter beteuert: „Ich war wirklich krank“

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SOLTAU. Eine Lehrerin aus dem niedersächsischen Soltau begleitet ihre Tochter, das TV-Sternchen Nathalie Volk, zu Dreharbeiten ins ferne Australien. Die Pädagogin ist krankgeschrieben, ein Urlaubsantrag war erfolglos. Allerdings wird sie dann von Schülern im Fernsehen erkannt. Erst protestieren die Eltern der Schule, nun beschäftigt der Dschungelbesuch sogar die Richter.

Schon wieder beschäftigte sich ein Gericht mit dem Vorwurf der Freiheitsberaubung gegen eine Lehrkraft. Foto: Michael Grabscheit / pixelio.de
Das Kollegium war offenbar nicht begeistert davon, eine angeblich erkrankte Lehrerin vertreten zu müssen, die im Fernsehen auftritt. Foto: Michael Grabscheit / pixelio.de

Die Mutter von RTL-Dschungelcamp-Kandidatin Nathalie Volk steht seit Montag vor Gericht, weil sie trotz Krankschreibung mit zu den Dreharbeiten nach Australien gereist war. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg wirft der mittlerweile vom Dienst suspendierten Lehrerin aus Soltau den Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses vor, es also quasi erschlichen zu haben. Damit drohen laut Strafgesetzbuch eine Geldstrafe oder bis zu ein Jahr Gefängnis. Das Amtsgericht Soltau hatte im Dezember einen Strafbefehl von 7.000 Euro verhängt, aber die Lehrerin will nicht zahlen. Deshalb kam es nun zu dem Prozess, für den bis zum 3. April zunächst drei Termine angesetzt sind.

Auch Nathalie Volk kam zu dem Termin im Amtsgericht, sie war als Zeugin geladen. Die inzwischen 20-Jährige war mit der ProSieben-Show «Germany’s Next Topmodel» bekannt geworden. Im Januar 2016 nahm sie an der zehnten Staffel der RTL-Dschungelshow «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» teil. Ihre Mutter begleitete sie auf der Reise nach Australien. Eine Ärztin hatte die Lehrerin für drei Wochen krankgeschrieben, die Schule hatte zuvor einen Antrag auf Sonderurlaub abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg geht davon aus, dass die 47 Jahre alte Pädagogin die Bescheinigung durch falsche Angaben bekommen habe. Sie sei nicht wirklich krank gewesen, so die Anklage, sogar die Arztpraxis wurde im Mai durchsucht.

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„Die Angeklagte hat umfangreich zur Sache ausgesagt“, berichtete Gerichtssprecher Stefan Stodolkowitz am Montagnachmittag. „Sie sagte aus, wirklich erkrankt gewesen zu sein. Ihre Tochter hätte sie bekniet, mitzukommen – das sei gut für die Erholung.“ Für einen kleinen Teil der Aussage sei die Öffentlichkeit am Vormittag ausgeschlossen worden, weil es um persönliche Dinge ging. Laut „Hamburger Abendblatt“ rechtfertigte die Pädagogin ihre Krankschrift. „Ich konnte nicht mehr schlafen, habe nur noch geweint, habe mit Alkohol ein bisschen übertrieben.“ Sie sei überlastet gewesen und habe einen Zusammenbruch erlitten. „Ich hatte viele Überstunden und kein Wochenende“, erklärte sie laut Bericht.

Die Richterin habe angezweifelt, dass eine Reise um die halbe Welt in dem von Viktoria Volk geschilderten Zustand hilfreich wäre. „Ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, dass der Flug nach Australien unter diesen Umständen der Gesundheit abträglich sein könnte?“, fragte die Richterin dem Bericht zufolge. Volk erwiderte: „Das war das Beste, was ich machen konnte. Ich fliege gerne, ich weiß, dass mich das beruhigt.“ Selbst das vertraglich festgeschriebene Minimum von 18 Interviews, zu dem sich die Mutter von Nathalie Volk gegenüber RTL verpflichtete, habe angeblich nicht zu Stress geführt. Darüber hinaus habe ihre Tochter den expliziten Wunsch geäußert, nach Australien begleitet zu werden. Nathalie Volk habe sich Sorgen um ihre Mutter gemacht.

„Mir hat die Reise gut getan. Aber danach war es schrecklich. Keiner hat mit mir geredet. Manche Kollegen haben sich weggedreht“, so schildert Viktoria Volk ihre Eindrücke nach ihrer Rückkehr laut „Hamburger Abendblatt“. Tatsächlich hatte der Fall für einen gehörigen Wirbel in Soltau gesorgt. Wie es beim NDR seinerzeit hieß, sei die Mutter des Models von Schülern des Gymnasiums in Ausschnitten der Show erkannt worden. Die Pädagogin hatte in diesen Wochen eigentlich die Schüler ihres Leistungskurses auf die anstehenden Abiturprüfungen vorbereiten sollen.

Beschwerdebrief der Eltern

Die Eltern der etwa 20 betroffenen Gymnasiasten wandten sich laut „Weser Kurier“ mit einem offenen Brief an die Landesschulbehörde und forderten ein zügiges Einschreiten der Dienstaufsicht.  „Wir bitten, diese Lage zu prüfen und schnell die erforderlichen Schritte einzuleiten“, hieß es in dem Schreiben des Elternrats. Befürchtet werden Nachteile für die betroffenen Abiturienten, deren Unterricht von Kollegen vertreten wurde. Die Schulleitung unterstützte das Ansinnen. „Ich begrüße den Brief und möchte genau wie die Eltern eine Aufklärung des Vorfalls. Jeder Lehrer hat eine Fürsorgepflicht, der nachgegangen werden muss“, erklärte der Schulleiter. Auch für das Kollegium sei das Fehlen, unabhängig von den Gründen, eine zusätzliche Belastung. Die Landesschulbehörde stellte die Frau vom Unterricht frei, ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet, im vergangenen Januar folgte dann die Suspendierung.

Man habe den Strafbefehl über 7.000 Euro nicht akzeptiert und Einspruch eingelegt, hatte im Januar Anwalt Andreas Hebestreit gesagt. „Wir werden den Rechtsweg ausschöpfen, weil wir uns sicher sind, dass die Vorwürfe nicht haltbar sind“, kündigte er damals an. „Meine Mandantin war tatsächlich erkrankt“, betonte Hebestreit. Ihr droht jetzt sogar bis zu einem Jahr Gefängnis. Agentur für Bildungsjournalismus / mit Material der dpa

 

 

 

 

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