Eltern sollen zwischen offenen und verbindlichen Angeboten wählen können: Eisenmann wertet die Ganztagsschule auf – Schulleiter: „Flickwerk“

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KORNWESTHEIM. Die grün-schwarze Landesregierung will die Ganztagsschulen ausbauen und setzt dabei auf eine Vielfalt der Angebote. Manchmal fehlt es aber schlicht am Personal, klagen die Schulleiter.

Nimmt Geld für den Ganztag in die Hand: Baden-Württembergs Kultusministerin Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Nimmt Geld für den Ganztag in die Hand: Baden-Württembergs Kultusministerin Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat die Marschrichtung für die Ganztagsschulen skizziert – und eine erneute Förderung der Nachmittagsbetreuung an Halbtagsschulen angekündigt. Grundschüler sollen künftig zwischen verbindlichen Ganztagsschulen mit einem ganztägigen rhythmisierten schulischen Angebot und Schulen mit flexiblem Betreuungsangebot am Nachmittag wählen können, sagte sie am Montag beim zweiten Ganztagsgipfel in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg). Überdies soll es weiter die klassische Halbtagsschule geben.

Doch wieder Zuschüsse

«Es geht mir nicht um eine staatliche Zwangsbeglückung aller Familien», sagte Eisenmann. Sie wolle den unterschiedlichen Bedürfnissen der Eltern und Schüler im Land gerecht werden. Nach ihren Worten wird das Land 2018/19 wieder in die Finanzierung der Nachmittagsbetreuung an Halbtagsschulen einsteigen. Die Vorgängerregierung hatte diese Zuschüsse 2014 auslaufen lassen – bis auf 71 Millionen Euro, die unter Bestandschutz laufenden Gruppen zuteil wurden. Mit diesen Mitteln und weiteren 12 bis 13 Millionen Euro solle ab dem Schuljahr 2018/19 die Betreuung der Kinder im Anschluss an den Unterricht wieder gefördert werden.

Eisenmann: «Damit soll dem Elternwunsch nach einem flexiblen Angebot entsprochen werden.» Grün-Rot hatte darauf gesetzt, dass da, wo sich das Land aus der Finanzierung verabschiedet, Kommunen einspringen.

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Wahlmöglichkeiten zwischen rhythmisierter Ganztags- und Halbtagsschule sollen unter bestimmten Voraussetzungen, etwa bei ausreichender Größe der Schule, auch an einem Standort nebeneinander bestehen können. Die bisherigen Zeitmodelle für den Ganztag – drei oder vier Tage à sieben oder acht Stunden – hätten sich bewährt und sollten auch in den weiterführenden Ganztagsschulen gelten, erklärte die Ministerin. Für diese werde ein eigenes pädagogisches Konzept für die Klassen fünf bis sieben entwickelt.

Mischklassen, in denen Elemente der Halb- und der Ganztagsschule zugleich angeboten werden, sieht die Ministerin kritisch: «Wir wollen insgesamt ein qualitativ hochwertiges Angebot, das nicht durch Mischung unterschiedlicher Angebote verwässert wird.» Ausnahmen soll es aber bei sehr kleinen Grundschulen geben können.

Für die SPD im Landtag besteht nun Konsens, dass die Ganztagsschule klar zu reinen Betreuungsangeboten abgegrenzt werden muss. Aus Sicht der FDP ist es hingegen besorgniserregend, dass sich künftig nur noch die rhythmisierte Form Ganztagsschule nennen darf, während die offenen Nachmittagsangebote dem Bereich der Betreuung zugewiesen werden. Die Grünen forderten, dass der Ganztag künftig auch für Realschulen und Gymnasien eine gesetzliche Grundlage bekommt.

Die Schulleiter beklagen indes Schwierigkeiten, den Ganztagsbetrieb in Grundschulen sicherzustellen. Die bis zu zwölf Lehrerwochenstunden pro Gruppe reichten nicht, um den Nachmittag abzudecken, sagte der Landeschef der Schulleitervereinigung, Werner Weber, auf Anfrage in Stuttgart. Deshalb nutze kaum eine Schule die Möglichkeit, die schon knapp bemessenen Lehrerstellen in Angebote außerschulischer Partner umzumünzen. «Die Ganztagsgrundschule ist ein Stück weit Flickwerk», resümierte er.

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Das Kultusministerium zeigte sich verwundert: «Diese Kritik hören wir zum ersten Mal – und sie entspricht sicher nicht der Realität an den Schulen.» Nach Angaben des Ministeriums nutzen überdies zwei Drittel aller Ganztagsgrundschulen die Möglichkeit, einen Teil der zusätzlichen Lehrerwochenstunden in Geldmittel umzuwandeln, um damit Angebote etwa von Musikschulen oder Sportvereinen zu finanzieren. Eisenmann kündigte an, deren Abrechnung durch Einführung von Budgets für die Schulen zu vereinfachen.

Nach den Worten von Weber, der die Friedrich-Voith-Schule in Heidenheim leitet, ist es schwierig, das außerschulische Angebot zu gewährleisten. Berufstätige könnten wegen unterschiedlicher Zeitfenster gar nicht engagiert werden, die Schulen griffen dann auf Pensionäre und Mütter zurück. dpa

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