Ungute Entwicklung: Nur noch jedes dritte Migrantenkind spricht in der Familie Deutsch

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KIEL. Der Anteil der Migrantenkinder, die in der Familie vorrangig Deutsch sprechen, ist in den Kindertageseinrichtungen Schleswig-Holsteins mit gut 37 Prozent weiter rückläufig. 2014 waren es noch 44,1 Prozent und 2015 rund 42 Prozent, teilte das Statistikamt Nord am Dienstag in Hamburg mit. Die Behörde hatte für alle Kindertageseinrichtungen angeordnet, Fragebögen über ihre Kinder auszufüllen – im Alter bis zu 13 Jahren, also auch über Hortkinder.

Nach Herkunft, Nationalität und Muttersprache der Kinder sei dabei nicht gefragt worden, erklärte Thorsten Erdmann vom Statistikamt Nord. Daher lasse sich lediglich vermuten, dass die gestiegene Zahl an Flüchtlingskindern ein Grund für die Entwicklung sein könnte. Erkenntnisse über das Sprachverhalten türkischstämmiger Kinder in ihren Familien biete diese Statistik nicht.

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Die Zahl der Kinder in Tageseinrichtungen mit mindestens einem aus dem Ausland stammenden Elternteil belief sich Anfang März 2016 im nördlichsten Bundesland auf 21.469. Das sind fast acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor. 2016 hatten 20 Prozent aller in Kitas betreuten Kinder einen Migrationshintergrund.

Regional gibt es große Unterschiede: Mit 54 Prozent ist der vorrangige Gebrauch der deutschen Sprache in den Familien mit Migrationshintergrund im Kreis Plön am höchsten. Dahinter liegen die Kreise Stormarn und Segeberg (jeweils rund 50 Prozent) sowie Herzogtum Lauenburg (46 Prozent). Die geringsten Quoten weisen die Landeshauptstadt Kiel (26 Prozent), der Kreis Schleswig-Flensburg (25 Prozent) und die kreisfreie Stadt Flensburg (23 Prozent) auf. dpa

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Pälzer
6 Jahre zuvor

Was würde diese Umfrage wohl im Ruhrgebiet ergeben?

xxx
6 Jahre zuvor

Vorweg: Ich ersetze Migrantenkind der Einfachheit halber durch Biotürke. Das ist zwar politisch inkorrekt, entspricht aber der gemeinten Bedeutung des Wortes Migrant. Wer möchte, kann Türke auch durch Russe, Pole, Albaner, Marokkaner oder irgendetwas anderes mit einem ähnlichen Ruf ersetzen. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind Westeuropa, Skandinavien, England, USA, Japan, Südkorea, Australien, Kanada und ähnliche Länder nicht dabei.

Ich bin selber so ein Migrantenkind, die Familiensprache ist allerdings westeuropäisch. Ich wurde allerdings konsequent zweisprachig erzogen. Die verwendete Sprache richtete sich durchweg nach den Sprachkenntnissen der anwesenden Menschen. Sobald auch nur eine der Familiensprache nicht mächtige Person anwesend war, wurde auf Deutsch gewechselt. Das ist allerdings bei etlichen Biotürken häufig schwierig, weil sie nur Kontakt zu ebenfalls Biotürken haben.

sofawolf
6 Jahre zuvor

Naja, die Deutschen halten ja auch nicht mehr viel von ihrer Sprache und sprechen selbst auch immer weniger Deutsch (Stichwort Denglisch). Wie kann man das dann anderen vorwerfen?

Wie sagte man dazu immer in der Didaktik: „Wer selber nicht brennt, kann andere nicht zünden!“ Ich sehe da durchaus einen Zusammenhang.

Weniger Deutsch daheim. Immer mehr Denglisch im Alltag. Lieder, äh Songs auch fast ausschließlich auf Englisch. Wie soll es da mit der Beherrschung der Landessprache klappen?

Verlida
6 Jahre zuvor

Bilinguale Familien (zwei Muttersprachler) hier mal ausgeklammert!

Wieso wird unterstellt, dass die Verwendung der nichtdeutschen Muttersprache oder nichtdeutschen Zweitsprache als Alltagssprache ein Manko ist? Was hat das Kind davon, wenn eine Familie im Bestreben alles „richtig“ zu machen, mit dem Kind verkorkstes Deutsch spricht? Was hat das deutschsprachige Umfeld davon, wenn alle Bemühungen um Sprachentwicklung (auch um korrektes Sprechen) in der deutschen Verkehrssprache unabsichtlich gut gemeint zu Hause torpediert werden?
Und außerdem: Wo bleibt dann die Weiterentwicklung der Muttersprache?
Am Ende gibt es zwei Halbsprachen. Toll!

Als wir in China und Hongkong gewohnt und gearbeitet haben, wäre es mir im Traum nicht eingefallen zu Hause Chinesisch zu sprechen, obwohl wir es ziemlich gut beherrschen, aber eben nicht fehlerlos. Selbst wenn wir es fehlerlos gesprochen hätten – wieso hätten wir unsere Muttersprache ignorieren sollen? Was wäre aus den Deutschkenntnissen unserer Kinder geworden? Waren andere bei uns zu Gast, dann ergab sich meist eine gemischte international-chinesische Gruppe. Viel passierte auf Englisch, zwischendurch Chinesisch. Waren alle weg, ging es um Gute-Nacht-Geschichten, das Essen, den Kindergarten, die Oma, die Erlebnisse, den nächsten Ausflug … Deutsch, und zwar nur Deutsch. Chinesisch gab es für unsere Kinder nur von Chinesen. Das war gut so, das war besser als zu Hause fehlerbehaftete Sprache und vor allem abweichende Aussprache mit auf den Weg zu geben. Wir haben nur aufgepasst, dass unsere Kinder Lesematerial in beiden Sprachen bekamen und es genügend hochsprachige Familien, sprich auch hochsprachige Kinderkontakte im Umfeld gab. (Der Dialekt in unserer Gegend war kaum noch als Chinesisch zu erkennen.)