„Unterm Bundesdurchschnitt“ – Rheinland-Pfalz‘ Wissenschaftsminister will mehr Ausländer und Arbeiterkinder an die Unis holen

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MAINZ. Rheinland-Pfalz braucht nach Ansicht des Wissenschaftsministers Konrad Wolf (SPD) viel mehr Studenten aus dem Ausland. «Da haben wir eindeutig zu wenig – was zunächst einmal nicht verwunderlich ist, da die Menschen die großen Zentren, die großen Städte im Kopf haben», sagte Wolf. Das Land, die Universitäten und Hochschulen müssten aktiv für sich werben, da ein Mangel an gut ausgebildeten Kräften herrsche. «Wir haben in vielen Bereichen jetzt schon zu wenig Leute.»

Nicht nur bei der Zahl der internationalen Studenten liegt Rheinland-Pfalz unter dem Bundesschnitt, sondern auch bei der Zahl der jungen Menschen im Land, die ein Studium aufnehmen. Deren Anteil will Wolf nicht unbedingt erhöhen. «Die Quote an sich ist kein Selbstzweck», sagte er, «auch weil wir einen starken Fachkräftebedarf im nicht-akademischen Bereich haben.» Die Nachfrage nach qualifizierten Menschen werde nicht dadurch geringer, dass es eine Verschiebung von der beruflichen zur akademischen Bildung hin gebe.

Wolf, der selbst von einem Bauernhof im Kreis Regensburg stammt, ist es allerdings ein Anliegen, die Zahl der Studenten aus nicht-akademischen Haushalten zu erhöhen. «Akademikerkinder studieren ganz überwiegend, Nicht-Akademiker-Kinder studieren ganz überwiegend nicht.» Geändert werden könne das zum Beispiel mit mehr berufsbegleitenden Bachelor-Studiengängen. «Die Entscheidung zum Studium fällt offenbar sehr viel leichter, wenn die Berufstätigkeit nicht völlig beendet werden muss.»

Auch unterstütze das Ministerium Initiativen wie arbeiterkind.de, das sich an junge Menschen richtet, die als erste in ihrer Familie studieren wollen. «Diese jungen Menschen werden nach wie vor oft gefragt: Was machst Du da? Und warum? Ist das denn sinnvoll?» Studenten, die den gleichen Weg gegangen sind, dienten dabei als Vorbilder und Helfer auf dem Weg an die Hochschulen.

Wichtig sei es, die ausländischen Studenten etwa über Praktika in Unternehmen schnell in die Gesellschaft zu integrieren. «Früher hat man lange Zeit gedacht: Die kommen, studieren und gehen dann wieder heim. Heute bemühen wir uns, die Leute zu halten.» Wenn Unternehmen die Studenten früh an sich binden, sei die Bleibewahrscheinlichkeit viel höher.

Auch heute haben die Universitäten wieder mit übervollen Hörsaalen zu kämpfen.
Die Unis sollen breiter ausbilden, findet der Wissenschaftsminister.

Dazu sei eine Verschränkung von Hochschulen und Unternehmen wichtig – gerade in ländlichen Räumen, wozu Wolf auch die Westpfalz inklusive Kaiserslautern zählt. «Dort haben es die Unternehmen heute schon schwer, Leute mit der notwendigen Qualifikation zu bekommen.» Diese Knappheit in nicht-urbanen Gegenden betreffe vor allem die Natur- und Ingenieurwissenschaften. «Wir müssen aber mit der gleichen Aufmerksamkeit die Geistes- und Sozialwissenschaften im Blick haben, weil sie für unsere Gesellschaft fundamental wichtig sind. Und das sage ich als Physiker», ergänzte Wolf.

Das Wissenschaftsministerium arbeitet laut Wolf auch daran, das im Koalitionsvertrag versprochene landesweite Semesterticket auf den Weg zu bringen. «Es ist aber keine einfache Situation», sagte Wolf, «weil wir mehrere große Verkehrsverbünde haben, die bundeslandübergreifend sind.» Es liege in der Hand der Studierendenvertreter beziehungsweise der Studierendenwerke und der Verkehrsverbünde, sich zu einigen. «Wir haben nur eine moderierende Funktion.» Wolf hält ein solches Ticket für wichtig – aus seiner Zeit als Präsident der Hochschule Kaiserslautern kennt er noch die großen Parkplatzprobleme dort.

Jens Hermsdorf, Vorsitzender der Landeshochschulpräsidentenkonferenz Rheinland-Pfalz, sieht in den Vorschlägen des Ministers «eine große Chance für die Hochschulen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern». Der von Wolf angestoßene Prozess, der Hochschulzukunftsprogramm heißt, solle die Hochschulen des Landes noch attraktiver für ausländische Studenten und Wissenschaftler machen. Dass Wolf ein ehemaliger Kollege ist, sieht Hermsdorf als Vorteil: So könne man sich besser über Fachthemen austauschen.

Wolf will im Rahmen des Programms die Kooperationen der vier Universitäten und sieben Fachhochschulen im Land verbessern. «Das gilt zum Beispiel für die technisch orientierten Fachhochschulen und die TU Kaiserslautern, weil wir in Koblenz und Trier ebenso Ingenieurinnen und Ingenieure vom Bachelor-Abschluss bis zur Promotion brauchen wie in Kaiserslautern.» dpa

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