„Leidenschaftlicher Pädagoge, der uns maßgeblich geprägt hat“: VBE und BLLV trauern um ihren ehemaligen Vorsitzenden Wilhelm Ebert

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MÜNCHEN. Gestern ist der Ehrenpräsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV) und ehemalige VBE-Vorsitzende, Dr. h.c. Wilhelm Ebert, im Alter von 94 Jahren gestorben. „Wir trauern um Wilhelm Ebert, der den BLLV von 1955 bis 1963 und von 1967 bis 1984 als Präsident führte. Wir verneigen uns vor einem der markantesten Bildungspolitiker Bayerns im 20. Jahrhundert und einer der profiliertesten Personen der Lehrerbewegung in Deutschland und weltweit.“ Mit diesen Worten würdigte die Präsidentin des BLLV, Simone Fleischmann, den Verstorbenen. „Wir gedenken eines großen Demokraten und Humanisten, dessen Handeln von der Überzeugung geleitet war, dass Bildung ein Menschenrecht ist und dass unsere Demokratie nur auf der Grundlage von Bildung funktionieren kann. Wir verlieren einen außergewöhnlichen Menschen und großen Freund.“

Wilhelm Ebert, verstorbener Ehrenpräsident des BLLV. Foto: BLLV
Wilhelm Ebert, verstorbener Ehrenpräsident des BLLV. Foto: BLLV

In der Nachkriegszeit trieb Wilhelm Ebert maßgeblich die Akademisierung der Lehrerbildung in Bayern voran ebenso wie die Überwindung der konfessionellen Teilung der Volksschulen in Bayern. Ihm fällt der Verdienst zu, die Verbesserung des Status und des Ansehens der Volksschullehrer über Jahrzehnte erfolgreich vorangetrieben zu haben. Er wirkte über Jahrzehnte auf internationaler Ebene an führender Stelle der Lehrerbewegung; Höhepunkt war die Präsidentschaft im Weltlehrerverband von 1974 bis 1978. Er war von 1979 bis 1994 Vorsitzender des Dachverbandes des BLLV, des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). Bis in die letzten Tage verfolgte er die Bildungspolitik mit großer Aufmerksamkeit.

Auch der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann gedenkt dem Verstorbenen: „Wir sind von tiefer Trauer erfüllt. Das Wirken Wilhelm Eberts war von zutiefst demokratischen Überzeugungen geprägt. Sein Prinzip war: ‚Grundrechte sind Bildungsziele.‘ Ebert stand dafür ein, dass Bildung ein Menschenrecht ist und dass Bildung die Grundvoraussetzung für politische, soziale und berufliche Partizipation ist. Er war gleichsam profilierter Bildungspolitiker und bildungspolitischer Netzwerker. Wir trauern um einen der Gründungsväter des VBE.“

Wilhelm Ebert wurde 1979 in Mainz zum Vorsitzenden des VBE gewählt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Bildung ist Zukunft“. Ebert galt als Anhänger einer modernen und reformorientierten Bildungspolitik. Er war bis 1993 Vorsitzender des VBE. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands übernahm Ebert eine zentrale Rolle bei dem Aufbau unabhängiger Lehrerorganisationen in den neuen Bundesländern. Der VBE-Bundesvorsitzende Beckmann lobt: „Dieses Engagement war wichtig für den bundesweit agierenden VBE. Wir sind sehr dankbar.“

Ebert setzte sich für die gesellschaftliche Wertschätzung des Lehrerberufs ein. Er war Verfechter der Auffassung, dass alle Lehrer Lehrer sind und stand dafür ein, dass sie aufgrund der gleichen Aufgaben auch gesellschaftlich und in Besoldung unabhängig von Schulstufe und Schulform gleichgestellt sein müssen. Für seine Verdienste wurde Wilhelm Ebert mit hohen und höchsten Auszeichnungen geehrt, so mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

„Wilhelm Ebert stand für einen respektvollen Umgang miteinander und hat auch bei Verhandlungen immer daraufhin gewirkt, gesprächsfähig zu bleiben. Der VBE verliert mit Wilhelm Ebert einen leidenschaftlichen Pädagogen, der den VBE maßgeblich in seiner Entwicklung geprägt hat. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren“, sagt Udo Beckmann. N4t

 

Daten aus dem Leben Wilhelm Eberts
  • Wilhelm Ebert wurde am 6. Mai 1923 in Fleißen im Egerland geboren. Er besuchte in Fleißen die Volks- und Bürgerschule, später die Oberrealschule und die Lehrerbildungsanstalt in Eger. 1942 legte er die erste Lehramtsprüfung ab.
  • Im 2. Weltkrieg war er Flieger, dann Infanterieoffizier. 1945 bis 1947 verbrachte er in französischer Kriegsgefangenschaft.
  • 1947 trat Ebert in den bayerischen Schuldienst ein, im selben Jahr heiratete er.
  • Die Geringschätzung seines Berufsstandes durch Amtsautoritäten, Politiker und Kirchenvertreter veranlasste ihn, sich öffentlich zu engagieren.
  • 1948 bis 1952 war er erster Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Junglehrer (ABJ).
  • 1953 bis 1955 leitete er die Schulpolitische Hauptstelle des BLLV.
  • Von 1955 bis 1962 und von 1967 bis 1984 war er Präsident des BLLV, 1958 bis 1972 ständiger Vertreter des Weltverbandes der Lehrerorganisationen (WCOTP) und bei der UNESCO in Paris, ab 1972 Vorstandsmitglied, von 1975 bis 1978 Präsident dieser „World Confederation of Organizations of the Teaching Profession“.
  • 1979 bis 1993 Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und Vorsitzender des Fernsehausschusses im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks.
  • Seit 1984 Ehrenpräsident des BLLV; im gleichen Jahr erhielt Ebert den Bundesverdienstorden 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, 1993 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, im selben Jahr den Wilhelm-Hoegner-Preis der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag.
  • Seit 1996 war Ebert Ehrenmitglied beim Verband Bildung und Erziehung (VBE).
  • Ebert bekleidete zahlreiche Ehrenämter und erhielt viele internationale Auszeichnungen: 1968 wurde er Ehrendoktor der University of the Pacific (Kalifornien). Die Würde eines „Fellow of the Educational Institute of Scotland“ wurde ihm in Edingburgh 1976 verliehen.
  • Im November 2008 wurde er mit dem Waldemar-von-Knoeringen-Preis ausgezeichnet; die Georg-von-Vollmar-Akademie ehrte ihn damit für  sein „Engagement als beständiger Streiter für Bildung und Demokratie“.
  • Viele seiner Publikationen erschienen in verschiedenen Sprachen. Zuletzt trat er mit dem zweibändigen Werk „Mein Leben für eine pädagogische Schule“ in Erscheinung.
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