Sachsen votieren in Umfrage mit großer Mehrheit für die Gemeinschaftsschule – nur die CDU ist bisher dagegen

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DRESDEN. Die Sachsen haben in einer Umfrage ein klares Bekenntnis zu einem längeren gemeinsamen Lernen in der Schule abgelegt. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) lehnten die bislang übliche Aufteilung der Kinder nach Klasse vier (Grundschule) ab, wie die am Freitag von den Linken vorgestellte Umfrage ergab. Sie wurde im Auftrag der Linksfraktion im Landtag vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid durchgeführt. 31 Prozent halten die frühe Differenzierung für richtig, der Rest hielt sich bedeckt. Von den anderen wünscht sich gut die Hälfte (51 Prozent) das gemeinsame Lernen bis zur 8. Klasse – so wie es in der DDR Praxis war. Je 24 Prozent wollen das bis zur 6. beziehungsweise bis zur 10. Klasse.

Drei Viertel der Menschen sind zudem der Ansicht, dass es zu dem Thema einen Volksentscheid geben soll. «Eine einzige Partei, die CDU, ist dem längeren gemeinsamen Lernen im Weg. Diese Blockade durch einen Volksentscheid aufzulösen, wäre ein vernünftiger Weg», sagte Linke-Politikerin Cornelia Falken. Jetzt sei die Zeit für eine gemeinsame Initiative quer durch alles Gruppen gekommen. In der Umfrage sprachen sich zudem 66 Prozent für die Einführung einer Gemeinschaftsschule mit Oberschule und Gymnasium unter einem Dach aus.

Nach Ansicht der SPD sind die Ergebnisse der Umfrage ein positiver Impuls für die Debatte. «Wenn 66 Prozent die Einführung einer Gemeinschaftsschule befürworten, muss sie auch ernsthaft erwogen werden. Hier sollte sich niemand mehr, auch nicht unser Koalitionspartner, der Debatte verweigern», erklärte SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel. Man sollte die Zeit bis zur nächsten Landtagswahl 2019 nutzen, um ein akzeptiertes Modell zu entwerfen. Auch die Linken gehen davon aus, dass mit der Landtagswahl über ein neues Schulsystem abgestimmt werden könnte.

Auf die Motivation von Jugendlichen zum Lernen haben Mitschüler einen größeren Einfluss als die Lehrer - zumindest in Deutschland. Foto Sinatra and Peter O. Chott / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)
Längeres gemeinsames Lernen befürworten selbst CDU-Wähler in Sachsen. Foto Sinatra and Peter O. Chott / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Die Grünen sprachen sich wie die SPD für ein optionales Modell aus, nach dem das jede Schule selbst entscheiden soll. «Was wir nicht wollen, ist eine Pflicht zur Gemeinschaftsschule», sagte die Abgeordnete Petra Zais.

Bei der Umfrage war auch nach der Parteienpräferenz der Teilnehmer gefragt worden. Dabei stimmten sogar 60 Prozent der CDU-Wähler einer Gemeinschaftsschule zu. Die höchsten Zustimmungsraten gab es unter Anhängern der Grünen (76 Prozent) und Linken (75 Prozent).

In Dresden existiert bereits der Verein «Gemeinsam länger lernen in Sachsen». Er hatte unlängst zu einer Zusammenkunft Gleichgesinnter eingeladen. Im Oktober sollen auf einer weiteren Treffen Details zu einem möglichen Volksentscheid besprochen werden. Falken stellte am Freitag klar, dass die Linken ihn nicht selbst auf den Weg bringen werden.

Sachsens Verfassung bietet die Möglichkeit einer Volksgesetzgebung. Erste Stufe ist ein Volksantrag, für den mindestens 40 000 Unterschriften gesammelt werden müssen. Der Landtag hat dann den Antrag innerhalb von sechs Monaten zu beraten. Verweigert er seine Zustimmung, können die Antragsteller über ein Volksbegehren einen Volksentscheid in Gang setzen. Für das Begehren sind binnen eines halben Jahres mindestens 450 000 Unterschriften erforderlich. In der jüngeren Geschichte Sachsens gab es bisher nur einen Volksentscheid. dpa

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