„Nicht mit dem Kopf durch die Wand“: Die neue Bildungsministerin Prien gibt sich pragmatsich

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KIEL. Sie ist für ihre Ausdauer und ihre scharfen Crossbälle gefürchtet. Schleswig-Holsteins neue Bildungsministerin Karin Prien hat ein strammes Programm vor sich. Für die gebürtige Amsterdamerin ist Bildung ein Statussymbol.

Karin Prien bei ihrer Vereidigung zur Bildungsministerin. Foto: CDU-Fraktion des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Mit ihren Eltern spricht sie nur holländisch. «Das ist unsere Familiensprache», sagt Schleswig-Holsteins neue Bildungsministerin Karin Prien. «Meine Eltern haben Wert darauf gelegt, dass wir zweisprachig aufwachsen.» Die Familie der CDU-Politikerin floh vor den Nazis in die Niederlande. Prien und ihr jüngerer Bruder wurden in Amsterdam geboren. Im Kindesalter zog die Familie nach Rheinland-Pfalz. Ein Stück Amsterdam steckt aber noch immer in ihr: «Das Weltoffene und Tolerante.»

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) legte sich im Wahlkampf früh auf Prien fest. Er lockte die 51 Jahre alte Bildungspolitikerin mit Jobgarantie im Falle eines Wahlsiegs von Hamburg in das nördliche Nachbarland. Wie wichtig Bildung ist, hat Prien bereits in Amsterdam erfahren. «Bildung und Kultur sind dort eher Statussymbole als Geld», sagt sie.

Amsterdam, Hamburg und nun Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt. «Kiel schlägt sich im internationalen Vergleich ganz ordentlich», sagt Prien. Sicher gebe es «noch Luft nach oben was Internationalisierung angeht». Die dreifache Mutter hat sich nach wenigen Wochen aber bereits gut eingelebt. Sie hat eine Wohnung gefunden, so dass sie nicht mehr jeden Tag von Hamburg-Blankenese aus pendeln muss, wo ihre Familie lebt.

Prien hat sich viel vorgenommen für ihr Regierungsamt. Sie, die sich einst in der Hansestadt für das Turboabi stark machte, setzt nun für die Koalition mit Grünen und FDP zum Schuljahr 2019/20 die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren an Gymnasien um. Respekt vor der Aufgabe habe sie, räumt die Bildungspolitikerin ein. Allerdings sei die Situation in Schleswig-Holstein eine andere als in Hamburg. Im nördlichsten Bundesland gebe es faktisch bereits 15 Gymnasien, die G9 anbieten. Die Lehrpläne seien deshalb vorhanden. «Die Eltern werden frühzeitig Klarheit erhalten.» Sie rechnet damit, dass nur eine kleine Minderheit der Gymnasien auf eigenen Wunsche beim G8-Modell bleiben wird.

Der Juristin eilt der Ruf voraus, großen Ehrgeiz zu besitzen. Eine Beschreibung, die ihr missfällt. «Ich bin sicherlich jemand, der zielstrebig ist und der auch hartnäckig sein kann», sagt sie. Ehrgeizig klinge für sie aber zu negativ. Prien versteht sich in ihrem neuen Amt auch als Mittlerin. «Denn mit dem Kopf durch die Wand erreicht man die wenigsten Ziele.» Das habe sie in ihrer Mediatorenausbildung gelernt. «Zuhören kann ich besonders gut.»

Neugier, Offenheit und Hartnäckigkeit – mit diesen Attributen beschreibt sich die Hamburgerin. Ihr Durchhaltevermögen hält sie für eine weitere Stärke. Wer Prien schlagen will, braucht einen langen Atem. «Denn ich habe meine Spiele oft im dritten Satz gewonnen», sagt die leidenschaftliche Tennisspielerin. In der Hamburger Verbandsliga sei sie auf den Aschenplätzen für ihre Ausdauer und für ihre Crossbälle bekannt gewesen. «Ich war vor allem berüchtigt, weil ich sehr viel Ausdauer habe.»

Durch den neuen Job kommt aber nicht nur das Tennisspielen zu kurz – gleiches gilt für ihre andere große Leidenschaft, das Kochen. «Das ist die schlimmste Einschränkung durch den neuen Job: dass ich jetzt noch weniger Zeit zum Kochen habe», sagt die sportliche Blondine. Sie koche viel italienisch und französisch. Oder rustikal: «Ich habe lauter Männer zu Hause, die gerne mal ein gegrilltes Steak essen.»

Richtig abschalten von einer anstrengenden Arbeitswoche kann die 51-Jährige bei einem Wochenmarktbesuch mit ihrem Mann. Anschließend bereitet die Familie dann zu Hause gemeinsam das Essen vor. «Essen dauert bei uns länger.» Dafür will sich Prien auch als Ministerin die nötigen Freiräume schaffen. «Zwar ist man als Politikern schon in einem erheblichen Maße fremdbestimmt.» Als Familienmensch werde sie aber zur Not auch mal «relativ brutal» sein, um gemeinsame Zeitfenster mit den Lieben zu finden.

Wenn das nicht klappt, bleibt noch die private Nachricht. Mit ihren Eltern schreibt Prien sich natürlich auf holländisch. Nach ihrem Jurastudium war sie noch einmal für ein zusätzliches Studienjahr in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. «Seitdem spreche ich die Sprache fließend.» In ihrer neuen politischen Heimat Kiel machte sie bereits «ein bisschen was von Amsterdam» aus. «Man duzt sich sehr schnell, ist sehr unkompliziert und der Dresscode ist sehr leger.» Sie empfinde die skandinavisch geprägte Form des Umgangs als sehr angenehm. «Das kommt mir entgegen.» Von André Klohn, dpa

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