Wenn Kinder Hakenkreuze malen: Tagung beschäftigt sich mit Rechtsextremismus in Kitas – und die AfD schickt Beobachter

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KOBLENZ. Kindergärten sind ein Spiegel der Gesellschaft. Rassismus und Diskriminierung zeigen sich auch in diesem geschützten Raum. Wie sollen Erzieher reagieren? Damit befasst sich eine Tagung. Die AfD will teilnehmen und angeblich Einzelheiten wissen.

Die Kita ist ein Spiegel der Gesellschaft. Foto: Leonid Mamchenkov / flickr (CC BY 2.0)
Die Kita ist ein Spiegel der Gesellschaft. Foto: Leonid Mamchenkov / flickr (CC BY 2.0)

Rechtspopulismus und Rechtsextremismus dringen laut Experten zunehmend auch schon in Kindergärten ein. «Es gibt Kinder, die dort Hakenkreuze oder 88 (Abkürzung für „Heil Hitler“) malen», sagte die Sozialwissenschaftlerin Antje Knieper-Wagner der Deutschen Presse-Agentur. «Andere Kinder malen das ab und ihre Eltern erschrecken sich.» Kinder rechter Eltern lernten zu Hause auch schon zu diskriminieren. «Es gibt Fünfjährige, die Frauen mit Kopftuch fragen: „Warum gehst du nicht in dein Land zurück?“», ergänzte Knieper-Wagner (40).

Sie leitet einen Workshop bei der Fachtagung «Rechtspopulismus in der Kita? Umgang mit Rassismus und Diskriminierung» am heutigen Donnerstag (31.8.) an der Hochschule Koblenz. Die AfD begegnete der Konferenz mit Misstrauen und kündigte ihre Teilnahme an.

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In Fallbeispielen geht es um die Frage, wie eine «Erziehungspartnerschaft» mit Eltern funktionieren kann, die in der Kita abwertende und rassistische Bemerkungen fallen lassen. «Es gibt Eltern, die sagen: „Ich möchte nicht, dass mein Kind in einer Gruppe mit vielen Türken, Dunkelhäutigen oder Flüchtlingen spielt“», sagte Knieper-Wagner. Insgesamt komme so etwas häufiger auf dem Land als in den Städten vor. «Die Angst vor angeblicher „Überfremdung“ ist da am größten, wo am wenigsten Menschen mit ausländischen Wurzeln leben.»

Rechtsextremismus – ein Problem für Kindergärten

Im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung können Erzieher auf externe Unterstützung zurückgreifen. «Es gibt in Rheinland-Pfalz mobile Beraterteams des Beratungsnetzwerks gegen Rechtsextremismus, neun sogenannte Beratungsknoten, sowie die Opferberatung für Betroffene rechter Gewalt – „m-power“», erklärte Knieper-Wagner. «Nicht selten ist bei rechten Eltern auch Gewalt zu Hause im Spiel. Wenn Erzieherinnen das merken, sollten sie das Jugendamt einschalten.» Generell sollte Kita-Personal sensibel sein und Auffälligkeiten im Kollegengespräch beleuchten, ergänzte die Expertin, die gegenwärtig über die politische Haltung von Bürgern promoviert, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren.

Die rheinland-pfälzische AfD-Landtagsfraktion kündigte die Teilnahme ihrer zwei Abgeordneten Michael Frisch und Joachim Paul an der Koblenzer Konferenz an. Paul sagte in einer Mitteilung:
«Offenbar werden Begriffe wie Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Rassismus wild durcheinander geworfen.» Wenn die Leiterin eines Workshops von Hakenkreuzen und Heil-Hitler-Abkürzungen berichte, «dann würde uns schon interessieren wo, wann und wie häufig sich so etwas zugetragen hat und ob gegebenenfalls strafrechtliche Schritte gegen Eltern eingeleitet wurden». Von Jens Albes, dpa

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10 Kommentare
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Jan
6 Jahre zuvor

Sind diese Themen in den Kitas jetzt erst aktuell? Das heißt, vor ein paar Jahren gab es solche Vorfälle noch nicht in Kitas? Ich sag ja immer wieder….früher (vor 3 Jahren und vorher) war definitiv vieles besser

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Natürlich ist es sehr seltsam, wenn Kinder Nazisymbole zeigen oder Nazisprüche klopfen. Oder dass Kinder nicht mit ausländischen Kindern spielen wollen. Aber es soll ja wohl auch vorkommen, dass Migrantenkinder nicht mit „Ungläubigen“ spielen sollen und dass arabische Kinder und Jugendliche andere als „Juden“ oder „Judenschweine“ beschimpfen. Den letzteren Fall hat ausgerechnet die Chefin von „Schule ohne Rassismus“ entschuldigt bzw. relativiert:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/die-arte-reportage-weil-du-jude-bist-15263065.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0
Dort heißt es: „Die Leiterin dieses bundesweiten Projekts, Sanem Kleff, tat sich im Kleinreden des Vorfalls noch stärker hervor. Im Gespräch mit dem Online-Auftritt dieser Zeitung sagte sie: „Fälle wie diese sind nicht typisch.“ Injurien wie „Du Judenschwein“ würden häufig „völlig kontextlos“ verwendet, Jugendliche wüssten gar nicht immer so genau, was sie da sagten.“
Ist das nicht ein Skandal? Hakenkreuze würde Frau Kleff wohl kaum kleinreden. Ob aber die Kita-Kinder immer so genau wissen, was sie da sagen? Ob die überhaupt wissen, was das Hakenkreuz bedeutet?

Reni
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Sie haben ja sooo Recht, Cavallieri!! Und Kita-Kinder sind im Schnitt noch wesentlich jünger als der der Durchschnitt der Schüler. Gerade bei ihnen müssten Leute wie Frau Kleff und andere „Experten“ sagen: „Sie wissen nicht, was sie tun.“
Stattdessen wird wieder mal auf Nazijagd gegangen. Ich habe diese Doppelmoral, diese Verharmlosung einerseits und dieses Aufbauschen andererseits dermaßen satt, dass ich kaum Worte dafür finde.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Reni

Reni schrieb: „Ich habe diese Doppelmoral, diese Verharmlosung einerseits und dieses Aufbauschen andererseits dermaßen satt, dass ich kaum Worte dafür finde.“

Die Philosophin und Autorin Thea Dorn beschreibt es in ihrem neuen Buch so: „Ich habe dargelegt, inwiefern ich die politische Korrektheit und das Konzept der ‚Mikro-Aggression‘ für Exzesse linker Identitätspolitik halte und warum ich fürchte, dass sie den gesellschaftlichen Frieden langfristig gefährden können.“

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Passend dazu ein Zitat aus der „Spiegel-Leserkonferenz“, die kürzlich in Hamburg stattfand:

„Leser wünschten sich eine differenziertere Berichterstattung auch im Inland: ‚Ich habe den Eindruck, die Meinungen bewegen sich nur zwischen Pro Asyl auf der einen und Pegida auf der anderen Seite – aber es gibt auch ein Dazwischen‘, sagte ein Teilnehmer.“
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/spiegel-leserkonferenz-redaktion-und-leser-diskutieren-in-hamburg-a-1209699.html

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Zur Mikro-Aggression siehe auch hier:
https://www.zeit.de/2016/03/diskriminierung-universitaeten-usa-kulturelle-aneignung-minderheiten-studenten-protest/komplettansicht
Allerdings fallen Hakenkreuze gewiss nicht darunter. Sie sind offiziell verboten. Das nicht-spielen-wollen mit anderen in der Kita vermutlich schon. In dem Artikel wird geschildert, dass sogar gewisse Halloween-Kostüme als Mikro-Aggressionen gedeutet werden. Wie mag das erst mit unseren Karnevalsumzügen sein?

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Noch einmal Thea Dorn: „Hier möchte ich das Bewusstsein dafür schärfen, dass den Rechtsradikalen unserer Tage am wenigsten beizukommen ist, indem man sich auf die Seite der ‚Guten‘ stellt und versucht, den ‚Bösen‘ von der vermeintlich sicheren Seite des Gartenzauns aus Gardinenpredigten zu halten. […]

Nur so können wir verhindern, dass gemäßigte Konservative den völkischen Rattenfängertönen folgen – im irrigen Glauben, ihre Anliegen würden dort angemessen vertreten.“

JeanneDark
5 Jahre zuvor

Wie um alles in der Welt soll denn politische Korrektheit, also Respekt und Höflichkeit die Gesellschaft gefährden können?
Umgekehrt wird ein Schuh draus, wie geraden die Bombenpakete an Trumpgegner/innen zeigen: Hass und Lügen gegen vermeintlich so „andere“ führen nach der verbalen auch zu physischer Gewalt.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  JeanneDark
Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  JeanneDark

Und so sagte der spätere Bundespräsident Gauck:
„Er [Sarrazin] hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik“, sagte Gauck dem „Tagesspiegel“. Die politische Klasse könne aus dem Erfolg von Sarrazins Buch lernen, dass „ihre Sprache der politischen Korrektheit bei den Menschen das Gefühl weckt, dass die wirklichen Probleme verschleiert werden sollen“.
Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article11902962/Joachim-Gauck-Politiker-koennen-von-Sarrazin-lernen.html