Studie: Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlafprobleme und Panikattacken – Jeder zweite Schüler klagt über Beschwerden

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BERLIN. Kopf- und Rückenschmerzen, Übelkeit und Schlafstörungen – sind Schüler heute mehr gestresst als früher? Eine neue DAK-Studie geht dem nach.

Hoher Leistungsdruck, schlechte Noten oder Mobbing in den sozialen Medien: 43 Prozent der Schüler leiden nach einer neuen Studie der Krankenkasse DAK unter Stress – mit Folgen für die Gesundheit. Ein Drittel der betroffenen Jungen und Mädchen klagt demnach über Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlafprobleme und Panikattacken. Und: Der Stress nimmt mit den Schuljahren zu. Das geht aus dem Präventionsradar 2017 der DAK-Gesundheit hervor, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde.

Mädchen fühlen sich nach der Studie häufiger gestresst als Jungen. Jede zweite Schülerin habe sehr oft oder oft Stress. Bei den Schülern seien dies 37 Prozent. Vier von zehn Schülerinnen hätten oft Kopfschmerzen, mehr als ein Drittel schlafe schlecht. 30 Prozent klagten regelmäßig über Rückenschmerzen, ein Viertel über Bauchweh.

Bei den Jungen gab gut ein Viertel an, häufig Kopfschmerzen zu haben. Jeweils rund 30 Prozent der Schüler schlafen demnach schlecht oder haben Rückenschmerzen, 15 Prozent haben oft Bauchweh. Viele Kinder und Jugendliche erlebten Schule als Belastung. 40 Prozent der Schüler gaben an, zu viel für die Schule zu tun zu haben.

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen gibt an, aus Angst vor der Schule mitunter nachts schlecht schlafen zu können. Foto: Sarah G. / Flickr (CC BY 2.0)
Mehr als ein Drittel der Jugendlichen gibt an, mitunter nachts schlecht schlafen zu können. Foto: Sarah G. / Flickr (CC BY 2.0)

Ein solch negativer Stress wird demnach von Schüler zu Schüler unterschiedlich stark empfunden. Wie die gesundheitlichen Folgen nahelegen, wirkt er in der Regel eher langanhaltend und lässt sich nur schwer auflösen. Am ehesten durch Veränderungen im sozialen Umfeld des Schüler: Wechsel des ungeliebten Lehrers, Umdenken bei den Eltern.

Für Eltern und Lehrer gilt es also, die Symptome rechtzeitig zu erkennen und zu reagieren. Das heißt auch, sich selbst zu hinterfragen. Denn nach einer Studie der Uni Bielefeld von 2015 sind häufig Eltern selbst, bewusst oder unbewusst, auslösender Faktor für den Stress ihrer Kinder. Etwa, wenn Kinder in der ständigen Angst leben, die Eltern etwa durch schlechte Noten zu enttäuschen.

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Linken-Chefin Katja Kipping sagte, in vielen Fällen übertrage sich Elternstress zu Hause – etwa durch Angst vor Armut oder sozialem Abstieg – auch auf die Kinder. Die Bundesregierung sollte die Situation der Eltern verbessern, durch mehr Lehrkräfte und mehr Planbarkeit im Leben der Eltern, argumentierte sie.

Es gebe aber auch einen positiven Stress, sagen Experten. Jeder kenne die steigende Anspannung vor Prüfungen. Hier könne Stress durchaus produktiv sein. Wenn man nämlich merke, dass er zu besonderen Leistungen ansporne. Wird die Prüfung mit Erfolg bestanden, unter anderem weil der Körper jede Menge Reserven mobilisieren konnte, wird Stress oft positiv erlebt. Ein Kennzeichen dieses Stresses ist, dass er sich nach der Prüfung schnell auflöst. Stress in der Schule lässt sich demnach also nicht vermeiden. Doch Schüler können lernen, mit ihm umzugehen.

Auch das Essverhalten der Schüler kann für einen Stressfaktor sorgen. Nur rund die Hälfte der Schüler isst nach der DAK-Studie täglich Obst oder Gemüse. Aber 41 Prozent verzehrten täglich süße Snacks. Und ein Viertel konsumiert mehrmals pro Woche oder häufiger Fastfood, bei den Softdrinks sind es 39 Prozent. Wer regelmäßig gemeinsam mit der Familie frühstücke und zu Mittag esse, ernähre sich dagegen gesünder.

Gerne nehmen Schüler auch mal koffeinhaltige Energydrinks zu sich. Besonders beliebt seien sie bei Jungen der Klassen neun und zehn. Etwa jeder Fünfte gab laut Studie an, sie mindestens einmal wöchentlich zu trinken. Reiner Hanewinkel, Autor der Studie, warnte, die Drinks enthielten «viel Koffein, sind extrem gesüßt und stecken voller synthetischer Zusatzstoffe». Schüler, die Energydrinks konsumieren, leiden demnach häufig unter Stress (51 Prozent), schlafen schlechter (26 Prozent) und sind häufiger übergewichtig (17 Prozent).

Knapp 60 Prozent der befragten Schüler haben Erfahrungen mit Alkohol. In der zehnten Klasse hat der DAK-Studie zufolge mehr als jeder Zweite schon einmal bis zum Rausch getrunken (59 Prozent). Cannabis ist nicht ganz so weit verbreitet: Insgesamt 13 Prozent der Befragten haben Erfahrungen damit. Bei den Zehntklässlern sind es 29 Prozent.

Vor diesem Hintergrund unterstützt die DAK nach eigenen Angaben Initiativen, die sich für die Aufnahme von Gesundheitsthemen in den Lehrplan stark machen, wie es bei der gesetzlichen Krankenkasse hieß. Ruppert Mayr, dpa

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OlleSchachtel
6 Jahre zuvor

Vielleicht ist es nicht der Schulstress, sondern der Stress auf Snapchat, Instagram und Co. alle Chats etc. zuverfolgen und zu beantworten. Rückenschmerzen durch den permanenten Blick nach unten auf das Handy. Ich weiß nicht ob von den Kindern wirklich mehr gefordert wird als früher. Ich habe nicht mal den Eindruck, dass G8 so ein großes Problem ist. Doch Mobbing über all die Portale können Stress erzeuen. Damit ist mannicht nur in der Schule der Hetzerei ausgesetzt (wie früher) sondern auch zu Hause.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  OlleSchachtel

Die Durchtaktung ist das Problem. Dass das altgriechsiche Wort für Muße wortbildend für den Begriff Schule ist, ist abhanden gekommen.

Die Jugend wurde output-orientiert auf den Kopf gestellt. Nicht mehr die Frage, was ist Ausgangspunkt und wie kann der erreicht werden und wie lange wird dafür benötigt ist maßgeblich, sondern ein definiertes Ziel am Ende des 16. Lebensjahres. Dies muss von allen in der vorgegebenen Zeit als Mindestziel erreicht werden. Dies ist auch der Grund, warum die lehrpläne so gut wie keine Zeit für Wiederholungen, freie Themensetzung etc. mehr lassen.
Hinzu kommen Eltern, die ihre Kinder fördern wollen, und ihnen außerschulisch noch ein enges Zeitkorsett verpassen, um möglichst viele Aktivitäten in der Freizeit zu integrieren.
Folglich werden die Jugendlichen dauerbespaßt und jeder regt sich auf, dass sie in Eigeninitiative den „Arsxx nicht hoch kriegen“ und lediglich am „Daddeln“ interessiert sind.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

guter beitrag.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ich bin klar ein Befürworter der „Einheitsschule“ – aka Gesamt- bzw. der Sekundarschule. Mich stört die Abwertung der Hauptschulabschlüsse – also des normalen neunjährigen Hauptschulabschlusses (HA) und des erweiterten Hauptschulabschlusses nach Klase 10 (HSA). Die Inhaber dieser zertifikate haben in der heutigen Zeit so gut wie keine Einstiegsmöglichkeiten in den Ausbildungsmarkt. Gestern sah ich auf WDR – Aktuelle Stunde – einen Beitrag über Auszubildende. Da wurde unter anderem eine Auszubildende (23 Jahre) zur Kauffrau für Büromanagement vorgestellt, die bereits einen Abschluss (Bachelor) in Erziehungswissenschaften in der tasche hatte und von ihrer Ausbildungsleiterin gelobt wurde …
Die Junge Dame muss also zumindest die Fachhochschulreife an einem GY, einer GeS oder an einem BK erlangt haben, bevor sie nach dem Studium eine berufliche Ausbildung begonnen hat.

Gleiches habe ich in der Berufsfachklasse (Augenoptik) meiner Tochter gesehen; viele der Auszubildenden hatten die Fachhochschulreife, einen anderen Berufsabschluss oder ein abgebrochenes Studium oder einen BAchelor-Abschluss in der Tasche – ganz abgesehen von den „normalen Abiturienten mit allgemeiner Hochschulreife. Das bedeutet doch, dass selbst Schulabsolventen mit einem Mittleren Schulabschluss (aka Realschulabschluss), der ja die AFchoberschulreife einschließt, als Sechzehnjährige auf dem derzeitigen Ausbildungsmarkt keine wirklichen Berufswahlmöglichkeiten mehr haben außer im gewerblich/technischen Bereich, der von anderen Schulabgängern gemieden wird, weil er mit körperlicher Anstrengung verbunden ist. Wobei die theoretischen/fachlichen Anforderungen für Heizungs- und Lüftungsbauer, Installateure, Elektiker etc. an den Berufkollegs nicht zu unterschätzen sind.