„Das Bildungswesen brennt“: Bürgerinitiative gegen Lehrermangel liest Politikern im Landtag die Leviten

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MAGEDBURG. Mehr als 70.000 Unterschriften hat eine Initiative gegen den Lehrermangel in Sachsen-Anhalt gesammelt. Im Magdeburger Landtag richten ihre Vertreter eindringliche Worte an die Politik. Die darf sich durchaus bundesweit angesprochen fühlen.

Das Logo der Bürgerinitiative von ihrer Homepage www.volksinitiative-denmangelbeenden.de

Die Volksinitiative für mehr Lehrer an den Schulen hat ihre Forderungen im Landtag vorgetragen und den Zustand an den Schulen heftig kritisiert. «Das Bildungswesen brennt», sagte der Vorsitzende des Landeselternrats, Thomas Jaeger, der als Vertrauensperson der Initiative am Donnerstag im Plenum des Landtags sprach. Es sei unverzüglich eine radikale Umkehr bei der Personalpolitik nötig. «Durch Personalmangel ist die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen grundlegend bedroht», sagte Jaeger.

Die Initiatoren der Volksinitiative hatten mehr als 77.000 gültige Unterschriften gesammelt. Der Landtag musste sich deshalb mit dem Anliegen beschäftigen. Zu den Hauptforderungen der Initiative zählt, in Sachsen-Anhalt 1000 Lehrer und 400 pädagogische Mitarbeiter zusätzlich einzustellen. Zudem sollen mehr Pädagogen im Land ausgebildet und gehalten werden. In Sachsen-Anhalt wird seit Monaten über den Lehrermangel diskutiert.

Das Schulsystem sei längst über die Leistungsgrenze strapaziert, sagte Jaeger. «Immer mehr Lehrer fehlen krankheitsbedingt oder scheiden vorzeitig aus.» Die Arbeitsbelastung sei ins Unermessliche gestiegen. Vielfach falle an den Schulen Unterricht aus, eine gute Betreuung der Schüler sei kaum noch möglich – gerade bei Kindern und Jugendlichen, die besonderen Förderbedarf hätten. Die bisherigen Anstrengungen der Landesregierung seien nicht ausreichend, sagte Jaeger. Der Landtag müsse diese Probleme lösen. «Sonst verspielen wir das Vertrauen in die Demokratie – mit allen Konsequenzen.»

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Bildungsminister Marco Tullner (CDU) sprach der Volksinitiative seine Anerkennung aus. Er betonte jedoch, dass Sachsen-Anhalt beim Kampf gegen den Lehrermangel auf einem guten Weg sei. Mit den Vorgaben im Koalitionsvertrag und dem Haushalt habe die schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition die Trendwende eingeleitet. «Über das Tempo kann man sich streiten», räumte Tullner ein.

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Der Handlungsspielraum des Ministeriums sei durch den Haushalt vorgegeben, sagte Tullner. Die Regierung hat sich das Ziel gesetzt, 14 500 Vollzeit-Lehrerstellen bis 2021 zu erreichen. Dem Bildungsministerium zufolge sind es derzeit rund 14 000, bis Ende dieses Jahres werden es 14 237 sein. Die Forderung der Volksinitiative, sofort 1000 Lehrer und 400 pädagogische Mitarbeiter einzustellen, bezeichnete Tullner als «plakativ und auch ein Stück weit unrealistisch». Tullner kündigte ein Konzept zum künftigen Einsatz von pädagogischen Mitarbeitern an. Ihre Zahl werde wie im Koalitionsvertrag vorgesehen um 300 Vollzeitstellen auf 1800 steigen. Das Konzept soll demnächst im Landtag diskutiert werden.

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Auch alle Fraktionen lobten das Engagement der Volksinitiative. Sie verwiesen aber auch darauf, dass weiter Anstrengungen nötig seien. «Ich sehe die Trendwende noch nicht», sagte die SPD-Bildungspolitikerin Angela Kolb-Janssen. Der Bildungsexperte der oppositionellen Linken, Thomas Lippmann, schloss seine Kritik mit einem Bild und einem Appell an den Bildungsminister: «Das Kind liegt im Brunnen. Fassen Sie jetzt zu, damit es nicht ertrinkt.»

Die Vorschläge der Volksinitiative werden in mehreren Ausschüssen weiter diskutiert. Anschließend muss sich erneut das Plenum damit befassen und die Initiative innerhalb von vier Monaten nach dem Start abschließend beraten. dpa

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2 Kommentare
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Pälzer
6 Jahre zuvor

ähem – Leviten! Das Wort kommt aus dem Hebräischen, nicht aus dem Griechischen, sehr geehrte Bildungsjournalisten.