Wieviel kostet ein Schüler? Ersmals lässt ein Land externe Experten nachrechnen (was wiederum 120.000 Euro kostet)

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MAGDEBURG. Etwa jeder zehnte Schüler in Sachsen-Anhalt lernt an einer Privatschule. Ihre Zahl steigt seit Jahren. Die freien Träger kritisieren: Das Land gibt uns für unsere Aufgabe zu wenig Geld. Externe Experten sollen jetzt rechnen, ob die Kritik berechtigt ist.

Wer soll über die Verwendung der Bildungsmilliarden aus dem Koalitionsvertrag entscheiden – und was ist mit dem Kooperationsverbot? Foto: Martin Reti / flickr (CC BY 2.0)
Ist offenbar nicht so leicht zu ermitteln, wie viel ein Schüler tatsächlich kostet. Foto: Martin Reti / flickr (CC BY 2.0)

In aktuellen Diskussionen um die Schulen im Land geht es meist um fehlende Lehrer – den Privatschulen geht es auch ums Geld. Das Land sucht jetzt einen neutralen Gutachter, der die tatsächlichen Schülerkosten berechnen soll. Seit dieser Woche läuft die Ausschreibung für die Untersuchung, wie ein Sprecher des Bildungsministeriums in Magdeburg sagte. Erstmals werde das Land nicht selbst die Schülerkosten berechnen, sondern externe Experten.

Grund für das 120.000 Euro teure Manöver: Eine unabhängige Stelle soll klären, ob die etwa 100 freien Schulen im Land angemessene finanzielle Unterstützung vom Land bekommen. Im Januar soll der Auftrag vergeben werden, ein Jahr später die Ergebnisse vorliegen.

Der Verband Deutscher Privatschulen, kurz VDP, moniert schon lange, dass die Überweisungen des Landes zu knapp ausfielen. Das Bildungsministerium verweist darauf, dass die Unterstützung für die Privatschulen jedes Jahr steigt: 2014 seien es gut 95 Millionen Euro gewesen, in diesem Jahr stünden 111 Millionen Euro zur Verfügung, im kommenden Jahr noch einmal 15 Millionen Euro mehr. «Eine Milchmädchenrechnung», kommentierte VDP-Landeschef Jürgen Banse.

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«Wir entlasten faktisch den Landeshaushalt, weil immer mehr Schüler im Land an freien und nicht an öffentlichen Schulen lernen», sagte Banse. Derzeit ist knapp jeder zehnte Schüler an einer Privatschule angemeldet. «Aktuell bekommen wir etwa 55 Prozent der Kosten erstattet, die es für Schüler im staatlichen Bereich gibt», rechnete er vor. «Wenn wir auf 80 bis 90 Prozent kommen, dann sind wir zufrieden und der Staat spart immer noch Geld.»

Privatschulen haben eine zusätzliche Einnahmequelle durch das Schulgeld, das die Eltern zahlen. Allerdings brauche es mehr Landesunterstützung, damit das Schulgeld nicht nur für besonders einkommensstarke Familien bezahlbar sei, so Banse. Derzeit steige der Konkurrenzkampf um gutes Personal wegen des allgemeinen Lehrermangels. Freie Träger müssten höhere Gehälter zahlen, einige sähen sich in ihrer Existenz bedroht.

«Die Erwartung an dieses Gutachten ist nun, dass es transparent und nachvollziehbar macht, wie die Finanzierung ist», sagte Bildungsminister Marco Tullner (CDU). Danach gelte es, die gesetzlich fixierte Regelung für die Schulen neu zu definieren.

Den Vertretern der Privatschulen dauert das zu lange. Ehe die Ergebnisse in ein neues Schulgesetz überführt seien, sei schon der nächste Landeshaushalt beschlossen, sagte Banse. Sein Verband schlug daher vor, das Land möge in der Zwischenzeit pauschal 20 Prozent mehr überweisen. Zu diesem Vorschlag liefen Gespräche, sagte ein Ministeriumssprecher. Man sei an den Haushalt gebunden und habe keinen Spielraum für ein Plus von jährlich 24 bis 25 Millionen Euro. dpa

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Cavalieri
6 Jahre zuvor

Wenn man der Logik der Privatschul-Betreiber folgt, dann wäre ja das billigste für den Finanzminister, wenn die staatlichen Schulen geschlossen würden und es nur noch Privatschulen gäbe.
Aber warum gibt es einen wachsenden Trend zu Privatschulen? Könnte das mit vermurksten Reformen an staatlichen Schulen zu tun haben, meist im Rhythmus von Landtagswahlen?
Die katholischen Privatschulen brauchen schon mal gar nicht zu jammern, denn die kath. Kirche in Deutschland ist reich. Islamische Privatschulen haben ihre Unterstützer im Ausland. Waldorfschulen haben eher eine gutsituierte Kundschaft, bleiben noch die evangelischen, die jüdischen und sonstige Weltanschauungsschulen.
Wenn man konsequent ist, dann können ja Privatschulen auch mal in Konkurs gehen. Wenn Bedarf besteht, müsste der Staat dann allerdings eingreifen und die Schule übernehmen. Wenn nicht, dann werden die Kinder auf umliegende Schulen verteilt.
Noch ein kleiner Seitenhieb an alle, die von der „einen Schule für alle“ träumen: Je einheitlicher ein Schulsystem ist, desto größer und wichtiger ist der Privatschulsektor in diesem Land. Beste Beispiele sind die angelsächsischen Länder. Im Extremfall könnte die „eine Schule für alle“ sogar zur Restschule werden. Deshalb sollte man vorsichtig damit sein.