Welthundetag! Wie Schulhund Rudi für Ruhe in der Klasse sorgt

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BAD DÜBEN. Die Klasse 4c einer Grundschule in Bad Düben hat einen Schulhund. Rudi sorgt für eine entspannte Atmosphäre. Immer mehr Pädagogen setzen Schulhunde ein (schon seit Längerem – der folgende lesenswerte Beitrag stammt aus 2017 und wurde anlässlich des „Welthundetag 2022“ aktualisiert).

Ein Schulhund gilt als Arbeitsmittel – und ist deshalb steuerlich absetzbar. Foto: Shutterstock

Schulhund Rudi ist der Star im Klassenzimmer in der Heide Grundschule in Bad Düben im Landkreis Nordsachsen. Seit drei Monaten nimmt Klassenleiterin Kristin Geßner den Mischlingshund mit in den Unterricht der Klasse 4c. Der zwei Jahre alte Vierbeiner ist ein ausgebildeter Schulhund. Maximal drei Tage in der Woche ist der Wolfsspitz-Schäferhund für drei bis vier Stunden beim Unterricht dabei. Was das bringt? «Die Kinder nehmen große Rücksicht auf den Hund, sie schreien zum Beispiel weniger. Das überträgt sich auch auf den Umgang der Schüler miteinander», sagt Direktorin Sylvia Krause.

Außerdem sei es jetzt im gesamten Schulhaus viel ruhiger als in den Jahren zuvor, sagt Krause. Auf ängstliche Schüler wirke Rudi zudem beruhigend: «Wenn eine Arbeit geschrieben wird und es einem Kind deswegen schlecht geht, merkt das der Hund. Dann legt er etwa seinen Kopf auf den Schoß», so die Direktorin.

Bevor Rudi an die Schule durfte, war das Einverständnis der Eltern nötig – auch um mögliche Allergien abzuklären. Für eine Pause kann sich der Hund in einen eigenen Raum zurückziehen. Das Schild an der Tür «Psst… Ich habe Pause und möchte meine Ruhe haben. Bitte klopft nicht, rennt und schreit nicht. Wuff, euer Rudi» werde respektiert, so Krause.

«Pädagogen aller Schulformen, unter anderem von Grund-, und Förderschulen sowie Gymnasien bringen ihre Tiere mit zum Unterricht»

Die Grundschule ist laut Krause die dritte Schule in Sachsen, die Hunde im Unterricht einsetzt. Gerne würde sie das Projekt in Zukunft auf weitere Klassen ausweiten. Zahlen, wie viele Schulhunde in Sachsen im Einsatz sind, gibt es laut Kultusministerium nicht. Jede Schule organisiere den Einsatz selber und kümmere sich um die entsprechenden Vorschriften, heißt es von dort.

«In Sachsen ist das Projekt Schulhund noch in den Anfängen», sagt die 1. Vorsitzende des Vereins «Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde e.V.», Lydia Agsten, aus dem nordrhein-westfälischen Iserlohn. Sie rechne aber damit, dass es bald weitere Mensch-Hund-Teams geben werde.

Agsten geht davon aus, dass bundesweit inzwischen mindestens 2.000 Hunde im Einsatz sind. «Pädagogen aller Schulformen, unter anderem von Grund-, und Förderschulen sowie Gymnasien bringen ihre Tiere mit zum Unterricht», sagt die mittlerweile pensionierte Lehrerin, die noch heute mit ihren zwei Hunden in ihre ehemalige Schule geht.

Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass die Hunde für eine entspanntere Atmosphäre in den Klassenzimmern sorgen, sagt Agsten. Körperliche Nähe zu den Tieren, etwa Streicheln, nehme Druck von den Schülern. Hunde hätten auch oft bessere Antennen für die Stimmung der Menschen. Der Einsatz müsse jedoch für alle Beteiligten eine Bereicherung sein: Für die Schüler, den Lehrer und den Hund selbst. Für ihn dürfe kein Stress entstehen, wenn er in eine Klasse mit 30 Schülern komme.

Für Rudi und seine Klasse ist das kein Belastung. «Die Kinder freuen sich auf die Rudi-Tage», sagt Klassenleiterin Geßner. Die 26-Jährige holte Rudi aus dem Tierheim. Er war zuvor mit weiteren Welpen im Kofferraum eines Autos gefunden worden.

Bevor ein Schulhund ins Klassenzimmer darf, sei eine Weiterbildung angesagt, sagt Agsten. Das gelte mehr für die Zweibeiner als für die Vierbeiner. Geeignet seien besonders Hunde, die vor allem am Menschen orientiert sind. Dazu zählten Retriever, Pudel, Collies aber auch die sogenannten Doodle, Kreuzungen von Rassehunden mit Pudeln. Herdenschutzhunde seien weniger geeignet, da sie eigenständig arbeitende Tiere seien.

Neben den Schulhunden gibt es laut Agsten in Deutschland auch sogenannte Lesehunde. Kinder lesen den Hunden vor, die oftmals geduldiger seien als Menschen. Die Mädchen und Jungen, die eine Leseschwierigkeit haben, verlören bei den Tieren vor allem ihre Hemmnisse, so die Vorsitzende. Rudi ist beides: Schul- und Lesehund. «Er lacht niemanden aus, sondern hört aufmerksam zu», sagt Klassenleiterin Geßner. Von Jana Lapper und Sabine Fuchs, dpa

„Es zählt die Aufmerksamkeit“: Wie Hunde Kindern beim Lesenlernen helfen

 

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Hamburg Mama
6 Jahre zuvor

Meine Tochter wünscht siche eine Deutsch und Rechnen lehren Projekt in ihrer 4.te Klasse. In welchem Unterricht sollte dieses Hund sein? In der Schule meiner Tocchter sollte es ab nächstes Schuljahr Hund Unterricht fest im Stundenplan und Pflicht Schulmorgens für alle 4. te Klässler. Aber Mathe und Deutch? Kein Stundenplan dafür Schulmorgens.
Aber Flex und Flo ‚4‘.te Klasse Seite 15 Addieren und Subtrahieren geht ums Taschenrechner Übung, also kann ruhig auf Mathe Unterricht danach ganz versichten. Die haben doch Taschenrechnerkompetenz. Wörterbuch nachschlagenkompetenz war in der 3. Klasse geübt, also Deustch hat die auch schon in der Tasche.

PuMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hamburg Mama

OmG!
Keine weiteren Fragen!

Lesehund
1 Jahr zuvor

Auch ich habe in München 2017 die Lesehund Ausbildung mit meiner Labradorhündin gemacht. Bei unserem ersten schulischen Einsatz hat ein älterer Schüler meine Hündin mit seiner Hand aufs Maul gehauen. Sie hat das regungslos über sich ergehen lassen.

Bevor ich dann im regulären Unterricht meine Hündin mitnehmen wollte, fragte ich vorher alle Eltern um Erlaubnis und prompt war ein Kind mit Allergie dabei. Also war in dieser Klasse das Projekt Lesehund nicht zu realisieren. Dieses eine Kind streichelte jedoch kurze Zeit später in der Pause hingebungsvoll eine zahme Katze und saß dann mit Juckreiz bei mir im Unterricht!
Dann kam Corona und jetzt ist meine mittlerweile zwölfjährige Hündin mit mir im wohlverdienten Ruhestand.

PuMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lesehund

Das überrascht mich wirklich, dass gerade jetzt überall das Thema „Schulhund“ so gepusht wird.
Ich hatte seit Jahren keine Klasse mehr, in der nicht mindestens ein Kind eine Tierhaarallergie hatte.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lesehund

Wieviele Hunde braucht dann eine 4-zügige Grundschule in Berlin (6-jährige GS)? 24 Hunde? Was machen die Hunde denn nach Schulschluss und insbesondere nachts sowie in den Ferien? Wer kümmert sich? Die Hausmeisterstellen werden reduziert, und auch Hausmeister fahren in Urlaub.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Meines Wissens zahlt die Ausbildung zum Schulhund der Hundehalter (Lehrer, Erzieher, Sozialpädagoge oder auch Hausmeister), ebenso alle anderen anfallenden Kosten der Hundehaltung. wenn man Glück hat gibt es nach erfolgreicher Ausbildung einen kleinen Zuschuss. Das Tier ist also gut versorgt und kostet Schule und Staat wenig bis gar nichts.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Multiprofessionelle Teams für nur ein Leckerli … klingkling

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

… in einem äußerst kaltschnäuzigen Modus.

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

… und trotz kalter Schnauze bringt so ein Hund so viel Wärme, Zuwendung, öffnet etwas in den Kindern, das sie fürs Lernen offen werden lässt…
Er bringt sogar mehr Profesionalität – in einem herkömmlichen Sinne verstanden als „Berufung“ – als viele Lehrer zusammen, so sehr sie sich auch noch bemühen mögen, in einem multiprofessionellen Team zu arbeiten… ein geeigneter Hund kann es einfach…

Die Hunde sehen sich im besten Falle berufen, bei den Kindern zu sein, sie können den Kindern etwas bieten, was alle Lehrer der Welt ihnen nicht bieten können – und teilweise nicht mal dürfen:
Zuwendung (statt auf 30 Kinder verteilte Aufmerksamkeit)
Unvoreingenommenheit (ohne einen Gedanken an Leistung und Noten; welcher Lehrer kann sich wirklich davon lösen)
Feingefühl für das, was ein Kind gerade braucht (zu dem der Lehrer kaum Zeit und Ruhe findet)
Wärme, Körperkontakt, Beruhigung (wir kennen alle die Grenzen für Lehrer, zumal männliche, und wissen, was Hunde mehr können als Lehrer je dürfen)
Erdung (Kinder finden im besten Falle zu einer Ruhe, die kein Lehrer ihnen vermitteln könnte)
… und sie ersetzen oftmals einen Psychologen!

Natürlich auch das eine oder andere ABER:
Für Staat und Gesellschaft ist all das gratis, keiner muss sich drum kümmern, muss Kosten übernehmen; alle können sich freuen, dass es mit Hund selbst dann noch/wieder läuft, wenn es eigentlich schon lange nicht mehr läuft. Schön, wenn der Lehrer noch einen Gratis-Kollegen mitbringt.
Was müssen wir noch alles auffahren – selbstverständlich auf eigene Kosten und zu Lasten privater Zeit (ja, natürlich, der Hund ist Familienmitglied und dem Lehrer macht es ja selbst Spaß) – um Schule am Laufen und Schüler kooperationsbereit zu halten???